Klimaschutzbeauftragter kritisiert Anwohnertarife in Coburgs Parkhäusern

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Die Parkplätze im Parkhaus Post: Klimaschutzbeauftragter Wolfgang Weiß kritisiert die neuen Anwohner-Tarife. Foto: Simone Bastian
Die Parkplätze im Parkhaus Post: Klimaschutzbeauftragter Wolfgang Weiß kritisiert die neuen Anwohner-Tarife. Foto: Simone Bastian
Wolfgang Weiß
Wolfgang Weiß
 

Der Klimaschutzbeauftragte der Stadt, Wolfgang Weiß, kritisiert die neuen Anwohnertarife in Coburgs Parkhäusern. Damit werde Autofahren unterstützt.

Niedrigere Gebühren in den Coburger Parkhäusern seien "ein völlig falsches Signal", findet Wolfgang Weiß. Der Grünen-Stadtrat und Klimaschutzbeauftragte der Stadt Coburg sieht den motorisierten Verkehr als Klimaschädling Nummer Eins in der Stadt.

"Seit 1993 ist die Stadt Coburg Mitglied im Klimabündnis europäischer Städte und hat sich damit unter anderem verpflichtet, die Treibhausgasemissionen beginnend von 1990 bis zum Jahr 2030 mindestens zu halbieren", mahnt Weiß. Doch zu diesem Ziel fehlt noch viel: 1990 wurden 11,51 Tonnen Treibhausgase pro Einwohner in die Luft gejagt, 2013 waren es 10,57 Tonnen - 2030 sollen es nurmehr 5,8 Tonnen je Person sein. "Der Bereich Verkehr schlägt mit 3,65 Tonnen oder 35 Prozent der Gesamtemissionen zu Buche und hat seit 1990 nicht ab-, sondern zugenommen", sagt Weiß. Er sehe hier besonderen Handlungsbedarf.

Einen Schritt in die Richtung "klimaschonender Verkehr" habe er schon unternommen, sagt Weiß: Im Februar fand eine Gesprächsrunde "Verkehr und Klimaschutz" in der Stadtverwaltung statt. Weiß' Ziel ist es, dass alle Akteure im Verkehrsbereich darauf hinarbeiten, den motorisierten Individualverkehr im Stadtgebiet zu verringern, zum Beispiel durch Stärkung des Busverkehrs oder attraktive Angebote für Radfahrer. "Die Entscheidung, Parken in den Parkhäusern der Wohnbau billiger zu machen, um mehr Menschen mit ihren Autos in die Innenstadt zu locken, erfolgte ohne Absprache mit Katja Link, Verkehrsplanerin der Stadt, ohne Absprache mit Raimund Angermüller, Chef des SÜC-Busbetriebs und ohne Absprache mit Marita Nehring, der Beauftragten für den öffentlichen Personennahverkehr", kritisiert der Klimaschutzbeauftragte.


Anwohner anlocken

Das Argument, dass günstige Parkhäuser gezielt angesteuert werden und damit der Suchverkehr nach preiswerten Parkhäusern wegfällt, will Weiß nicht gelten lassen. Es gehe darum, den Autoverkehr generell zu reduzieren - und Parkhäuser würden dann angesteuert, wenn die Fahrer wüssten, dass sie dort einen Parkplatz finden, meint er.

Außerdem seien die Nutzer der neuen Anwohnertarife quasi gezwungen, ihren Stellplatz am Tag zu räumen, macht Weiß geltend. Die Wohnbau, die die städtischen Parkhäuser betreibt, bietet (zunächst versuchsweise) einen neuen Monatstarif für Anwohner an. Die können dann nachts und am Wochenende ab Samstagnachmittag ihr Auto zum Pauschalpreis von 39 Euro im Monat im Parkhaus abstellen. Von 9 bis 16 Uhr an Werktagen zahlen aber auch diese Nutzer den normalen Parkhaustarif.

