Nur bei Fisch sind sich fast alle einig

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Herzogenaurachs SPD-Bürgermeister German Hacker warb beim politischen Aschermittwoch für die StUB. Fotos: Peter Groscurth
Herzogenaurachs SPD-Bürgermeister German Hacker warb beim politischen Aschermittwoch für die StUB. Fotos: Peter Groscurth
Bernhard Schwab (l.) und Kurt Zollenhöfer von der CSU Herzogenaurach machen Geschmack auf mehr Hering in Sahnesoße.
Bernhard Schwab (l.) und Kurt Zollenhöfer von der CSU Herzogenaurach machen Geschmack auf mehr Hering in Sahnesoße.
 
Sebastian Dassler lässt sich den Hering bei der CSU schmecken
Sebastian Dassler lässt sich den Hering bei der CSU schmecken
 
Evi Zangl von den Freien Wählern Hemhofen serviert Landtagsabgeordneten Günther Felbinger eine Portion Hering.
Evi Zangl von den Freien Wählern Hemhofen serviert Landtagsabgeordneten Günther Felbinger eine Portion Hering.
 

Vier politische Parteien sagten am Aschermittwoch zum Hering, was sie von der Stadt-Umland-Bahn im Landkreis Erlangen-Höchstadt halten. Die Meinungen sind so unterschiedlich wie die Himmelsrichtungen.

Im Landkreis Erlangen-Höchstadt ging es am Aschermittwoch hoch her. Vier Parteien hatten zum politischen Aschermittwoch mit Heringsessen eingeladen. Ganz klar, was die Gäste dort erwartete: Argumente pro und kontra des Millionenprojekts Stadt-Umland-Bahn (StUB).

In Hemhofen trafen sich die Freien Wähler. Über 90 Zuhörer kamen, hatten Hering und Salzkartoffeln für 6,50 Euro bestellt. Und das Thema StUB?

Das stand zunächst einmal gar nicht im Mittelpunkt. Dafür sprach Landtagsabgeordneter Günther Felbinger aus Unterfranken über Monstertrassen, Turbo-Abitur sowie das Mindestlohn-Debakel. Und die Freien Wähler um die StUB-Rebellen wie Höchstadts Bürgermeister Gerald Brehm machten einen gutgelaunten Eindruck.


Angst vor Kostenexplosion

Das können sie wohl auch, denn die Freien wollen durch einen Bürgerentscheid verhindern, dass der Landkreis dem neuen Zweckverband für den Bau und Betrieb der StUB beitritt. Die Kritiker befürchten, dass die Kosten für die Straßenbahn-Verlängerung von Nürnberg Richtung Norden aus dem Ruder laufen. Denn: Die StUB soll mindestens 400 Millionen Euro kosten. Für die Freien Wähler ist klar: Das Verkehrsprojekt darf keine Zukunft haben! Das aber sieht German Hacker, SPD-Bürgermeister von Herzogenaurach, ganz anders.


München als Beispiel

Zeitgleich mit den Freien Wählern kämpfte er in Herzogenaurach für die Investition ins Verkehrsmittel Schiene. Hacker appellierte vor etwa 40 Gästen, dass die Menschen in der Region selbstbewusster für ihre StUB kämpfen sollten: "Die Münchner planen ihre zweite S-Bahn-Stammstrecke für mehr als zwei Milliarden Euro. Dort aber gibt es keinen Aufschrei und keine Gegner."

Bis kurz vor 19 Uhr dauerte seine Rede. Er wirkte locker und legte routiniert seine Argumente dar. Auch wenn es keine neuen Fakten gab. Dafür erntete Hacker viel Zustimmung, bevor der Fisch (6,50 Euro pro Portion) serviert wurde. StUB-Liebe geht durch den Magen? Auf solche Gaumenfreuden mussten die Grünen-Anhänger in Niederndorf komplett verzichten.

