Walter Luft will durchschnaufen

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Walter Luft, Vorstand des FC Coburg, möchte sein Amt gerne abgeben. Vier Apotheken und drei Kindern forden Tribut.Hagen Lehmann
Walter Luft, Vorstand des FC Coburg, möchte sein Amt gerne abgeben. Vier Apotheken und drei Kindern forden Tribut.Hagen Lehmann

Der Vorsitzende will nach sechs Jahren Aufbauarbeit kürzertreten. Trotz schwerer Bedingungen sei es gelungen, den Fußball wieder salonfähig zu machen.

"Ich kann mich noch sehr gut erinnern. Viele haben mich damals davor gewarnt, diese unattraktive Mammutaufgabe zu übernehmen. Von einem Scherbenhaufen war sogar die Rede. Das hat mich gereizt, auch weil mein Sohn im NLZ kickte".
Walter Luft hat vor sechs Jahren Neuland betreten und den Vorsitz eines klammen Fußballvereins übernommen. Jetzt, sechs Jahre und einige Erfolge mit dem FC Coburg später, will er sein verantwortungsvolles Amt abgeben. Wir sprachen mit dem 61-jährigen Apotheker und dreifachen Familienvater nicht nur über seine Beweggründe und einen möglichen Nachfolger, sondern auch über die aktuelle Lage seiner Vestekicker.

Hallo Herr Luft, 7:1! Die 1. Mannschaft des FC Coburg ließ es am Sonntag richtig krachen. Jede einzelne "Kiste" muss doch wie Balsam auf den zuvor in Mönchröden aufgerissenen FCC-Wunden gewirkt haben?
Walter Luft: Dieser klare Sieg und vor allem die Art und Weise wie sich unsere Jungs dabei präsentiert haben, war in unserer schwierigen Phase schon wichtig und tat allen gut. Nur ein Beispiel: Selbst unser sonst so abgeklärtes Beiratsmitglied Klaus-Jürgen Heitmann ließ beim 4:1 seiner Freude freien Lauf und klatschte fleißig mit unseren Trainern und Ersatzspielern ab.

Trotzdem tat sich die Mannschaft bisher schwer, konnte ihre Qualität nur selten so auf dem Platz zeigen, wie gegen Merkendorf. Ist jetzt die Handbremse endlich gelöst?
Das hoffen wir natürlich alle. Jetzt muss endlich Konstanz rein. Ich bin schon der Meinung, dass das 0:2 in Mönchröden eine ganz bittere Niederlage war. Über diese galt es auch zu sprechen. Sie musste gewisse, klare Konsequenzen haben. Das hat mit Ruhe und Unruhe im Verein nichts zu tun. Wir können als ambitionierter Verein, der sofort wieder in die Landesliga zurück will, nicht über alles den Mantel der Harmonie und des Konsenses legen. Weiterentwicklungen werden selten mit einem Schmusekurs erreicht. Sachliche Kritik - auch wenn sie öffentlich ist und nicht jedem gefällt - ist wichtig und muss erlaubt sein.

Weil die Mannschaft mehr kann?
Ja, auf jeden Fall. Aber wir stehen ja immerhin auf dem 2. Platz - das sollten wir erst einmal festhalten. Und Eintracht Bamberg wird auch noch Federn lassen. Aber ich bin schon der Meinung, dass wir in dieser Saison den stärksten Spielerkader zur Verfügung haben, den es jemals zu FCC-Zeiten gab. Ich denke, dass unser Potenzial mindestens so groß ist, wie das der vier Landesligisten in der Region, wenn nicht sogar größer. Da muss es einfach unser Anspruch sein, wieder aufzusteigen. Schließlich ernten wir die Früchte unserer hervorragenden Jugendarbeit. Und da ist das Ende der Fahnenstange längst noch nicht erreicht, denn in den nächsten Jahren stoßen wieder zahlreiche "Jung-Raketen" zum Herrenbereich. Denen müssen wir doch zumindest die Landesliga bieten können.
Das sind klare Worte des Vorsitzenden. Kritisieren Sie etwa zu viel Harmonie in Ihrem Verein oder was meinen Sie damit genau?
Ich wünsche mir schon ab und an, dass die Leistungen stärker als bisher hinterfragt werden. Der Abstieg aus der Landesliga ging mir zum Beispiel definitiv zu schnell und zu lautlos über die Bühne. Man hatte ja phasenweise den Eindruck, als sei das gar nicht so schlimm. Ich hätte mir gewünscht, dass wir da alle Möglichkeiten ausgeschöpft hätten, um die Klasse doch noch zu halten. Die Qualität dafür hatten wir auf jeden Fall.