Mit diesem Angebot wolle die Wohnbau herausfinden, ob die Anwohner bereit seien, das Parkhaus zu nutzen, sagt Christian Meyer, Geschäftsführer der Wohnbau Coburg und damit auch für die Parkhäuser zuständig. Die Ergebnisse dieses Versuchs würden ins Parkraumkonzept der Stadt einfließen. Wenn die Anwohner nachts das Parkhaus nutzen, werde möglicherweise der Suchverkehr reduziert, sagt Meyer. Denn oft werde lang nach Parklücken gesucht.

Ihm gehe es nicht um eine "Verteufelung des Verkehrsmittels Auto", betont Weiß. Er wolle das Bewusstsein dafür schaffen, dass jeder Coburger durch sein Fahrverhalten zum Klimaschutz beitragen könne. "Ein Teil der Besorgungen lässt sich auch zu Fuß oder mit Nutzung der SÜC-Buslinien bewerkstelligen."


Problembewusstsein schaffen

Er sehe seine Aufgabe als Klimaschutzbeauftragter darin, auf ein Problem aufmerksam zu machen und alle, die zur Lösung beitragen können, an einen Tisch zu bringen. "Kompetenz zur Problemlösung ist vorhanden. Was es braucht, ist der Wille zur Veränderung." Auch, wenn das Geld koste. "Die Stadt Coburg muss das konstruktiv begleiten: mit einem attraktiven ÖPNV-Angebot, mit der Beibehaltung des Anruf-Sammel-Taxis, mit einer Verbesserung der Fahrrad- und Fußgänger-Infrastruktur. Aber auch mit einer konsequenten Ahndung von Falschparken und angemessenen Gebühren in den Parkhäusern ihrer Tochtergesellschaft, der Wohnbau Coburg."

So könnten Wohnbau und Stadt zum Beispiel Elektromobilität fördern, sagt Weiß. "Dazu gehört kostenloses Parken für E-Autos, aber auch der Auf- und Ausbau einer Lade-Infrastruktur." Doch auch da bleibe manches im Ansatz stecken: In der neuen Tiefgarage am Albertsplatz gebe es nur eine Ladestation für E-Autos, und an der stehe oft das E-Auto der Wohnbau. Eine weitere Ladestation sei zwar vorbereitet, aber nicht installiert worden.
"In einer so zentral gelegenen Tiefgarage hätten auf jede Parkebene mehrere Ladestationen an für E-Autos reservierten Stellplätzen installiert werden müssen, um ein Zeichen zu setzen: Wenn ihr ein Auto in der Innenstadt nutzt, dann bitte umwelt- und klimafreundlich!"

Meyer macht hingegen geltend, dass es auch im Parkhaus Post eine E-Ladestation gebe, und auch in den beiden weiteren Parkhäusern Mauer und Zinkenwehr welche vorgesehen seien. Die im Zinkenwehr werde nach der Sanierung zur Verfügung stehen (siehe unten). Meyer zeigt durchaus Verständnis für Weiß' Bedenken in Sachen Klimaschutz: "Wir werden miteinander im Gespräch bleiben", versichert er.

Weiß ist sich allerdings auch bewusst, dass die Coburger nicht allein den Verkehr in der Stadt verursachen. Deshalb müsse die Stadt mit dem Landkreis und den Nachbarlandkreisen zusammenarbeiten, um zum Beispiel das öffentliche Nahverkehrsangebot zu verbessern. Außerdem denkt Weiß an die Förderung von Fahrgemeinschaften oder E-Mobilität: "Die Stadt Coburg könnte zum Beispiel, in Zusammenarbeit mit der IHK zu Coburg, Firmen motivieren, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern E-Bikes zur Verfügung zu stellen oder mitzufinanzieren." Potenzial sieht Weiß auch beim Fahrrad: "Es gibt Berufspendler, die mit ihren Fahrrädern bereits zwanzig Kilometer und mehr an einfacher Fahrstrecke zurücklegen, täglich."