Erst in den Morgenstunden des Sonntags müssen die Bösewichte in Uehlfeld zugeschlagen haben. Denn vorher war der Kerwasbaum bewacht. Der Festumzug am Sonntag war feucht, aber aufschlussreich.
Die Uehlfelder Kerwafichtn wurde geschält - ein ordentliches Stück sogar. "Das ist ärgerlich, weil's jeder sieht" meint Kerwasbursch Robin. "Aber stören tut es uns nur am Rand." Kerwasmadla Nadine hat auch gleich eine Erklärung für diese lockere Sichtweise: "Wir haben die Fichte bewacht, bis es hell wurde. Wenn dann irgendwelche Spielverderber meinen, die Regeln nicht einhalten zu müssen und morgens um sechs oder so noch nachkarteln zu müssen, dann können wir das auch nicht ändern."
Am meisten stört die rund 30 jungen Männer und Frauen, die die Fichte am Samstag in relativ kurzer Zeit bei noch schönstem Sonnenschein aufgestellt haben, dass unbedarfte Spaziergänger diese Umstände nicht kennen und womöglich an ihrer Wachsamkeit zweifeln. Aber was soll's - geschehen ist geschehen, und die Kerwasburschen und -madla wissen von ihrer Unschuld. "Außerdem", setzt Nadine augenzwinkernd hinzu, "ein wenig merkwürdig sieht unsere Fichte sowieso aus. Die Äste hängen so komisch herunter - das hat man leider beim Aussuchen im Wald gar nicht gesehen. Hätten die Schäler ihr Werk noch pink besprüht, könnte man unsere Fichte heuer direkt als moderne Kunst ansehen."
Die Zuschauer jedenfalls am Samstag haben sich nicht an den Zweifeln der Jugend über das Aussehen ihres Baumes, den sie auch nicht selbst aussucht, sondern vom Waldbesitzer zur Verfügung gestellt bekommt, gestört. Sie quittierten das Aufstellen mit Beifall.
Hindern lassen haben sich die "Zaungäste" auch nicht am Sonntag vom strömenden Regen, als es galt, den Umzug zu betrachten. Die meisten hatten den Regenschirm parat - einige wollten mit einem klappbaren Schutzzelt der Ortsburschen stammwirtschaft Prechtel improvisieren. Da waren aber die Burschen dagegen, Sie benötigten die Plane für die Musik auf dem Wagen, "damit's nicht in die Tuba regnet".
Die Burschen und Madle selbst hielten der Nässe von oben tapfer stand. Auch die Aufbauten auf den Wagen überlebten den Zug über Hauptstraße, Rosenhofsiedlung, Festplatz und zurück zur Brauerei zwar ziemlich durchweicht, aber ohne erkennbaren Schaden. Aufgespießt auf den Aufschriften wurde wieder so allerlei, was sich im Jahresablauf getan hatte.
Das Torhaus mit bröckelndem Putz am mühsam erhaltenen Fachwerk war mit von der Partie - seit seiner Renovierung und Erhöhung des Durchlasses im April vergangenen Jahres hat es immer wieder Anlass für Ortsgespräch gegeben - , die Feuerwehr, die für einen kleineren Einsatz auf die Hilfe der Nachbarwehr angewiesen war, weil die Batterie des Einsatzfahrzeugs leer war - nicht einmal die Gattin des Bürgermeisters wurde verschont, der bei einem Einparkversuch ein kleines Missgeschick passiert war.
Und natürlich die drohende Ausweitung des Wasserschutzgebiets rund um Uehlfeld bis in den Nachbarlandkreis hinein - die jungen Frauen und Männer hatten übers Jahr ganz schön an Themen gesammelt. Nochmals aufbereitet und erklärt wurden die Wagen dann bei der Kerwas predigt, damit auch wirklich jeder Zuschauer mitbekam, was im Lauf des Jahres die Uehlfelder bewegt hatte.
Der Dämmerschoppen am Freitag war gut besucht, im Zwanzgersaal herrschte beste Stimmung. Auch die erstmals in der alten Rewe im Namen des Sportvereins aufgemachte Bar B 470 hatte an ihren beiden Öffnungstagen regen Zulauf.