Als Adelsdorfer Kren auf Reisen ging

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Hans-Peter Hörrlein taucht mit dem Album in die Vergangenheit ein. Foto: Johanna Blum
Hans-Peter Hörrlein taucht mit dem Album in die Vergangenheit ein. Foto: Johanna Blum
Firmengründer Johann Hörrlein Foto: privat
Firmengründer Johann Hörrlein Foto: privat
 
frisch geernteter Kren Foto: privat
frisch geernteter Kren  Foto: privat
 
Produktion am Fließband früher Foto: privat
Produktion am Fließband früher  Foto: privat
 
Foto: privat
Foto: privat
 
Foto: privat
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Foto: privat
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Foto: privat
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In den 50er Jahren eine Feier mit Johann Hörrlein Foto: privat
In den 50er Jahren eine Feier mit Johann Hörrlein  Foto: privat
 
So wurde der Kren in viele Länder transportiert. Foto: privat
So wurde der Kren in viele Länder transportiert. Foto: privat
 
So wurde der Kren in viele Länder transportiert. Foto: privat
So wurde der Kren in viele Länder transportiert. Foto: privat
 

Der Feinkosthersteller Hörrlein hat fast 100 Jahre lang Kunden in aller Welt mit Meerrettich versorgt. Jetzt stellt das Unternehmen die Produktion ein.

Man kennt die Firma Hörrlein als einen der ersten Bio-zertifizierten Feinkosthersteller in der Region. Vom Gurken- und Meerrettichspezialisten zum Bio-Anbieter war es ein weiter Weg - der nun fast zu Ende ist. Im Gespräch mit dem FT lässt Geschäftsführer Hans-Peter Hörrlein die Firmengeschichte Revue passieren.
Schon eine Urkunde aus dem Jahr 1836 zeige, dass sein Ur-Ur-Großvater von König Ludwig I. von Bayern das Recht erhalten hatte, mit Fischen aus dem Aischgrund zu handeln. 1923 hat Hans-Peters Großvater Johann Hörrlein, ehemals Kren- und Fischhändler und Besitzer eines relativ großen Bauernhofs, die Firma Hörrlein gegründet.
Sein Großvater habe schon erkannt, dass ihm mehr Zeit für den Vertrieb bleibt, wenn er nicht alles selbst anbaut. Entweder sei man ein guter Bauer oder ein guter Logistiker. Er habe damals den Landwirten geholfen und ihnen die Tees, Kräuter und Gewürze abgekauft. Bald jedoch habe sich der Kren herauskristallisiert, und der Vestenbergsgreuther Martin Bauer, der Freund von Johann Hörrlein, habe sich auf Tee verlegt.
Die Ware ging damals schon in die ganze Welt. Hotels, Gaststätten, Privathäuser - sie alle wurden von Adelsdorf aus mit fränkischen Köstlichkeiten versorgt. Der Adelsdorfer Bahnhof war für die Firma Hörrlein ein sehr wichtiger Umschlagplatz. Die Bauern standen meist vom Schuh-Fröhlich bis zum Bahnhof mit ihren Kartoffelfuhren und warteten, bis sie mit der Verladung auf die Waggons an der Reihe waren, berichtet Hans-Peter Hörrlein. Auch der Meerrettich wurde am Bahnhof Adelsdorf verladen.
In Zeiten der Weltwirtschaftskrise um 1929 sei dann die "Hausierhändlerschaft" entstanden. Die Bauern mussten die Feldfrüchte verkaufen und Geld verdienen. Deshalb gingen sie auf Märkte und besuchten Haushalte. Hörrlein habe die Händler mit Tee, Kren und Kräutern versorgt und langsam die Logistik für sie übernommen.
Bis zum Zweiten Weltkrieg sei es so weitergegangen - dann sei ein schlimmer Bruch gekommen. Die Familie habe sich jedoch über Wasser halten können, da Johann Hörrlein in den "Reichsernährungsstand" erhoben wurde, was heißt, dass er das Heer mit Kartoffeln aus Adelsdorf versorgen musste.
Erst nach der Währungsreform ging es für alle langsam wieder aufwärts. Die Menschen waren aber bequemer geworden, wollten nicht mehr zu viel handarbeiten, hatten weniger Zeit und bevorzugten vorbereitete Güter. Aus der Krenstange wurde der Kren im Glas. Die Firma hatte den Nerv der Zeit getroffen. Die ersten Gläser wurden mit dem Löffel von Hand abgefüllt, erinnert sich Hans-Peter Hörrlein: "Mein Bruder Herbert und ich legten damals als Kinder die Wachsdichtungsblätter in die Gläserdeckel ein."
1959 zog die Produktionsstätte von der Oberen Bachgasse an den Rand Adelsdorfs in die Bahnhofsstraße um. Jeden Stein der Gebäude hatten die Maurer selbst gegossen. Bald reichten die Mengen an Kren aus der Region nicht mehr aus und man brauchte Nachschub aus der Ferne. Kren durfte in keinem Regal eines Geschäftes fehlen.
Da der Meerrettich ein Winterprodukt ist und die Firma auf feste Mitarbeiter angewiesen war, suchte man für den Sommer für die Leute auch eine Beschäftigung. Ab 1964 legten die Angestellten Gurken ein. In über 20 Dörfern bis nach Buttenheim wurden von Ende der 60er Jahre bis in die 80er Jahre Gurkensammelstellen eingerichtet. Die Bauern lieferten dort ihre Gurken ab und die Firma Hörrlein ließ sie abholen. Jährlich wurden etwa zehn Millionen Gläser gefüllt und europaweit vertrieben. Durch das Etikett "Gurken aus Adelsdorf" war der fränkische Ort bald in aller Munde. Sieben Gurken-Lkw der Firma fuhren europaweit herum.


