Ob Pegida, IS-Terror oder die Stromtrassen-Allergie des Ministerpräsidenten: Der Unterfranke Michl Müller nahm zur Freude des Publikums in der ausverkauften Aischtalhalle kein Blatt vor den Mund. Zufrieden ist auch der Veranstalter HEC.
"Des war doch früher alles viel schöner!" Früher, als nach Meinung von Michl Müller "die Welt noch in Ordnung war". Doch dann seien "diese Deppen" gekommen und nichts sei mehr wie vorher. Der selbsternannte "Dreggsagg" Michl Müller, derzeit absoluter Star der durchaus gut besetzten fränkischen Kabarettszene, nahm hinsichtlich Pegida, IS und der Terroranschläge von Paris kein Blatt vor den Mund.
"In Ordnung" war die Welt jedoch sicher für den Veranstalter, den Höchstadter Eishockeyclub (HEC). Denn Michl Müller hält seinen Freunden im Aischgrund seit Jahren die Treue und sorgt für ausverkaufte Veranstaltungen. Auch dieses Mal feierten ihn in der Aischtalhalle mehr als tausend begeisterte Fans.
Auch über die aktuellen Ereignisse hinaus schwelgte der Rhöner aus Garitz, einem Stadtteil von Bad Kissingen, bei seinem Höchstadter Auftritt in Erinnerungen: Gerade mal 42 Jahre alt, hat der von vielen Fernsehauftritten bekannte Kabarettist eine ganz spezielle, fränkische Sicht auf die Dinge des Lebens.
"Hob hau nei!" Das Kommando, das Michl Müller seinen Technikern gibt, wenn er wieder eines seiner "Protest-Lieder" anstimmen will, könnte über dem ganzen Abend stehen. Wobei Lieder wie das mit dem Refrain "Ich bin kein Seemann, ich bin ein Schiffer" durchaus doppeldeutig zu verstehen sind. Bis kurz vor Mitternacht und damit mehr als drei Stunden lang "haute" der Unterfranke nei.
Kaum ein Thema, das Müller nicht seziert und analysiert "Ausfahrt freihalten" titelt sein aktuelles Programm und es gibt kaum ein Thema, das er nicht anspricht.
Müllers Rezept ist eine Mixtur aus aktuellen Themen und Beobachtungen aus dem ganz normalen Alltag, oft gewürzt mit einer Prise Sex. Das alles bringt er in einer schnoddrigen Art und mit seinem authentisch fränkischen Dialekt an den Mann.
Von Helene Fischer, "der Frau, an der im vergangenen Jahr keiner vorbei kam", war es nur ein Katzensprung zur Kanzlerin Angela Merkel. Wobei die "Königin der Herzen", bei der Neujahrsansprache "in Bordeaux" in diesem Jahr bei Michl Müller ziemlich gut weg kam. Gab es doch zu viele andere Themen, so Freigänger Uli Hoeneß - "ich wusste gar nicht, dass dreieinhalb Jahre so schnell vorbei sind" - oder den "Würger von Nürnberg", einen verurteilten Fußballprofi. Pegida, "das sind die Leut, die unzufrieden sind", Andrea Nahles, "die eiserne Lady der SPD" und - ganz besonders - Horst Seehofer.
Der bayerische Ministerpräsident ist laut Michl Müller "chronisch krank". Er leide unter einer "Stromtrassen-Allergie" ebenso wie unter dem Haderthauer-Syndrom. "Der dreht sich selber wie ein Windrad", meint der Kabarettist und schlägt vor: "Den Seehofer g'scheit angeschlossen, gibt Strom für den ganzen Freistaat!" In Müllers Schusslinie ist auch Ursula von der Leyen: "Ich bin mir nicht ganz sicher, ob die Frau weiß, dass sie Verteidigungsministerin ist!" Respekt hat er dennoch vor ihr: "Sie macht ja was!". Trotzdem müsse man froh sein, dass sie nicht Verkehrsministerin ist. "Dann hätten wir an jeder zweiten Autobahnausfahrt eine Kindertagesstätte."
