Guru von Lonnerstadt ist sich keiner Schuld bewusst

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Die beiden Verurteilten verstehen nicht, warum sie ins Gefängnis sollen. Foto: Sarah Dann
Die beiden Verurteilten verstehen nicht, warum sie ins Gefängnis sollen. Foto: Sarah Dann
 
 

Nach der BGH-Entscheidung: Der "Guru von Lonnerstadt" und seine Lebensgefährtin verstehen nicht, warum sie drei Jahre ins Gefängnis sollen. Mit Fußfesseln könnten sie sich anfreunden und hoffen noch auf eine "höhere Macht".

"Geschockt" hat das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe am Dienstag den als "Guru von Lonnerstadt" bekannten Gerhard L. und seine Lebensgefährtin. Die vom Landgericht Nürnberg verhängten, jeweils dreijährigen Haftstrafen wurden bestätigt. Das im Lonnerstadter Ortsteil Ailsbach lebende Pärchen war wegen "Misshandlung von Schutzbefohlenen" zu der Gefängnisstrafe verurteilt worden.

Während in Karlsruhe das Urteil verkündet wurde, weilten der 56-jährige Gerhard L. und seine 50-jährige Mitbewohnerin wie immer in dem Haus in Ailsbach. Das Urteil ist jetzt zwar rechtskräftig, die Lebensgefährtin glaubt aber noch, "dass eine höhere Macht uns hilft". Man habe die leiblichen Kinder der Frau nicht schlecht behandelt. Der an Mukoviszidose erkrankte Sohn habe auch nicht hungern müssen. "Wir haben für ihn alles getan", sagt die 50-Jährige und bekommt Unterstützung vom Guru.


Vollstreckung nächster Schritt

Das Landgericht in Nürnberg und am Dienstag auch der Bundesgerichtshof sahen das jedoch anders. "Wenn die Akten aus Karlsruhe da sind, leiten wir die Vollstreckung ein", erklärte Antje Gabriels-Gorsolke, Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft Nürnberg, auf Anfrage. Bis die Akten aus Karlsruhe wieder in Nürnberg eintreffen, könne es aber noch einige Wochen dauern. Die beiden verurteilten Ailsbacher bekommen dann eine Ladung zum Vollzug und müssen in den Gefängnissen, an die sie verwiesen werden, ihre Haft antreten.

Gemeinsam in einer Doppelzelle werden sie ihre Strafe nicht absitzen können, sagt Oberstaatsanwältin Gabriels-Gorsolke. Damen und Herren müssen in unterschiedliche Haftanstalten.

Für die beiden Verurteilten ist das Gefängnis aber noch weit weg. "Wir leben im Jetzt", sagt Guru Gerhard L. Sollten sie in der Haft wirklich getrennt werden, "wäre das sehr schlimm". Schließlich habe man sich gefunden, habe die gleichen Interessen und die gleiche Lebensphilosophie. "Alles wäre kaputt, was soll durch das Gefängnis besser werden?", fragt sich der 56-Jährige. Man müsse wieder bei null anfangen, sehe keine Perspektiven und habe die Kinder doch mit Liebe erzogen, betont er.

Auch wenn er in der dreijährigen Haftstrafe keinen Sinn sieht, spielt er nicht mit dem Gedanken, aus Deutschland zu fliehen. "Fußfesseln würden wir akzeptieren", sagt Gerhard L.


Urteil spricht für sich

Der an Mukoviszidose leidende, inzwischen 28-jährige Sohn der verurteilten Lebensgefährtin, möchte sich zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht äußern. Seine Schwester, die auch jahrelang in der Familie in Ailsbach gelebt hat, ist "froh, dass alles vorbei ist". Gott sei Dank müsse man nicht alles noch einmal vor Gericht durchkauen. Das Urteil spreche für sich, sagt die heute 30-Jährige.

Pflichtverteidiger Axel Graemer hatte vor dem BGH auf Freispruch plädiert. Er habe mit seiner Rechtsauffassung auch nicht allein gestanden, verriet der Erlanger Fachanwalt für Strafrecht gestern dem Fränkischen Tag. Vom Urteil sei er enttäuscht, aber nicht überrascht. Überrascht sei er eher von der vom Landgericht festgesetzten Höhe der Strafe gewesen.

Jetzt sei er sehr gespannt auf die Urteilsbegründung vom BGH. Das müsse er genau anschauen, prüfen und mit dem zweiten Verteidiger und den Verurteilten besprechen. Sollten Grundrechte verletzt worden sein, gäbe es noch das Verfassungsgericht.