Klinik, Kinder, Kirchenclown - das sind die drei K's im Leben von Andrea Gruhler aus Fürth. Mit Ende 40 kam sie nicht nur in Franken an, sondern entdeckte sich auch selbst neu. Hier ist ihre Geschichte.
Eigentlich wäre jetzt die Predigt des Pastors an der Reihe. Aber plötzlich steht ein Clown in der Kirche und fängt an zu brabbeln. Die Gottesdienstbesucher sind irritiert: Was soll das denn? So ein Zirkus! Darf man das überhaupt?
Man darf, findet Andrea Gruhler, die seit einigen Jahren regelmäßig im evangelisch-methodistischen Gotteshaus in Fürth als "Kirchenclown Amanda" auftritt. Sie bekommt den Segen von oberer Stelle, denn ihr Ehemann ist der Pastor. "Er steht voll hinter dem Konzept und hat mir in einer Zeit Mut gemacht, als mir nicht klar war, wohin der Weg gehen soll", erzählt die gelernte Krankenschwester, die sich seit Jahrzehnten ehrenamtlich im kirchlichen Gemeindeleben einbringt.
Ein Erlanger als Lehrer Als Friedbert Gruhler 2006 vom Schwarzwald nach Fürth versetzt wurde, fiel dies in eine Zeit, in der auch die drei Kinder - heute zwischen 25 und 30 Jahre alt - das Elternhaus verließen. Andrea, Jahrgang 1958, suchte eine neue Aufgabe, wollte aber nicht zurück in den Klinikalltag, in dem für die Menschen nicht genügend Zeit ist. Sie erinnerte sich daran, dass sie einmal als Clown in einem Gottesdienst ihres Mannes aufgetreten war: "Ich hatte mich gleich wohl in dieser Rolle gefühlt. Aber ich wollte es richtig lernen." Ihre Recherchen führten sie zurück in ihre Heimat Baden-Württemberg, wo - ausgerechnet - der gebürtige Erlanger Klaus-Peter Wick eine praxisorientierte Fortbildungseinrichtung für Theaterpädagogik und Clownerie aufgebaut hat.
Ein Clown ist wie er ist Ein
dreiviertel Jahr lang fuhr Andrea Gruhler jeden Monat für ein Wochenende nach Bühl, um dort vor allem zu trainieren, wie man Gefühle über Gestik und Mimik ausdrückt. Sie erfuhr, wie wichtig der Blickkontakt zum Pub likum ist. Und auch das Gromolo, ein gemurmeltes Kauderwelsch, das keiner so recht versteht, will gelernt sein. "Das ist Training. Aber ein Clown zu sein kann man eigentlich gar nicht lernen. Man wird als Clown geboren. Es ist nur verschüttet und muss wieder hervorgeholt werden", sagt Andrea Gruhler. Anders als ein Schauspieler, der immer wieder in verschiedene Rollen schlüpfe, sei der Clown ein spezieller Charakter, der sich nichts vorschreiben oder aufdrücken lässt: "Der ist so, wie er eben ist! Entweder ruhig, fast phlegmatisch. Oder hibbelig und aktiv. Je nachdem.
Ich bin eher die Energiegeladene."
Suchen und Finden Um diese ureigene Seele zu entdecken, sei viel Improvisation und Übung nötig. "In der Ausbildung erfährt man so einiges über sich selbst. Aber erst danach ist es möglich, anderen den Spiegel vorzuhalten", weiß Andrea Gruhler heute. Trotzdem fiel sie zu dem Zeitpunkt, als sie das Zertifikat in der Tasche hatte, erst einmal in ein tiefes Loch. Denn sie hatte sich - gemäß ihrem einstigen Beruf - zunächst als Klinikclown einsetzen wollen. Doch die Realität sei ernüchternd gewesen: "Wer sich hier nicht über eine professionelle Organisation vermitteln lässt, kommt erst gar nicht rein." Die Familie habe sie aufgefangen in dieser erneuten Zeit des Suchens und Findens.
Bis Andrea Gruhler irgendwann erkannte, dass sie nicht die Spaßmacherin vom Dienst sein kann und will, sondern christlichen Glauben auf eine andere Art und Weise vermitteln möchte. Kirchenclown Amanda war geboren: "Wobei mich der Name einfach so ansprang. Er klingt schön, finde ich. Es steckt keine besondere Geschichte dahinter."
Treffen der Kirchenclowns in Fürth Inzwischen hält Andrea Gruhler Kontakt zu 40 bis 50 Gleichgesinnten, die in der ganzen Bundesrepublik aktiv sind, darunter Steffen Schulz, Deutschlands bislang einziger hauptamtlicher Kirchenclown aus Halle an der Saale: "Mit uns wird humorvoll die Lebensfreude und die Freude am Glauben entdeckt", lautet sein Credo.
"Das ist eine richtige neue Bewegung", sagt Andrea Gruhler und ist stolz, dass Fürth am 14. Oktober 2014 bereits zum zweiten Mal das Jahrestreffen der Kirchenclowns ausrichten wird.
Diesmal will man zum Bibelgleichnis "Das große Gastmahl" ein Theaterprojekt erarbeiten, mit dem man 2015 auf Tournee gehen möchte. Andrea Gruhler ist angekommen: "Ja", sagt die 55-Jährige. "Ich bin glücklich. Endlich kann ich die Liebe zum Clownspiel vereinen mit dem Glauben und meinem eigenen Christsein."
Manchmal tritt sie gemeinsam mit ihrem Ehemann auf und die beiden reden über Gott und die Welt: "Als Clown darf ich ja ganz Kind sein und die Fragen stellen, die sich ein Erwachsener vielleicht nicht auszusprechen traut." Doch eigentlich braucht Kirchenclown Amanda gar nicht so viele Worte: "Einmal kam nach dem Gottesdienst ein Mann zu mir und sagte, er habe noch nie eine so gute Predigt mit so wenig Worten gehört. Kann es ein schöneres Kompliment geben?"
Andrea Gruhler tritt etwa alle sechs Wochen als Kirchenclown Amanda in der evangelisch-methodistischen Kirche in Fürth auf.
Im Herbst vermittelt sie ihr Wissen in einem Workshop.
Außerdem kann Andrea Gruhler als Clown für ambulante Krankenbesuche, für Feste und Feiern gebucht werden. Am Rosenmontag, 3. März, tritt sie im Freizeitbad Atlantis in Herzogenaurach auf (14 Uhr).
Weitere Informationen unter www.clown-amanda-de sowie unter
www.kirchenclowns.de