"Ich war auch nicht in der Kita und bin kein Depp worn" Aber auch der ganz normale Wahnsinn gibt dem Unterfranken zu denken: Die Erziehung des Nachwuchses mit seiner überbehüteten Kindheit: "Ich war auch nicht
in der Kita und bin kein Depp worn", löst tosenden Beifall aus. Und wenn es um Michls mangelhafte Aufsätze in der Schule geht, hatte seine Mutter ganz offensichtlich ihre eigene Philosophie: "Mir ham a Landwirtschaft und den Rindviechern is des wurscht!" Heute erregen Eltern, die mit Jean-Paul, Francesca, Chantalle und einem "Latte Macchiato to go" auf den Spielplatz gehen, Müllers Aufmerksamkeit. Wenn die Enkelin dann noch verkündet, sie sei Vegetarierin, entlockt er der Oma den Aufschrei: "Um Himmels Willen - ich hab gedacht, sie hab'n dich katholisch getauft!"
"Ein Konzept muss man haben", hat der Entertainer für sich festgestellt. Das gelte auch für die heutige "sexistische Gesellschaft". Dass heutzutage "ganz normale Hausfrauen zur "Dildo- und Dessous-Party" einladen, verwundert ihn nicht.
Von den vielen Lichterketten im 200-Einwohner-Dorf, die ihn an Bordelle denken lassen, schwenkt Michl Müller problemlos um auf "Sex unterm Christbaum".
Der Weg zum Papst, der beim Segen "so locker drauf war" und der Kurie mit ihrer "spirituellen Alzheimer" ordentlich die Meinung gesagt hat, ist für ihn nur ein Katzensprung. Aber auch "militante Rentner", die, - ausgerüstet mit Rollator und Handy - offensichtlich einen direkten Draht zur Polizei haben, sind dem Kabarettisten suspekt. Über sie lässt er sich ebenso aus wie über "Leut, die alles googlen", Brieftaubenzüchter, Angler, Golfer und über die "Domina vom Oberlandesgericht" im Hoeneß-Prozeß.
Ganz besonders aber über Führerscheinneulinge, die nicht fahren, sondern "cruisen" während "Bushido" aus allen Lautsprechern dröhnt.
Dass ein solcher Fahranfänger direkt in seiner Ausfahrt geparkt hat, schließt den Kreis: Das Schild "Ausfahrt freihalten", gleichzeitig der Titel des Kabarettprogramms, hatte zuvor einer von Müllers Kumpeln geklaut. Deren Gesprächsstoff am Stammtisch "Bei Angelo" über Inselurlaub auf La Gomera, viel nackte Haut und Tattoos sind dann noch einmal ganz andere Themen.
Ein guter Abend auch für den Veranstalter, den Höchstadter Eishockeyclub Matthias Weber, Marketingleiter des Höchstadter Eishockeyclubs ist guter Dinge, dass Michl Müller nach diesem erfolgreichen Auftritt auch im nächsten Jahr wieder ein Gastspiel beim HEC geben wird.
Zum wievielten Mal ist Michl Müller zu Gast beim HEC?
Matthias Weber: Ganz genau kann ich das gar nicht sagen. Ich glaube es ist das neunte Mal.
Weil er Verwandte in Sterpersdorf hat, kam Michl Müller vor Jahren zum ersten Mal nach Höchstadt.
Bleibt denn bei den Veranstaltungen finanziell etwas für den HEC übrig?
Wir müssen immer schauen, dass für den Verein etwas hängen bleibt. Ein Plus für uns sind die vielen ehrenamtlichen Helfer, ohne die wir dieses Event nicht stemmen könnten. Sie organisieren insbesondere den Getränke- und Essens-Verkauf, dessen Erlös komplett in die Vereinskasse fließt.
Wie viele Besucher sind denn heute in der Halle?
1100. Wir sind ausverkauft. Wir achten aber genau darauf, dass die Sicherheitsvorkehrungen eingehalten werden.
Wird Michl Müller auch im nächsten Jahr ein Gastspiel beim HEC geben?
Wenn das so gut läuft, hört man nicht auf. 90 Prozent der Karten sind im Vorverkauf in der Regel innerhalb eines Monats weg. Für das nächste Jahr sind wir guter Dinge. Ich hoffe, dass wir die Zusage innerhalb eines Monats bekannt geben können.