Uschi Schmidt, Sprecherin des Ortsverbands Herzogenaurach, machte klar: "Heute bieten wir nur vegetarische Kost, schließlich sind wir in der Fastenzeit." Die rund 20 Teilnehmer des politischen Aschermittwochs bekamen Gemüse-Antipasti (die Portion für fünf Euro) in Niederndorf serviert. Gleichzeitig gab es viele Argumente für die Straßenbahn-Trasse, die die Städte Nürnberg, Erlangen und Herzogenaurach verbinden soll.

Markus Ganserer, Grünen-Abgeordneter im Landtag und Verkehrs-Experte, verdeutlichte, wie sehr die Infrastruktur in Deutschland unterfinanziert sei: "Sieben Milliarden Euro werden für den Unterhalt jährlich benötigt. Doch die Große Koalition will nur fünf Milliarden Euro während der gesamten Legislaturperiode hierfür ausgeben." Die StUB sei für die Region Erlangen-Höchstadt wesentlich.


Hilfe vom Bund gefordert

"Die Erfolgsgeschichte Schiene gilt es, fortzuführen", forderte er und fügte an, dass in dieser Frage auch der Bund als Geldgeber gefragt sei. Den Bürgerentscheid am 19. April bezeichnete er als wichtig für die verkehrspolitische Weichenstellung in der Metropolregion.

In Sachen StUB scheint alles möglich: Grüne und SPD schmieden da eine Allianz mit der sonst so ungeliebten CSU. Im schwarzen Bayern wohl einmalig. Die Christsozialen machen sich auch für die Schienenverbindung stark.


Beispiel München zum Zweiten

Vor allem seit sie mit Alexander Tritthart den Landrat stellen, der sich vehement für den Bau der Trasse ausspricht. Walter Nussel, CSU-Abgeordneter im Landtag, sparte vor 44 Zuhörern in Herzogenaurach nicht mit Kritik an den Freien Wählern: "Die lehnen die StUB schon ab, obwohl es noch keine konkreten neuen Zahlen gibt. Sie machen Stimmung mit falschen Argumenten." Dabei sei eine Region wie Erlangen-Höchstadt auf eine leistungsfähige Infrastruktur angewiesen.

Nussel lieferte einen Vergleich dazu: "Ich werde heuer 50 Jahre alt. Als ich geboren wurde, lief die Planung für die U-Bahn in München. Damals gab es aber keinen Streit in der Stadt, weil viele Gebiete etwa von der ersten Linie nicht erschlossen wurden."

Der Erfolg der U-Bahn ist bis heute unumstritten: "800 000 Menschen fahren mit ihr Tag für Tag - so eine Entwicklung werden wir nicht schaffen, aber wir wollen in unseren Kreis investieren. Damit wir es schaffen, die Arbeitsplätze hier zu erhalten und unseren Wohlstand." Für Nussel ist klar, dass der Verkehr auf den Straßen im Landkreis mittlerweile an die Grenzen stoße und somit ein Ausbau des Transportsystems Schiene alternativlos sei.

Alles Fakten, die den CSU-Anhängern anscheinend schmeckten. Genauso wie der Hering in Sahnesoße mit viel Zwiebeln und Äpfeln - und das zu günstigen sechs Euro die Portion.


Werbung im Internet

Und wie fällt das Fazit der politischen Aschermittwochs-Treffen im Landkreis aus? Die Allianz der StUB-Unterstützer aus CSU, SPD und Grünen mobilisierte rund 100 Anhänger und kämpft ab sofort sogar via Internet unter www.ja-zum-einstieg.de für das 400 Millionen-Euro-Projekt. Die Freien Wähler dagegen sehen sich dank ihres zugelassenen Bürgerbegehrens bestätigt und geben sich siegessicher. Fast 90 Gäste strömten zu ihnen - ein starkes Signal für den Bürgerentscheid am 19. April.

Es wirkt fast schon wie eine kleine Vorentscheidung, wie mühelos die Freien Wähler Bürger mobilisieren können. Der Bau der Stadt-Umland-Bahn hat auf jeden Fall keinen einfachen Stand im Landkreis Erlangen-Höchstadt.