Der Kulturausschuss befasst sich mit dem Stand der Seniorenhilfeplanung. Noch reicht das Angebot an Pflegeplätzen gerade so aus. Aber der Bedarf steigt.
In den letzten Jahrzehnten hat sich Altersstruktur in der Gesellschaft drastisch verändert. Einerseits wird der Sockel der Bevölkerungspyramide aufgrund sinkender Geburtenraten immer schmaler, andererseits steigt die durchschnittliche Lebenserwartung von Jahr zu Jahr kontinuierlich an, wodurch die älteren Jahrgänge erheblich an Gewicht gewinnen. Die Seniorenhilfeplanung in der Versorgungsregion (VR)
Herzogenaurach und ein Seniorenpolitisches Gesamtkonzept (SPGK) war deshalb der Hauptpunkt bei der Sitzung des Kulturausschusses.
Zum Hintergrund: Die bayerischen Landkreise und kreisfreien Städte sind seit dem 1. Januar 2007 verpflichtet, integrative regionale Seniorenpolitische Gesamtkonzepte (SPGK) zu entwickeln. Den Pflegebedarf zu ermitteln ist ein wichtiger Bestandteil eines integrativen, regionalen seniorenpolitischen Gesamtkonzeptes. Nach dem Grundsatz "ambulant vor stationär" umfasst ein solches Konzept die Lebenswelt älterer Menschen mit notwendigen Versorgungsstrukturen und neuen ambulanten Wohn- und Pflegeformen für ältere und pflegebedürftige Menschen.
Den aktuellen Stand der Seniorenhilfeplanung und Ergebnisse sowie Maßnahmen zur Weiterentwicklung stellte Ulrike Dorau vom Landratsamt Erlangen-Höchstadt in der Sitzung vor. So wurde im Landkreis zum Stichtag 31. Dezember 1969 bereits eine erste Bedarfsermittlung durchgeführt und 1998/1999 eine umfassende Seniorenhilfeplanung mit umfangreicher Analyse der offenen Seniorenhilfe und Bedarfsermittlungen erstellt.
Dabei wurde der Landkreis in drei Versorgungsbereiche aufgeteilt: Stadt Höchstadt mit Einzugsbereich und Herzogenaurach mit Aurach- und Seebachgrund sowie der östliche Teil bis Eckental.
In den Folgejahren entstanden ein Seniorenpolitisches Gesamtkonzept mit elf Handlungsfeldern. Die Versorgungsregion Herzogenaurach liegt bei den ambulanten Pflegediensten mit 46 Vollzeitkräften laut der Erhebung zwar bei hundert Prozent, allerdings gab Bürgermeister German Hacker zu bedenken, dass die Zahlen aus 2016 stammen und sicherlich überholt seien. Nach seinem Wissen können einige Plätze derzeit wegen fehlender Pflegekräfte in der Ambulanten und der Kurzzeitpflege nicht belegt werden.
Ausbau erforderlich
Bei der Kurzzeitpflege komme es teils zu Problemen über "eingestreute Kurzzeitpflege", und wie Dorau erläuterte, sei ein mittelfristiger Ausbau auf ganzjährige Plätze empfehlenswert. Bei der Tagespflege gebe es zwar mittlerweile eine ausreichende Bedarfsdeckung, aber sie darf trotzdem nicht aus den Augen verloren werden, denn der Bedarf wird künftig stärker steigen.
Bei der stationären Pflege gebe es insgesamt zwar noch eine ausreichende Bedarfsdeckung, aber ein mittel- bis langfristiger Ausbau ist nach dem Institut für angewandte Wirtschafts- und Sozialforschung "Modus" erforderlich.
"Endlich stehen die Probleme im Fokus, lange ist nichts passiert, denn gerade die Kurzzeitpflege ist bei vielen Familien ein Problem", kommentierte Zweite Bürgermeisterin Renate Schroff das Konzept.
In der Diskussion wurde an Beispielen deutlich, dass es im Landkreis und Herzogenaurach zwar keinen Pflegenotstand, dafür aber einen Personalmangel gibt. "Wir können uns nicht entspannt zurücklehnen. So stellen Pflegedienste nur ein, wenn sie Pflegekräfte brauchen, also ist der Bedarf da", zweifelte Petra Mauser (SPD) die vorgetragenen Zahlen an.
Auch Kurt Zollhöfer (CSU), der die Situation gut kennt, gab sich skeptisch, denn bei Ermittlung der Zahlen wurden die Pflegestufen zugrunde gelegt und jetzt geht es um Pflegegrade. Für Ille Prockl-Pfeiffer gibt es bei den Pflegekräften ein ständiges Auf und Ab, was nicht nur an der schweren Arbeit liege, sondern auch an der unterschiedlichen Bezahlung zwischen privaten caritativen Trägern liege.
"Das ist ein sehr nachdenkliches Thema mit dem wir uns weiter beschäftigen müssen, denn die Strukturen sind andere als vor zwanzig oder dreißig Jahren und der Bedarf an Pflegeplätzen wird rasant zunehmen", sagte Franz-Josef Lang voraus und bedankte sich bei Ulrike Dorau für den umfassenden Vortrag.
Immer mehr Demenzkranke
In der Diskussion wurde auch deutlich, dass die Anzahl der Demenzkranken steigt. "Auf diese Entwicklung müssen sich die Kommunen einstellen und ihren Alltag entsprechend einrichten", stellte Retta Müller-Schimmel abschließend klar.
Als weitere Vorhaben im Rahmen des Seniorenpolitisches Gesamtkonzeptes will Ulrike Dorau einen "Runden Tisch für Pflege und Versorgung/SPGK" initialisieren, den "Steuerungskreis SPGK" reaktivieren wie auch das "Forum Wohnen im Alter".
Dass sich die Kommunen nicht zurücklehnen können, verdeutlichte auch Bürgermeister Hacker, so sind weitere Pflegeplätze erforderlich, denn für alle Komponenten gebe es auch potenzielle Träger. Das Problem sei allerdings, "dass keine Kommune mal so 10 000 Quadratmeter Fläche aus dem Arm schütteln könne", schließlich fehlt auch überall Wohnraum. Hacker kann sich vorstellen, dass beim Baugebiet "In der Reuth" es durchaus die Möglichkeit geben könnte, ein Seniorenheim zu bauen.
In der Besprechung der Bürgermeister aus der Versorgungsregion Herzogenaurach, habe er auch erfahren, dass in Weisendorf ein Seniorenheim im Gespräch ist. Auf Nachfrage erklärte Bürgermeister Heinrich Süß (UWG): "Es ist tatsächlich so, dass wir Flächen für den Bau eines Seniorenheims mit etwa 80 Plätzen ausweisen wollen, die laufen unter Flächen für den Gemeingebrauch. Dazu wollen wir zwei Standorte definieren und hoffen dies in den nächsten Jahren auch gebaut zu bekommen". So gab es schon konkrete Gespräche mit einem Investor und auch über eine mögliche Trägerschaft sei schon gesprochen worden. Auch die Gemeinde Heßdorf habe sich bereits mit dem Gedanken befasst und will eine mögliche Fläche im Flächennutzungsplan berücksichtigen.