Adelsdorf will nicht im Hochwasser versinken

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140 Millimeter Regen in einer Stunde sorgten 2007 dafür, dass in Baiersdorf und Umgebung auch Wohn- und Gewerbegebiete wie auf unserem Archivbild unter Wasser standen. In Adelsdorf wäre bei einem ähnlichen Starkregenereignis vor allem der Kernort betroffen, hat jetzt eine Analyse ergeben. Foto: Marcus Führer, dpa
140 Millimeter Regen in einer Stunde sorgten 2007 dafür, dass in Baiersdorf und Umgebung auch Wohn- und Gewerbegebiete wie auf unserem Archivbild unter Wasser standen. In Adelsdorf wäre bei einem ähnlichen Starkregenereignis vor allem der Kernort betroffen, hat jetzt eine Analyse ergeben. Foto: Marcus Führer, dpa

Weil man einen Starkregen nicht verhindern kann, möchte die Gemeinde zumindest möglichst gut auf den Fall der Fälle vorbereitet sein.

Einmal vorgestellt, über Adelsdorf ginge genauso viel Regen nieder wie 2007 in Baiersdorf, die Folgen wären für den Kernort verheerend. In der Oberen Bachgasse stünde das Wasser über zwei Meter. "Das gab's immer schon", kommentierte Andreas Maier (CSU), der dort wohnt, diese Situation. Denn der ursprüngliche Bachlauf des Reutgrabens führt entlang dieser Gasse.
Aber auch etwas überaus Positives lässt sich aus der Karte ablesen, die Florian Brodrecht dem Gemeinderat im Zusammenhang mit der Starkregenanalyse präsentierte: Der Läusberg bleibt auch bei einem solchen Extremereignis weitgehend trocken, die eingerichteten Gräben um das Baugebiet fangen die Wassermassen weitgehend auf. Damit steht schon fest: Der Läusberg ist nicht das Hochwasser-Sorgenkind, sondern der Kernort.


Baiersdorf war eine Ausnahme

Fachmann und Rat sind sich einig, dass gegen extreme Regenmengen wie in Baiersdorf oder Simbach keine Schutzmaßnahmen helfen. Hierfür könne nur das Frühwarnsystem verbessert werden. Doch Ansatzpunkt der vorgelegten Starkregenanalyse sind gängige Mengen wie die 40 Millimeter pro Stunde, die dem 20-jährigen Hochwasser entsprechen, oder die 60 Millimeter pro Stunde, die in die Kategorie 100-jähriges Hochwasser fallen. In Baiersdorf waren es damals übrigens 140 Millimeter, die noch dazu nach einem vorangegangenen kräftigen Regen fielen.


In Mulden staut sich das Wasser

Die Berechnungen des Ingenieurbüros Brodrecht basieren auf ausgedehnten Untersuchungen und Vermessungen vor Ort; auf einem Höhenmodell, in das Gebäude und Straßen eingefügt wurden und die Nutzung des Geländes ebenfalls, denn beispielsweise nimmt Wald mehr Regen auf als eine Straße.
Die Untersuchungen beschränkten sich auf das Einzugsgebiet des Reutgrabens und seiner Zuflüsse. Dafür fielen Kosten von 80 000 Euro an, die aber aus Hochwasserschutzmitteln des Freistaats mit 60 000 Euro bezuschusst wurden.
In einem beweglichen Zeitmodell machte Brodrecht anschaulich, wie sich ab Regenbeginn die Bäche und Gräben füllen. Seine Berechnungen stimmen völlig überein mit den Feststellungen von Läusberg-Bewohnern, denen beispielsweise das Wasser gelegentlich in die Garage läuft. Das eine Gebäude, so Brodrecht, liegt an einer Engstelle des Rundgrabens. "Die Gräben sind sehr leistungsfähig", betonte der Fachmann. Aber - und das bezog sich vor allem auf den Reutgraben - ist deren Fließrichtung nicht mehr klar; so kommt es zu Muldenbildung, in denen sich das Wasser staut. Brodrechts Rat: alle Gräben im Läusberg nachziehen.
Und insbesondere die Grundstückseigner auffordern, ihre widerrechtlichen Verrohrungen zu entfernen, ergänzte der Rat von sich aus. "Wir haben uns damals ganz bewusst für Regenrückhaltung durch ein Graben-Mulden-System entschieden", betonte Maier. "Die Leidtragenden sind die Nachbarn, wenn verrohrt oder anderweitig abgewichen wurde" waren sich Maier und Michael Auer von den Grünen einig.
Das Rechenmodell für ein 20-jähriges Hochwasser ergibt zunehmend überflutete Flächen im Außenbereich. Das kennt jeder. Schäden im Ort in den Siedlungsstraßen entstehen wohl kaum. Auch die Bebauung am alten Schulsportplatz macht keine Sorgen, eher das Gewerbegebiet an der Höchstadter Straße. An seinem Ostrand führt der heute verlegte Reutgraben Richtung Aisch. Hier kommt es nach dem Rechenmodell etwa am Knick zum alten Grabenverlauf zu Aufstauungen, die sich dann zwischen den Industriebauten ausbreiten. Durch Abschotten und gezielte zusätzliche Abläufe soll das Problem gelöst werden.
Deutlich "blauer" sieht der Endstand des Rechenmodells aus, als Brodrecht ein 100-jähriges Hochwasser, also mehr als 60 Millimeter Niederschlag pro Stunde, zugrundelegte. Der Rückhalteraum südwestlich des Baugebiets Reuthsee füllt sich zusehends. Und dann wird es kritisch: Die vorhandene alte Bahnlinie ist nicht hoch genug, um eine Fließen in die Wohnstraßen weiter nördlich zu verhindern. Der Kernort wird sukzessive überflutet.


Den Damm erhöhen

Dort will die Gemeinde sofort ansetzen. Der Bahndamm aus Schotter soll durch Aushubmaterial aus dem Seeside-Gelände ersetzt und dadurch erhöht werden. Eventuell soll das auch an der kritischen Stelle in der Nähe des Schulparkplatzes geschehen.
"Könnten Rückhaltemaßnahmen im Bereich von Heppstädt und Wiesendorf etwas bringen?", fragte Paul Sänger (FW) in die Ratsrunde. Hier fangen die Weiherketten große Wassermengen auf, aber was, wenn sie durch eine Regenperiode voll gefüllt sind? Eine erstaunliche Erkenntnis bringt die Karte mit den errechneten Wasserständen für Wiesendorf. Verblüfft sagte Bürgermeister Karsten Fischkal (FW): "Jetzt verstehe ich, warum der Ort in zwei Hälften aufgeteilt ist." Die Altvorderen ließen die häufig überschwemmte Talmulde in der Mitte bewusst unbebaut.


Auf Ortsteile ausweiten

"Am interessantesten für mich", fuhr Karsten Fischkal fort, "war, dass der Läusberg, wo wir die dramatischsten Auswirkungen befürchtet haben, unser trockenstes Wohngebiet ist." Noch "trockener" ist Seeside am Reuthsee. Das liegt aber an der Hanglage oberhalb der großen Rückhalteflächen um die Weiher.
Jörg Bubel (SPD) schlug vor, ähnliche Pläne und Berrechnungen auch für die Ortsteile zu machen. In der Aischer Hauptstraße und um die Schlossstraße in Neuhaus könnte es kritische Punkte geben. Der Rat griff diese Anregung auf. Man will sich umgehend um weitere Fördermittel aus dem Hochwasserschutzprogramm der Landesregierung bemühen.