Die Uehlfelder Gänsmarktfregger entstammen dem örtlichen Posaunenchor und leben ihre Freude am Musizieren aus.
Wird man in Franken als "Fregger" bezeichnet, ist das meist gar kein richtiges Schimpfwort. Oft werden auch nur Kinder so betitelt. Ein Fregger ist ein keineswegs liebes Kind, sondern ein kleiner Rabauke, einer, der bloß Ärger macht. Man könnte sagen, dass ein Fregger so etwas wie ein "Lausbub" ist. Es könnte sich auch um einen raffinierten Burschen handeln, vor dem man sich in Acht nehmen sollte. Das Wort kommt wahrscheinlich vom Wortstamm "verrecken", damit meint man jedoch nicht, dass der Beschimpfte verrecken soll.
Treffen auf dem "Bänkla"
Im Gänsmarkt-Viertel von
Uehlfeld lebten früher überwiegend einfache Handwerker und Landwirte. Nach getaner Arbeit traf man sich auf einem "Bänkla", um miteinander den Abend gesellig ausklingen zu lassen. Nachbarschaftshilfe, eine enge Verbundenheit und ein starkes Miteinander waren den Menschen damals sehr wichtig. Und wenn die Kinder Streiche ausheckten, wurden sie auch in Uehlfeld als " Freggerle" bezeichnet. Lang, lang ist her.
Karl Baum erinnert sich: "Vor rund fünf Jahren trafen wir uns erstmalig in unserem Hof, um gemeinsam zu musizieren, allesamt Bläserinnen und Bläser des hiesigen Posaunenchores mit insgesamt rund 300 Jahren Zugehörigkeit zu dieser Bläsergruppe. Lieder wie ,Im schönsten Wiesengrunde‘ oder ,Der fränkische Wind‘ erklangen unter der Leitung von Rudolf Weiß über den abendlichen Aischgrund. Vorbeigehende und Nachbarn legten uns an Herz, doch auch mal öffentlich zu spielen.
Bei vielen Festen dabei
Eines war schnell klar: spielen ja, aber nicht für Geld, maximal für Essen und Trinken, dann aber kräftig! Die Freude am Spielen, Tradition erhalten und Freude verbreiten, das sollte der Grund für unsere Auftritte sein. Am Bierbrunnen, bei der Gänsmarktkerwa, beim Fichtnreinspieln, beim Kerwa-Kehraus, beim Wein- und Bremserfest und Valentinständchen im Seniorenheim oder beim fränkischen Nachmittag vom Kulturverein Bänkla, beim Neujahrsempfang der Gemeinde Uehlfeld oder beim Partnerschaftstreffen mit unseren Freunden aus Trabki Wielkie/Polen waren und sind wir Gänsmarktfregger zu hören.
Damit keine Konkurrenz zum Posaunenchor aufkommt, erwarten wir von unseren Mitspielern, dass sie auch eifrig und zuverlässig bei den Proben und Auftritten des Posaunenchores mitwirken. Unser Prinzip: an erster Stelle der Posaunenchor, dann erst die Gänsmarktfregger, denn nur so ist ein gedeihliches Miteinander möglich. Da die Gänsmarktfregger nicht für Geld spielen, freuen sie sich immer wieder über Spenden für Instrumente, die ins Eigentum des Uehlfelder Posaunenchores übergehen.
Um so manchem Jubilar seinen Geburtstag musikalisch zu umrahmen, spielen wir auch öfters Geburtstagständchen, wie zum Beispiel dem Vereinswirt Walter Prechtel zum 50. Wiegenfest im voll besetzen Saal seiner Brauereigaststätte.
Wir haben auch keine typische, einheitliche Uniform. Unsere beiden Mädels tragen vererbte fränkische Tracht, und wir Männer symbolisieren mit unseren karierten Hemden, blauen Hosen und den Strohhüten das einfache Leben im Gänsmarkt früherer Zeiten."
Tragende Säulen: Büschel und Baum
Der 42-jährige
Marcus Büschel gibt bei den Gänsmarktfreggern, aber auch beim Posaunenchor Uehlfeld den Ton oder besser den Rhythmus an. Seit über 20 Jahren wird er von der Lebenshilfe vorbildlich betreut. Er spielt ohne Noten, hört erst zu, macht dann ganz mit und wird immer lauter und sicherer. Dann hat er es auf einmal drauf. Er ist einfach immer "im Takt". Für viele seiner Musikkollegen ist er ein stetes Vorbild in Sachen Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit.
Lesen und Schreiben sind dem Legastheniker schon immer nicht geheuer gewesen. Dies tat aber seiner musikalischen Entwicklung und der Leidenschaft für die Musik keinen Abbruch. Im Hauptberuf führt er bei der Lebenshilfe in Herzogenaurach handwerkliche Arbeiten aus.
In der Franziskusschule in Bad Windsheim erlernte er mit acht Jahren die Melodika. Mit 14 Jahren kam das Akkordeon dazu und dem Keyboard folgte das Schlagzeug. Gitarre lernte er nach Gehör - alles ohne Noten. Im Winter spielt er gerne auf der Veeh-Harfe Weihnachtslieder. Marcus liebt Country- , Rock- und Heavy-Music und ist bekennender AC/DC-Fan. Seit etwa vier Jahren gibt er nun schon den Rhythmus bei den Gänsmarktfreggern vor. Die Musiker sind stolz, gemeinsam mit Marcus zu musizieren. Die Patenschaft für sein Schlagzeug hat übrigens im November 2013 der ehemalige Ministerpräsident Günther Beckstein übernommen.
Zurück zu den Wurzeln
Karl Baum, ein echter Uehlfelder und Gänsmarktfregger, ist in Uehlfeld geboren, aufgewachsen, hat dort gearbeitet und nun verbringt der 61-Jährige auch noch seinen Ruhestand auf dem Baums-Hof in Uehlfeld. Dies ist ein über 200 Jahre alter Hof, den die Familie erst vor zehn Jahren restauriert und bezogen hat. Auf dem Hof erblickte Baum vor 61 Jahren das Licht der Welt. Nun kehrte der reife "Baum" einfach zurück zu seinen Wurzeln.
Schon lange gehört seine Leidenschaft dem Bariton- oder auch dem Tenorhorn. Das Instrument ist sein allererstes Hobby. Im Posaunenchor spielt er schon viele Jahre, aber auch in anderen Vereinen wie Fußball- und Tennisverein, Diakonieverein, der Freiwilligen Feuerwehr, als Jagdvorsteher, als Kirchenvorstand und als Elternbeiratsvorsitzender war er aktiv.
Die Gänsmarktfregger treffen sich seit der Gründung regelmäßig zum Proben bei ihm auf dem Baums-Hof. Bei schönem Wetter spielen sie sogar draußen und sicher lauschen die Nachbarn oder Vorübergehende gerne den Klängen der Blasmusik.