Die Erlaubnis, zehn Billionen Mark in Scheinen zu zehn Milliarden drucken zu dürfen, hatten die Herzogenauracher Stadtväter 1923 beim Berliner Finanzminister angefordert. Das wurde gestattet, aber das Geld war durch die Inflation nichts wert.
Vor 100 Jahren hätten sich eigentlich sehr viele Herzogenauracher oder Höchstadt "steinreich" fühlen müssen. Sie erlebten zwischen 1918 und 1923 die größte Inflation, die es jemals in unserem Land gegeben hat. Doch eigentlich begann die Geld- und Wirtschaftskrise bereits 1914 unmittelbar nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Die Kriegsführung verschlang zwischen 1914 und 1918 unvorstellbare Summen. Und da die Staatskasse die Kosten nicht mehr auffangen konnte, wurde der "kleine Mann" im Rahmen der kriegswirtschaftlichen Maßnahmen verstärkt zur Kasse gebeten. Man zeichnete Kriegsanleihen, in der Hoffnung, sein Geld nach einem siegreichen Krieg mit Gewinn zurückzuerhalten.
Gleichzeitig musste sich die Bevölkerung bereits ab 1915 Einschränkungen gefallen lassen. Die Preise stiegen zwischen 1914 und 1918 durchschnittlich um 100 Prozent im Jahr oder insgesamt auf das 16-Fache. Von einer geregelten Versorgung mit den wichtigsten Grundnahrungsmitteln (Kartoffeln, Mehl, Fett) konnte bis 1918 nicht mehr die Rede sein.
Und als nach dem verlorenen Krieg noch die Reparationsforderungen der alliierten Siegermächte hinzukamen, waren die Ersparnisse zahlloser Familien weitgehend vernichtet. Bereits bis Ende des Krieges musste der Zahlungsverkehr mit Kleingeld, also mit Münzen bis zu fünf Mark eingestellt werden, weil die Rohstoffe wie Kupfer oder Nickel für Rüstungsgüter benötigt wurden.
Zehn-Pfennig-Münzen gab es ab 1916 aus Eisen oder Aluminium, später als fast wertlose Papierscheine. Mit der Sammelaktion "Gold gab ich für Eisen" wurde der Mittelstand um seine Ersparnisse gebracht.
Vor allem in den Städten klagte die Bevölkerung über den Mangel an notwendigsten Versorgungsgütern. Fleisch, Butter, Eier wurden in den Großstädten zu unerschwinglichen Luxusgütern, und bereits 1915 wurden Brotkarten eingeführt, die allerdings keine Gewähr für die Verbraucher boten, dass sie auch das Notwendigste gegen Eintausch der Marken erhielten.
Selbst Kleinstädte wie Herzogenaurach mit seinen rund 3000 Einwohnern trafen die Versorgungsengpässe bis zum Kriegsende sehr hart. So mussten sich die beiden Konditoreien Weiß und Café Adler (beide Hauptstraße) mit der Zuweisung von einem halben Zentner Zucker (25 Kilogramm) im September 1918 zufriedengeben. Und weil immer mehr landwirtschaftliche Flächen im Landkreis Höchstadt statt für Getreide-für Kartoffelanbau hergenommen wurden, stand es auch schlecht um die Getreideversorgung in unserer Gegend.
Bald standen auch die Dreschmaschinen still, denn die Lieferung mit Leichtbenzin für diese Maschinen war mit dem 19. Juli 19118 eingestellt worden. In Herzogenaurach sank zudem die Zuteilung von Leder für die schwächelnde Schuhindustrie seit März 1917 auf gerade einmal 20 Pfund(!), in Höchstadt gar auf 15 Pfund für Besohlungen und Ausbesserungen. Wie sollte da die Schuhproduktion aufrechterhalten bleiben?