Die Franken sind Veredler. Vor allem Kräuter- und Früchtetees erhalten in der Region den richtigen Schnitt und die passende Mischung. Eines der führenden Unternehmen ist die Firma Martin Bauer in Vestenbergsgreuth.
Mit den Ostfriesen können es die Franken nicht aufnehmen. Jährlich knapp 300 Liter Tee trinkt der Ostfriese im Durchschnitt. Damit liegt er an der Weltspitze, vor Engländern und Japanern.
Der Franke ist da zurückhaltender. Und er hat einen anderen Geschmack. Denn während die Ostfriesen sich fast ausschließlich Schwarzen Tee in die Tasse gießen, schätzen die Franken wie auch der Rest der Republik den Geschmack von Kräutern und Früchten.
In Franken wird aber nicht nur konsumiert, hier laufen die Fäden zusammen, hier sitzen Unternehmen, die sich weltweit Kräuter und Rohstoffe beschaffen, um sie hier unter anderem zu Tee zu veredeln. Sie heißen zum Beispiel Kräuter Mix oder Florapharm.
Der Teegenießer kennt ihre Namen kaum, denn sie verkaufen ihre Ware nicht an den Endkunden, sie beliefern Groß- und Fachhändler.
Tee in allen Variationen Einer der bedeutendsten Teeproduzenten sitzt im beschaulichen Vestenbergsgreuth (Landkreis Erlangen-Höchstadt, rund 400 Einwohner): die Firma Martin Bauer, ein Familienunternehmen, das in dritter Generation geführt wird. Begonnen hatte alles vor mehr als 80 Jahren, als der Landwirt Martin Bauer in der Umgebung Kräuter anbaute, von Kollegen weitere zukaufte und Nürnberger Apotheker belieferte. Heute bedient die Martin-Bauer-Gruppe den Weltmarkt und verarbeitet täglich Mengen, die für Millionen von Teebeuteln reichen.
"Wir sind der weltweit führende Anbieter für Kräuter- und Früchtetees", sagt Adolf Wedel, einer der geschäftsführenden Gesellschafter.
Tee wird bei Martin Bauer in allen Variationen verarbeitet, auch Schwarz- und Grüntees verlassen die Betriebshallen. Ihren Schwerpunkt haben die Vestenbergsgreuther aber auf die Kräuter- und Früchtetees gelegt. Mehr als 80 Prozent der Produktion entfallen darauf.
Die Deutschen lieben Kräutertee Dass die Deutschen Kräuter- und Früchteteeliebhaber sind, zeigt ihr Verbrauch. Rund 36 000 Tonnen werden hier laut Wirtschaftsvereinigung Kräuter- und Früchtetee (WKF) jährlich konsumiert. Schwarzer und Grüner Tee zusammen kamen laut hierfür zuständigem Deutschen Teeverband zuletzt auf 18 500 Tonnen. Ein Volk der Teetrinker - sieht man mal von den Ostfriesen ab - sind die Deutschen dennoch nicht. Engländer, Türken und Iren liegen da an der Spitze.
Und wenn man Deutschland mit Ländern wie Indien oder Russland vergleicht, wird der Unterschied schnell deutlich. Geschätzte 650 000 Tonnen Schwarztee werden in Indien jährlich konsumiert, knapp 200.000 sind es in Russland.
Tee ist längst nicht alles, womit die Martin-Bauer-Gruppe ihr Geld verdient. Das Unternehmen spricht vielmehr von "innovativen Produkten rund um die Pflanze". Da gehören Extrakte, die sich in Kaltgetränken oder Nahrungsergänzungsmitteln wiederfinden, ebenso dazu wie Erzeugnisse für die phytopharmazeutische Industrie. Auch Laborarbeiten für andere Firmen zählen zum Geschäft. "Weniger als 50 Prozent des Gruppenumsatzes wird mit Tee gemacht", berichtet Martin Wedel, ebenso wie sein Bruder Adolf geschäftsführender Gesellschafter. Jährlich 40 000 Tonnen an pflanzlichen Rohstoffen würden in Vestenbergsgreuth verarbeitet. Davon lande nicht alles im Teebeutel.
Mindestens 750-Kilo-Säcke Dennoch: Tee aus Vestenbergsgreuth wird von Martin Bauer in viele Länder der Welt geliefert. Laut Adolf Wedel kommt das Getränk heute zu 95 Prozent im Teebeutel zum Einsatz. Das Abfüllen in Teebeutel machen die Kunden der Vestenbergsgreuther. Sie erhalten Großmengen. "Mindestens 750 Kilogramm bis eine Tonne pro Produkt", sagt Spartengeschäftsführer Sebastian Sieben. "Drunter liefern wir kaum." Für umgerechnet 500 000 Teebeutel reicht eine solche Menge. Der Endverbraucher trinkt diesen Tee später unter Marken wie zum Beispiel Meßmer, Milford oder Bad Heilbrunner.
"Wir haben in jeder Sparte Konkurrenten, aber keiner deckt die gesamte Palette ab, wie wir das tun", sagt Martin Wedel. Was Tee angeht, ist Martin Bauer vom Saatgut bis zum fertigen Produkt in die Prozesse eingebunden.
Rund 200 Pflanzen kaufen die Teemacher in mehr als 80 Ländern der Welt. Indien, China, Kenia, Sudan, Indonesien - meist kommen die Teezutaten aus den großen Anbaugebieten. Aber auch auf Deutschlands Feldern wachsen mittlerweile wieder Kräuter für die Teeproduktion. "In Thüringen gibt es Tausende von Hektar. Es ist mit Abstand das größte Kräuteranbaugebiet in Deutschland", erzählt Geschäftsführer Sieben.
Selbst um die Ecke hat das Unternehmen wieder Geschäftspartner. Im Aischgrund kümmern sich Genossenschaften um den Anbau von Pfefferminze und Melisse. "Das war nach dem Krieg verschwunden. Wir haben das quasi wiederbelebt", sagt Adolf Wedel.
Pfefferminze ist die Sorte, die die Deutschen am liebsten trinken. Auf den Plätzen zwei und drei folgen Kamille und der würzige Fenchel. Danach kommt der südafrikanische Rotbuschtee. Er liegt inzwischen vor der Hagebutte.
Wobei laut den Wedel-Brüdern ein Hagebutten-Tee zum großen Teil Hibiskusblüten enthält. "Die Hagebutte färbt nicht", erklärt Martin Wedel. "Erst der Hibiskus macht den Farbton und den angenehm säuerlichen Geschmack."
Martin Bauer in Zahlen
Mitarbeiter Mehr als 3000 Menschen sind für die Martin-Bauer-Gruppe tätig. Am Sitz Vestenbergsgreuth arbeiten 950 Beschäftigte.
Umsatz Die Gruppe erwirtschaftete zuletzt einen Umsatz von 440 Millionen Euro.
Geschäftsfelder Neben Tees, pflanzlichen Rohstoffen oder Extrakten produziert das Unternehmen unter anderem pflanzliche Arzneimittel.
Gründungsjahr: 1930