Im Klartext: Sie hätten den Trainer gewechselt?
Es gibt eine ganze Reihe von Maßnahmen, um einen Negativlauf zu stoppen. Natürlich gehört es auch dazu, über Personalien zu diskutieren. Wie gesagt, ich hätte mir eine durchaus kritischere Auseinandersetzung gewünscht. Aber zu Ihrer Frage: Vielleicht hätten wir sechs, sieben Spieltage vor Schluss tatsächlich die Reißleine ziehen müssen, um noch einmal den letztlich fehlenden Kick bei den Spielern auszulösen. Aber eine Garantie, dass es besser wird, hast Du ja eh nie. Und unbestritten ist auch, dass unser kompletter Trainerstab mit Matze Christl an der Spitze die Philosophie des Gesamtprojektes vorbildlich lebt, mitgestaltet und umsetzt. Das ist sehr wichtig für einen Ausbildungsverein und da legen wir stets viel Wert drauf. Aber Aushängeschild ist und bleibt die 1. Mannschaft - und die muss erfolgreich kicken!

Es hält sich das Gerücht, dass Sie amtsmüde seien und Ihren Posten abgeben wollen. Was ist da dran?
Amtsmüde ist nicht der richtige Ausdruck. Aber klar ist auch, dass ich Prioritäten setzen muss. Wir haben in den letzten Jahren trotz schwierigster Rahmenbedingungen in Coburg den Fußball wieder salonfähig gemacht. Als ich antrat, war der Fußball in der Vestestadt quasi am Boden. Dennoch habe keine Minute bereut, denn wir haben im Vergleich zu den boomenden Mannschaftssportarten mit sehr bescheidenen Mitteln zumindest wieder eine Marke in Coburg gesetzt. Darauf können meine Mitstreiter und ich stolz sein. Zumal uns oft Manpower fehlte.

Das klingt aber nach Abschied...
Wir haben noch sehr viel vor und sind personell hervorragend aufgestellt. Wir haben viele kluge Köpfe in diesem Verein und wir werden gemeinsam versuchen, für unsere tollen Nachwuchskräfte eine attraktive Plattform zu sein. Fußball ist und bleibt die beliebteste Sportart - auch in Coburg!

Und Sie bleiben Vorsitzender?
Bei uns stehen demnächst Neuwahlen an. Ich habe nicht vor mich wieder wählen zu lassen und halte schon seit längerer Zeit Ausschau nach einem geeigneten Nachfolger. Wie gesagt: Als Familienvater mit drei sportbegeisterten Kindern und vier Apotheken muss ich meine Aktivitäten immer wieder neu justieren, schließlich bin ich auch nicht mehr der Jüngste (lacht). Aber dem FCC werde ich natürlich weiter mit Rat und Tat zur Verfügung stehen, dafür brauche ich auch keinen Posten.

Kann es sein, dass Ihnen intern ab und an die Überzeugungskraft fehlt und Sie keine Mehrheiten für Ihre Vorschläge und Ideen bekommen?
Es ist richtig, dass wir öfters unterschiedlicher Auffassung waren, aber letztlich haben wir offene Baustellen harmonisch geklärt. Da muss man nicht immer einer Meinung sein.

Sie haben gesagt, dass Sie Ausschau nach einem geeigneten Nachfolger halten. Haben Sie da schon jemanden im Fokus?
Ja durchaus. Ich könnte mir Wolfgang Gremmelmaier sehr gut vorstellen. Er ist ein absoluter Fachmann, seit Jahren ein großer Förderer unserer Jugendarbeit, kennt sich im Vereinswesen genau aus, ist ein Finanzexperte durch und durch und hat darüber hinaus auch noch eine hohe Fußballkompetenz und Überzeugungskraft. Das wäre meine Wunschlösung. Er würde den Fußball in Coburg weiter voranbringen.

Die Fragen stellte Christoph Böger