Wird ein Mensch vermisst, kommt eine große Maschinerie in Gang. Hunderte Einsatzkräfte arbeiten wie jüngst bei Adelsdorf nahezu rund um die Uhr zusammen, um die gesuchte Person möglichst lebend und wohlbehalten zu finden.
Menschen verschwinden manchmal. Oft nicht freiwillig, sondern weil sie gesundheitliche Probleme haben, geistig verwirrt sind oder gar Opfer eines Verbrechens werden. Eines ist dabei ziemlich sicher: sie werden von irgendjemandem vermisst.
Täglich werden in Deutschland etwa 250 bis 300 Fahndungen neu erfasst und etwa genauso viele gelöscht. Es gibt aufsehenerregende Fälle wie den des Mädchens Peggy aus dem oberfränkischen Lichtenberg, das vor zwölfeinhalb Jahren verschwunden ist und bis heute weder lebend noch tot gefunden wurde. Es gibt aber auch eher unspektakuläre Fälle wie erst vor knapp zwei Wochen, als eine 47-jährige Höchstadterin im Raum Adelsdorf vermisst worden und nach knapp einem Tag mit der Hilfe eines Suchhundes lebend gefunden worden war.
Im Raum Erlangen-Höchstadt gibt es solch große Suchaktionen, an denen schnell 170 bis 180 Helfer beteiligt sein können, zwei- bis dreimal im Jahr.
In Adelsdorf stand zusätzlich eine Hundertschaft der Bereitschaftspolizei zur Verfügung, die aber nicht mehr einzugreifen brauchte.
Generell ist bei einer Vermisstenanzeigen die Polizei die erste Anlaufstelle. Über die Notrufnummer 110, aber auch über die öffentlichen Telefonnummern der Polizeiinspektionen kann man seine Anzeige tätigen. Geht ein telefonischer Notruf bei der Polizeidienststelle ein, wird erst einmal nach den genaueren Motiven für das Verschwinden der vermissten Person geforscht.
Direkt zur Dienststelle "Bei einer Selbstmordankündigung, Hinweisen auf Demenz oder körperliche Beschwerden oder wenn Medikamente eingenommen werden müssen, begeben wir uns sofort in die Wohnung des Betroffenen, suchen das persönliche Gespräch mit den Angehörigen und durchsuchen Wohnung oder Haus", erklärt Gerhard Backert, stellvertretender Leiter der
Polizeidienststelle Höchstadt.
Besser sei aber immer das sofortige Erscheinen eines Familienangehörigen auf der Dienststelle, denn dann könnten gleich entsprechende Fotos übergeben und weitere Einzelheiten im direkten Gespräch abgeklärt werden.
Dann folgt sofort die deutschlandweite fahndungsmäßige Ausschreibung. "Wir fragen bei Krankenhäusern und Taxiunternehmen nach, und sollte es Hinweise geben, dass die Person zu Fuß unterwegs ist, suchen wir umgehend die Umgebung ab", fährt er fort. Dies beginnt in der Regel mit dem Einsatz eines Polizeihubschraubers, ausgerüstet mit Wärmebildkamera, und von Suchhunden, wenn entsprechende Anhaltspunkte über einen möglichen Aufenthaltsort vorliegen.
Verläuft dies erfolglos, werden zum Durchkämmen von Wäldern und Gewässern noch weitere Kräfte wie Feuerwehr, DLRG, Wasserwacht, THW und die Bergwacht mit ihrer speziellen Ausrüstung
alarmiert. "Kommt man trotz allem nach einer gewissen Zeit nicht mehr weiter, wächst die Suche zu einer großen, geplanten Maßnahme an, und je nach Umfang begeben sich auch mehrere Streifen unserer Polizeiinspektion vor Ort", erläutert Backert.
Die Suchtrupps bekommen je einen Mantrailer (ein Suchhund, der auf das Finden von Menschen spezialisiert ist) und eine Wärmebildkamera zur Seite, und zu Beginn wird ihnen von der Einsatzleitung das genaue Gebiet zugewiesen, das sie absuchen müssen. Alle Helfer sind wenn nötig und je nach Witterung oft bis tief in die Nacht unterwegs. Spezialisten des Landeskriminalamtes können oder müssen häufig eingeschaltet werden und versuchen auch, die vermisste Person über das Funksignal ihres Mobiltelefons zu orten - falls der Vermisste ein Handy dabei hat.
Neben den Einsatzkräften warten immer Reserve-Feuerwehrleute in ihren Feuerwehrgerätehäusern auf eine mögliche oder nötige Ablösung.
Bei Freitodankündigung einer gesuchten Person stehen auch Mitglieder der Gruppe Psychosoziale Notfallversorgung des Kreisfeuerwehrverbandes sowie ein Notfallseelsorger bereit. Ist die Suche am ersten Tag erfolglos, wird die Aktion in der Dunkelheit meist für wenige Stunden unterbrochen. Vor Ort bleibt aber immer eine kleine Wache mit einem Suchhund. Auch eine eventuelle Handy-Ortung läuft weiter bis zum nächsten Morgen.
Da machen sich dann alle freiwilligen Einsatzkräfte wieder auf die Suche und zur Verstärkung treffen oft noch mehr Wehren und Hundestaffeln - auch aus der weiteren Umgebung - ein.
Auch die Wasserwacht hilft Wird der Vermisste in einem Weihergebiet vermutet, fordert die Einsatzleitung Hilfe von der
DLRG und Wasserwacht an, die dann die Gewässer durchkämmt. "Die Weiher stehen aber an letzter Stelle", weiß Backert. "Ist ein Vermisster in den Weiher gefallen und wird nicht gleich gefunden, ist er mit ziemlicher Sicherheit tot."
Auch das Bayerische Rote Kreuz (BRK) ist bei großen Suchaktionen schnell zur Stelle. "Der letzte zweitägige Rettungseinsatz verlief äußerst gut und vor allem erfolgreich", berichtet Thomas Heideloff, stellvertretender Leiter des Rettungsdienstes. Bereits in den ersten Stunden eines Suchalarmes wird das BRK Erlangen-Höchstadt informiert, und wenig später befindet sich der Einsatzleiter Rettungsdienst zur Koordinierung vor Ort und die nächste örtliche Bereitschaft des BRK, die Bergwacht Erlangen und die Rettungshundestaffel des BRK rücken an. Flächensuchteams sowie Mantrailer-Hunde von Polizei und BRKsuchen zum Beispiel den Randbereich des Waldes ab.
Zufallsfunde wie Tabletten oder andere Gegenstände des Gesuchten erleichtern den Hunden die Suche.
Beim letzten großen Einsatz war die intensive Nachforschung nach etwa 18 Stunden erfolgreich - die vermisste Person wurde stark unterkühlt, aber lebend gefunden. Die Höchstadter Hundestaffel, um die sich Edith Mühlhans kümmert, ist in der ganzen Region sehr gefragt, und ihre Einsätze führten sie schon nach Heidenheim, Schweinfurt, Bamberg und noch weiter.
Gerettet wird bei Wind und Wetter, Eis und Schnee. "Wir helfen jedem, ohne zu fragen!" Dies ist der Leitsatz nicht nur des Roten Kreuzes. Beim BRK arbeiten die Helfer der Bereitschaften ehrenamtlich ebenso wie bei der Feuerwehr. Ihr Lohn sind die Freude, der Stolz und die Zufriedenheit, wenn der Einsatz erfolgreich war, manchmal ein gutes Essen und vielleicht ein glückliches Dankeschön der Betroffenen.