Ärger mit EDV-Programmen und dramatisch steigende Einsatz-Zahlen bringen die Führungskräfte der Feuerwehren an ihre Belastungsgrenzen. Deshalb liegt die Zusammenarbeit mit dem Innenministerium derzeit auch auf Eis.
Unter den Feuerwehrkommandanten im Landkreis rumort es. Viele von ihnen sind sauer, weil sie immer mehr Arbeit und auch Ärger bei der organisatorischen Abwicklung ihrer Einsätze haben. Hintergrund sind unter anderem technische Schwierigkeiten mit einem Computerprogramm der Integrierten Leitstelle (ILS), über das die wichtigsten Daten eines Einsatzes statistisch erfasst werden sollen. "Dieses hat sich aber zu einer Sicherheitslücke entwickelt", erklärt Thorsten Langbein, der Kommandant der Ebersdorfer Feuerwehr.
Langbein und 17 weitere Feuerwehr-Führungskräfte aus dem Landkreis gehen nun auf die Barrikaden. Mit Rückendeckung ihrer Bürgermeister haben sie die Einsatz-Nachbearbeitung über das Programm der ILS eingestellt. - Hintergrund: Das Einsatz-Nachbearbeitungsprogamm nutzt auch das bayerische Innenministerium für statistische Zwecke.
Allerdings läuft das dafür notwendige Programm nur mit einer veralteten Version des Computerprogramms "Java" und ist damit ein potenzieller Gefahrenpunkt für Hacker-Angriffe.
Die ILS ist nicht schuld "Auf unserem Rechner im Gerätehaus funktioniert das Erfassungsprogramm schon lange nicht mehr", erklärt Thorsten Langbein. Der Feuerwehr-Computer läuft über das Netzwerk der Gemeinde Ebersdorf, ist gut gesichert - und deshalb ungeeignet zur Datenerfassung für das Innenministerium. Daheim konnte Langbein die Zahl der Fahrzeuge, Aktiven und Einsatzstunden eine Zeit lang noch eingeben - aber auch da geht, seitdem er seine "Java"-Version von VI auf VII aktualisiert hat, nichts mehr.
Langbeins Kollege Steffen Schaller hat die gleichen Probleme. Er betont aber, in diesem Falle nicht der ILS in Ebersdorf bei Coburg die Schuld in die Schuhe schieben zu wollen.
Er ist enttäuscht vom Innenministerium, das es offensichtlich nicht auf die Reihe bringt, den bayerischen Kommandanten eine ordentliche Plattform für ihre Einsatz-Nachbearbeitung zu bieten.
Dabei müssten die Feuerwehr-Führungskräfte diese Daten gar nicht einmal eingeben. Freilich - die Kommandanten sind von Gesetz her dazu verpflichtet, einen Bericht über jeden Einsatz zu verfassen. Das tun sie schon immer - weil ihre Gemeinden diese Angaben für die etwaige Abrechnung von Einsatzstunden und Verdienstausfälle brauchen. Aber die Statistik für die ILS/das Innenministerium ist eine freiwillige Sache. "Da sollte man uns schon ein Programm zur Verfügung stellen, das stabil und vernünftig läuft", wünscht sich Schaller.
Der Ärger mit der fehlerbehafteten ILS-Software ist dabei aber so etwas wie die berühmte Spitze des Eisberges.
Denn die Kommandanten, insbesondere die der großen Stützpunktfeuerwehren, sehen sich Jahr für Jahr einem dramatisch wachsenden Berg an Verwaltungsaufgaben gegenüber. Unabhängig voneinander haben Thorsten Langbein und Steffen Schaller für das vergangene Jahr einmal ihren Arbeitsaufwand erfasst und sind zum gleichen Ergebnis gekommen: Die Feuerwehr ist für sie zu einem ehrenamtlichen Halbtags-Job geworden. "Ich komme auf mindestens 20 Stunden die Woche", erzählt der 44-jährige Schaller.
Und ein Großteil dieser Zeit geht für Verwaltungskram drauf. Thorsten Langbein will zwar partout nicht den Eindruck erwecken, dass ihm sein Job keinen Spaß mehr macht - aber er sagt auch: "Ich würde lieber mehr mit meinen Leuten draußen arbeiten und üben." Stattdessen wartet auf ihn: stundenlange Verwaltungstätigkeiten wie die Einsatz-Nachbearbeitung, Stellungnahmen und Berichte
abgeben, Materialverwaltung, Beschaffungs- und Etatplanung. "Da wird der Feuerwehrmann wird zum Schreibtischtäter", sagt Langbein.
Das kann schon nerven. Beispielhaft für den Rattenschwanz an Buchhaltung nennt der Ebersdorfer Kommandant den Brand bei der Michelauer Firma "Metob" im vergangenen Jahr. 360 Einsatz-Stunden leisteten die Ebersdorfer Feuerwehr-Aktiven dort, zu allem Übel wurde dabei ein ganzer Berg an Ausrüstungsgegenständen durch Schadstoffe im Rauch unbrauchbar. Hinzu kam, dass 15 Einsatzkräfte der Ebersdorfer Wehr im Nachgang in ärztlicher Behandlung waren. "Es hat Tage gedauert bis der Einsatz verwaltungsmäßig abgeschlossen war", erinnert sich der Kommandant. Stellungnahmen und Berichte mussten damals in einem großen Umfang erstellt und abgegeben werden.
Hoffnung, dass sich die Situation bessert, haben Langbein und Schaller nicht.
Das liegt auch an den neuen Alarmierungs-Strukturen, die nach Inbetriebnahme der Integrierten Leitstelle in Ebersdorf 2010 umgesetzt wurden. "Von da an ist die Zahl der Einsätze insbesondere für die Stützpunktfeuerwehren explodiert", berichtet Steffen Schaller. Und Thorsten Langbein hat die Zahlen dazu: Musste die Ebersdorfer Feuerwehr früher in Schnitt zwischen 30 und 35 Mal im Jahr ausrücken, so waren es im vergangenen Jahr 88 Einsätze, fast die Hälfte davon außerhalb des Gemeindegebietes.
Ausrücken für die Katz' Überörtlich kam man hier bis nach Heilgersdorf, Seßlach oder nach Lichtenfels, Bad Staffelstein und Ebensfeld zum Einsatz. Hintergrund sind die im Einsatzrechner hinterlegten Einsatzmittelketten, die das nächst mögliche freie und geeignete Fahrzeug alarmieren.
Immerhin: Es gibt schon Gespräche und erste organisatorische Veränderungen, die solche überflüssigen Fahrten künftig verhindern sollen. Denn eines ist nicht nur für Steffen Schaller klar: "Wir sollten möglichst keine Einsätze haben, die letztlich für die Katz' sind."