Suche nach Anbauflächen

Weil allmählich die Anbaufläche in der Region für Kren nicht mehr ausreichte, baute man in den 80er Jahren sogar in der Po-Ebene in Italien Meerrettich für Adelsdorf an. Bereits 1974 hatte aus dem gleichen Grund die "Auswanderung" der Firma nach Feldbach in der Steiermark begonnen. Aus dieser Verbindung ist dann im Jahr 2007 die Städtepartnerschaft Adelsdorf - Feldbach entstanden.
In den Jahren 1978/79 hat sich das Unternehmen international aufgestellt und baute Firmen in Griechenland, Bulgarien Rumänien, Ungarn und Slowenien mit auf. 1989 veränderte sich wieder einmal die politische Landschaft. Die Öffnung der Mauer machte den Weg nach Ostdeutschland frei. Dies war wieder eine wichtige Phase für die Firma. "Wir übernahmen vier Fabriken im Osten und führten sie in die moderne Welt des Denkens und des Vermarktens ein - was auch ein großes Risiko bedeutete", erzählt Hans-Peter Hörrlein.
Nun wurde die Gurkenproduktion umgelagert und so Freiraum geschaffen für den mediterranen Zweig. Die Firma widmete sich Produkten aus Griechenland und Italien. Der Kren ist aber bis heute geblieben - bis die Firma, die einst am Ortsrand von Adelsdorf lag, von der Bebauung des Ortes eingeholt wurde.
Tochter Christina Hörrlein (Marketing & Vertrieb) will sich nicht mehr dem Produktionsrisiko stellen - und so wird die Produktion ab sofort in die Partnerfirmen ausgelagert. Die Firma Hörrlein besteht zwar weiter, aber nicht als Produzent. Sie ist nun ein Handelsunternehmen und Christina Hörrlein betreut das Marketing, welches heute genauso wichtig ist wie die Produktion. Sie will die 100 Jahre alte Idee und den Werbeslogan "Aus gutem Hause" weiterhin in die Welt der Feinschmecker und Gourmets hinaustragen.