Kritik an Horst Seehofer: "Eine Frechheit erster Ordnung"

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Horst Seehofer steht beim CSU-Parteitag im Rampenlicht - und draußen in der Kritik . Foto: Sven Hoppe,dpa
Horst Seehofer steht beim CSU-Parteitag im Rampenlicht - und draußen in der Kritik .  Foto: Sven Hoppe,dpa
WalterNussel
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Alexandra Hiersemann
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GeraldBrehm
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Manfred Bachmayer
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MichaelDassler
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So beurteilen Politiker aus dem Landkreis Erlangen-Höchstadt den CSU-Parteitag. Seehofers Umgang mit der Bundeskanzlerin stieß vielfach auf Kritik. Aber auch das Festhalten an der Obergrenze sei "abenteuerlich".

Horst Seehofers Dämpfer bei der Wiederwahl zum Parteivorsitzenden, der Eklat bei seiner Demütigung der Bundeskanzlerin Angela Merkel und der Dauerkonflikt des bayerischen Ministerpräsidenten mit Markus Söder - der CSU-Parteitag am Wochenende hatte es in sich. Gespalten sind die Politiker im Landkreis Erlangen-Höchstadt, was ihre Bewertung der Aussagen angeht. Während der CSU-Landtagsabgeordnete Walter Nussel einen "guten Parteitag" erlebt hat, sieht seine SPD-Kollegin Alexandra Hiersemann den Umgang Seehofers mit der Kanzlerin naturgemäß anders und spricht von Frechheit. Diese Ansicht teilen auch andere Befragte: "Hammermäßig" und "ziemlich unmöglich" wird da beispielsweise genannt.

Im folgenden die Aussagen der befragten Politiker im Wortlaut.

Walter Nussel, MdL, Herzogenaurach (CSU): Ich denke, der Parteitag hat gezeigt, dass wir alles sehr ernst nehmen. Wir haben die Diskussion in der Bevölkerung aufgenommen und in guter Diskussionskultur durch unsere Anträge behandelt. Was Seehofer mit Merkel gemacht hat, war unglücklich; aber ansonsten war es ein guter Parteitag. Man muss vergleichen. 87 Prozent sind kein schlechtes Ergebnis. Merkel war ein Ding, aber auch der Umgang mit Söder, Aigner und Hermann hat eine Rolle gespielt. Da sind mehrere Sachen zusammengekommen.

Wie ich schon im Kreistag gesagt habe, werden wir dafür werben, das Land nicht zu überlasten. Deutschland und Schweden können allein die Probleme nicht stemmen. Wir müssen die Probleme in den Herkunftsländern bekämpfen; das hilft auch gegen illegale Einwanderung. Es gibt eine Notsituation; das kann man eine gewisse Zeit stemmen, aber das ist keine Dauerlösung, wenn wir nicht wissen, wer sich bei uns aufhält.

Alexandra Hiersemann, MdL, Marloffstein (SPD): Wie Horst Seehofer mit der Bundeskanzlerin umgegangen ist, war eine Unhöflichkeit, eigentlich eine Frechheit erster Ordnung. Noch dazu, da die CSU in derselben Koalition ist. Ich verstehe nicht, was dabei in Seehofer vorgegangen ist.

Die Argumentation zu Flüchtlingsobergrenzen finde ich abenteuerlich. Erstens ist es Bundesangelegenheit, einer Landesregierung fehlt dazu die Kompetenz. Zweitens werden bei der CSU-Debatte Fragen durcheinander geworfen, das verfassungsmäßig garantierte individuelle Asylrecht und Fragen der Einwanderung.

Nach diesem Parteitag müssten konservative kirchlich-orientierte Wähler aufwachen. Denn Söder wirft den Kirchen vor, sie täten nichts zur Bewältigung der Asylströme, was schlicht falsch ist. Aber Unterkünfte sind Aufgabe des Staates. Söder zündelt in der schlimmsten Weise. Er will am rechten Rand fischen und sich Stammtischoberheit sichern. Mit dem populistischen Wegreden spielt er Pegida und ähnlichen in die Hand, Menschen, die aus Fremdenangst, weil sie keine Fremden kennen, auf die Straße gehen.

Gerald Brehm, Höchstadt (FW): Man hat stark die Differenzen in Asylfragen zwischen CSU und Bundeskanzlerin wahrgenommen. Gleichwohl ist es durchaus legitim, einen Beschluss über Obergrenzen zu fassen, auch wenn ich Zweifel habe, ob er praktisch umsetzbar ist. Aber der Asylstrom muss in geordnete Bahnen kommen, denn die Bevölkerung will Ordnung. Welche Instrumentarien kann man dafür einsetzen, muss man jetzt fragen. Deshalb gibt es auch die Podumsdiskussion am 30. November unter dem Titel "Schaffen wir das wirklich?". Ein Großteil der Bevölkerung ist davon überzeugt, dass geholfen werden müsse, fragt sich aber, ob nicht die Vielzahl die Integration in Gefahr bringt.

Asylpolitik ist ein Spagat zwischen Menschlichkeit und der Gefahr, dass die politische Mitte in die falsche Richtung wandert, dass Gruppen Zulauf bekommen, deren Ziele das Schlimmste für unsere Demokratie sind.

Manfred Bachmayer, Eckental (Grüne): Seehofers Wahlergebnis war ein klarer Dämpfer. Es war die Reaktion darauf, dass er sich als Alleinherrscher inszeniert hat. Wie er mit Söder umgeht, ist nicht akzeptabel. Man darf niemanden öffentlich vorführen. Aber es ist hammermäßig, so mit der Bundeskanzlerin umzugehen, die weit über alle Parteigrenzen hinaus großen Respekt verdient. Für mich ist es erschreckend, wie Seehofer ganz massiv an Obergrenzen für Flüchtlinge festhält. Denn das ist weder rechtlich noch faktisch durchzusetzen.
Wir müssen in dieser Extremsituation zusammenrücken und dürfen keine Grenzzäune errichten. Denn die Grundrechte gelten für alle und ebenso die Genfer Flüchtlingskonvention. Flüchtende Menschenmassen mit Gewalt zurückhalten, das verstößt auch gegen die Grundsätze, auf denen Europa aufgebaut ist.

Michael Dassler, Herzogenaurach (FDP): Ich habe den Eindruck, Seehofer hat auf ziemlich unmögliche Weise die Bundeskanzlerin behandelt. Ich bin auch inhaltlich nicht seiner Meinung. Aber das ist Demokratie und gut so. Aber der Umgang. Da kann ich nur sagen: das geht gar nicht. Als Außenstehender kann ich nur schwer urteilen, ob das Verhalten Auswirkungen auf das Wahlergebnis von Seehofer hatte. Für mich wäre es aber ein positives Zeichen, wenn man parteiintern so darauf reagiert hätte. Aber es können natürlich auch ganz andere Dinge eine Rolle gespielt haben. Hinter den Kulissen. Beispielsweise die Nachfolgerfrage.