Asylbewerber in Höchstadt? Anwohner fühlen sich überrollt

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In diesem Anwesen in der Engelgasse in Höchstadt sollen 18 Asylbewerber - möglichst Familien - untergebracht werden. Foto: Andreas Dorsch
In diesem Anwesen in der Engelgasse in Höchstadt sollen 18 Asylbewerber - möglichst Familien - untergebracht werden. Foto: Andreas Dorsch

Die Stadt Höchstadt will in ihrem Anwesen in der Engelgasse Flüchtlingen Obdach gewähren. Nachbarn sind skeptisch und haben Bedenken. Sie hatten geglaubt, dass mit der Nutzung des Vorkaufsrechts das Thema vom Tisch sei.

Enttäuscht und richtig verärgert reagierten am Freitag mehrere Anwohner des Anwesens Engelgasse 5 in der Höchstadter Innenstadt, als sie ihre Post aus dem Briefkasten holten. Hatte sie doch die Stadt zu einer "Informationsveranstaltung" am Montag, 8. Juni, um 18 Uhr ins Kommunbrauhaus geladen. Thema: Die Unterbringung von 18 Asylbewerbern in ihrer Nachbarschaft.

Abgesehen von der grundsätzlichen Skepsis darüber, ob dieser Standort der richtige sei, zeigten sich am Freitagnachmittag Mitglieder dreier Familien enttäuscht und teilweise mächtig sauer darüber, wie sie von diesem Vorhaben jetzt erfuhren.

Den ersten Schock hatte den Anwohnern im November vergangenen Jahres ein Artikel im FT versetzt. Der handelte von Plänen eines Hemhofener Geschäftsmannes, dieses zum Verkauf stehende Anwesen zu erwerben und darin Asylbewerber unterzubringen.

Bei Bürgermeister Gerald Brehm (JL) und der großen Mehrheit im Stadtrat stieß dieses Vorhaben auf keine Gegenliebe. Weil das Anwesen in einem Sanierungsgebiet liegt und an seiner Stelle langfristig die Schaffung von neuem, günstigen Wohnraum geplant ist, nutzte die Stadt im Dezember ihr Vorkaufsrecht. Die Anwohner folgerten, damit sei das Thema Asylbewerber vom Tisch. Dass dies nicht so ist, kreiden sie jetzt vor allem Bürgermeister Brehm an.

Mieten verträglich halten

Der hatte damals schon erklärt, dass die Unterbringung von Asylbewerbern kommunal gelöst werden müsste und man nicht Immobilienspekulanten das Feld überlassen sollte. Nur so könnten Mieten "verträglich und marktkonform" gehalten werden. Eine kurzfristige Unterbringung von Flüchtlingen in dem Anwesen Engelgasse 5 hielt er im Dezember 2014 für vorstellbar.

Brehm verteidigt die Nutzung des Vorkaufsrechtes. Wäre die Stadt nicht eingestiegen, hätte der Privatmann das Haus schon längst mit Flüchtlingen gefüllt und das auf viele Jahre hinaus, ist der Bürgermeister überzeugt. Die Mietvertrag mit dem Landratsamt sei bereits unterschriftsreif gewesen.

Dieser Mietvertrag soll jetzt mit "zweckdienlichen Veränderungen" von der Stadt übernommen werden. Die Laufzeit soll auf maximal drei Jahre begrenzt werden. "Noch ist der Mietvertrag nicht unterschrieben", sagt Bürgermeister Brehm. Die Stadt wolle in diesem Gebiet städtebaulich aktiv werden und in der Planungsphase könnte man in dem Anwesen Flüchtlinge unterbringen. Die Entscheidung treffe aber nicht der Bürgermeister, sondern der Stadtrat.

Überholt scheint inzwischen die Haltung des Stadtrats zu sein, der vor längerer Zeit einer Erweiterung der Gemeinschaftsunterkunft am Lappacher Weg unter der Prämisse zugestimmte, dass in Höchstadt keine weiteren dezentralen Unterkünfte entstehen sollten. Der Druck auf die Kommunen werde aber größer, sagt Brehm.

Zur Infoveranstaltung am 8. Juni ist auch der schon aktive Helferkreis eingeladen und es sind alle Höchstadter willkommen, die sich in der Betreuung der Flüchtlinge engagieren möchten. Brehm: "Diese Menschen gehören auch menschenwürdig untergebracht und betreut."

"Bei der weltpolitischen Lage ist kein Rückgang zu erwarten", meint Landratsamt-Pressesprecherin Hannah Reuter. Derzeit seien im Kreis Erlangen-Höchstadt 507 Flüchtlinge untergebracht. Darunter auch 50, deren Verfahren abgeschlossen sind, die aber noch in Unterkünften leben.




Dazu ein Kommentar von Andreas Dorsch


Höchstadter sind jetzt gefordert

Ein bisschen abgeschoben müssen sie sich schon vorkommen, die Flüchtlinge in der Gemeinschaftsunterkunft am Lappacher Weg in Höchstadt-Süd. Rund hundert Menschen hoffen und warten hier teilweise schon seit Jahren auf ihre Anerkennung als Asylbewerber. Am Stadtrand untergebracht, treten sie im Stadtbild kaum in Erscheinung.

Bald könnte das weltweite Flüchtlingsdrama aber auch stärker im Zentrum von Höchstadt präsent sein, wenn 18 Asylbewerber in das Anwesen in der Engelgasse einziehen. Sie sollten hier doch allemal besser aufgehoben sein als fernab in der Gemeinschaftsunterkunft am Lappacher Weg. Die mit großer Mehrheit getroffene Entscheidung des Höchstadter Stadtrats war richtig, ein Vorkaufsrecht wahrzunehmen und nicht Immobilienspekulanten das Feld zu überlassen, um aus dem Leid von Flüchtlingen Kapital zu schlagen. Jetzt hält die Stadt mit ihren gewählten Vertretern die Zügel in der Hand.

Gleichwohl ist es verständlich, wenn die Nachbarn in der Engelgasse skeptisch sind, bei dem, was da auf sie zukommt. Nachvollziehbar ist auch ihr Ärger, den die Einladung zur städtischen Informationsveranstaltung ausgelöst hat. Waren sie doch davon ausgegangen, dass mit dem Eingreifen der Stadt in das Grundstücksgeschäft das Thema Asylbewerber in der Nachbarschaft vom Tisch sei.

Trotz allem eröffnet sich nun den Anwohnern in der Engelgasse, aber auch allen anderen Höchstadtern die Chance, Aischgründer Gastfreundschaft zu beweisen. Die Flüchtlinge aus Syrien, Afrika und den anderen Krisengebieten dieser Welt haben es mehr als verdient, mit offenen Armen aufgenommen zu werden. Skepsis sollte erst gar nicht aufkommen.

Es ist erst sieben Jahrzehnte her, da standen Flüchtlinge aus dem Sudentenland vor fränkischen Türen. Was wäre Franken heute, hätte es diese Sudetenländer damals nicht aufgenommen ...