Verstecktes Paradieschen hinter Roßfeld

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Frank Reißenweber inmitten des üppig wachsenden Wachtelweizens auf dem Beerberg bei Roßfeld. Fotos: Rainer Lutz
Frank Reißenweber inmitten des üppig wachsenden Wachtelweizens auf dem Beerberg bei Roßfeld. Fotos: Rainer Lutz

Der Beerberg bei Roßfeld diente früher US-Soldaten als Spähpunkt. Heute blüht in dem geschützten Landschaftsbestandteil der Wachtelweizen.

Manchmal genügt der Blick hinter eine Hecke, um eine völlig neue kleine Welt zu entdecken. So auf dem Beerberg bei Roßfeld, wo zurzeit der seltene Acker-Wachtelweizen für unzählige rote Flecken in der grünen Wiese sorgt.

"Das ist eine Rote-Liste-Art", erklärt der Biologe Frank Reißenweber vom Landratsamt Coburg. Wenn die seltene Pflanze auftaucht, dann allerdings üppig. Die Kuppe des Beerbergs gehört geologisch zum Gipskeuper. "Nicht zu verwechseln mit den Bruchschollenkuppen der Langen Berge, das ist Muschelkalk", betont Reißenweber. Magerer Boden ist es hier wie dort. Doch der Beerberg ist eben ein besonderes Plätzchen.

Der geschützte Landschaftsbestandteil liegt eingebettet ins große Vogelschutz- und FFH-Gebiet Rodachaue nahe der Grenze nach Thüringen, die einst Nahtstelle der großen Machtblöcke war.
"Hier auf dem Beerberg hatten die Amerikaner einen Beobachtungsposten eingerichtet", erzählt Frank Reißenweber. Damals hatten sie von der Kuppe aus einen guten Blick auf einen großen Grenzabschnitt.

Inzwischen sind in Richtung Grenze die Bäume so hoch aufgewachsen, dass nur noch teilweise der Blick bis nach Thüringen frei ist. Aber dafür gibt es jetzt direkt auf dem Berg mehr zu sehen. Neben dem seltenen Wachtelweizen steht der Klappertopf, der seinen Namen daher hat, dass die Samen im reifen Fruchtstand wie eine Kinderrassel klappern, wenn man sie schüttelt. "Beide Pflanzen werden als Halbschmarotzer bezeichnet", erklärt der Biologe. Sie zapfen bei Nachbarpflanzen Wasser aus dem Wurzelwerk ab, haben aber auch eigene Wurzeln und Assimilation. "Jetzt geht es hier ja Schlag auf Schlag", freut sich Frank Reißenweber und zeigt auf einen kleinen Schmetterling: "Ein Grünwidderchen, das ist auch eine Besonderheit hier auf dem Beerberg." Mohrenfalter, mehrere Arten von Bläulingen, Schachbrettfalter - die Besonderheit des Beerbergs scheint vor allem darin zu bestehen, dass die Schmetterlinge hier so häufig sind, dass es rund um einen herum nur so gaukelt und flattert.

Raupen auf dem Hornklee zeigen schon den Nachwuchs für die Schmetterlinge. Was an einem anderen Stängel die Aufmerksamkeit auf sich zieht, sieht aus wie Spucke. Tatsächlich erklärt Frank Reißenweber: "Das ist Kuckuckspucke", und lacht. Denn natürlich hat hier nicht der bekannte Vogel auf den Halm gespuckt. In Wirklichkeit steckt eine Schaumzikade dahinter. Sie versteckt in dem Schaumklecks, der wirklich aussieht wie Spucke, ihre Larven. "Das ist ein Abwehrmechanismus. Viele Fressfeinde lassen sich davon abschrecken", erklärt der Biologe. Allerdings gibt es auch Feinde der Zikade, die von der Kuckuckspucke unbeeindruckt bleiben.

Eine Wiese am Hang ist nur zu einem Drittel gemäht. Dort hat nicht etwa der Landwirt die Lust verloren. "Die Wiesen werden immer nur zu einem Drittel gemäht. So bleibt noch Deckung für die Tiere", erklärt Reißenweber. Ein großer Teil der Grundstücke auf dem Beerberg gehört inzwischen der Stadt Bad Rodach. Andere Flächen hat der Landkreis gekauft und eine die Wildland-Stiftung, weiß Reißenweber. Er ist auch Geschäftsführer im Landschaftspflegeverband Coburger Land. Daher weiß er, dass diese Flächen vom Verband gepflegt werden. Doch es gibt auch private Grundstücke, die inzwischen extensiv im Sinne des Naturschutzes bewirtschaftet werden - als wenig gedüngte Streuobstwiese beispielsweise.

Auch auf dem Plateau des Beerbergs wird gemäht. Das geschieht spät im Jahr und mit Bedacht. Doch ohne dieses Eingreifen des Menschen würde der Beerberg in wenigen Jahren verbuschen und es wäre um die seltenen Arten geschehen, die heute dort gedeihen.

Insekten wie die Wespenspinne, Heidegrashüpfer, zweifarbige Beißschrecke oder eben die vielen Schmetterlinge leben gut auf dem Teppich aus verschiedenen Kleearten, Sichelmöhre, Bitterkraut, Kicher-Tragant, Fransen-Enzian, Ehrenpreis und vielen anderen. Und Vögel wie der Neuntöter, der Wes penbussard, Nachtigall und Schwarzkehlchen oder Pirol fühlen sich hier ebenso wohl, denn auch für sie ist reichlich Nahrung vorhanden.
Gar nicht sehr versteckt, zeigt eine gut ausgebaute Burg mit etlichen Röhren, dass auch Dachs und Fuchs die exklusive Wohnlage auf dem Beerberg zu schätzen wissen.

Unten im Tal zeigt eine Baumreihe den Verlauf der Rodach. Feldgehölze und Hecken lassen erkennen, dass einige Grundeigentümer dem Naturschutzgedanken durchaus offen gegenüber stehen. Im Zuge des Naturschutzgroßprojektes "Das grüne Band", soll auch der Streifen der ehemaligen innerdeutschen Grenze weiter entwickelt werden. Ein Verbund, zu dem der Beerberg gut passt.