HSC-Verantwortliche Mraz und Gorr im Interview: Was nun?

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Zufrieden sieht anders aus. Die Führungsriege des Handball-Erstligisten HSC Coburg (von links): Geschäftsführer Jan Gorr, Vorstandssprecher Stefan Apfel und Ex-GmbH-Vorsitzender Jochen Knauer. Foto: Iris Bilek
Zufrieden sieht anders aus. Die Führungsriege des Handball-Erstligisten HSC Coburg (von links): Geschäftsführer Jan Gorr, Vorstandssprecher Stefan Apfel und Ex-GmbH-Vorsitzender Jochen Knauer. Foto: Iris Bilek

Der Saisonstart des HSC 2000 Coburg ging gründlich daneben. Nach vier Spielen ohne Punktgewinn äußern sich Geschäftsführer Jan Gorr und Trainer Alois Mraz zu brennenden Fragen.

Vier Spiele - vier Niederlagen. Der HSC 2000 Coburg ist denkbar ungünstig in die neue Handball-Saison gestartet. Für Jan Gorr und Alois Mraz allerdings noch nicht das ganz große Problem. Im Tageblatt-Doppelinterview erklären der Geschäftsführer und der Trainer des Erstliga-Neulings die Gründe für die aktuelle Misere.

Der Geschäftsführer schließt eine Neuverpflichtung, die nach der schweren Verletzung von Linkshänder Jakob Knauer diskutiert wurde, zumindest nicht gänzlich aus. Und der tschechische Coach in Reihen der Vestestädter verteidigt seine Personalentscheidungen und seine taktische Umstellung, die am Sonntag bei der bitteren 26:29-Heimniederlage gegen die HSG Nordhorn/Lingen nicht zum erhofften Erfolg führten.

Hallo Herr Mraz, vier Spiele - vier Niederlagen. Wie groß ist die Enttäuschung bei Ihnen?

Alois Mraz: Wir sind natürlich verärgert darüber, dass wir keinen Punkt holen konnten, obwohl wir in allen vier Spielen größtenteils keine schlechte Leistung abgeliefert haben. Und das ist auch der positive Aspekt, wir haben gesehen, dass wir von den anderen Teams nicht weit entfernt sind.

Gegen Nordhorn war ein Sieg möglich. Gehen wir mal ins Detail: Warum durfte Neuhold nicht spielen, obwohl Schröder im Angriff eine unterirdische Quote hatte und Nenadic auch nicht überzeugte?

Betrachtet man aus fachlicher Sicht dieses Spiel, so muss man vor allem Andi Schröder eine hervorragende Abwehrleistung bescheinigen. Im Angriff war es diesmal nicht sein bestes Spiel, und deswegen hat auch Drasko Nenadic als erfahrener Mann den größten Teil der zweiten Halbzeit auf Rückraum links gespielt. Er hat ein, zwei Passfehler zu viel gemacht, aber bei seinen drei Feldtoren eine 60-prozentige Quote erzielt.

In der Schlussphase hat Pouya nur noch in der Abwehr gespielt. Warum? Er hat seine Stärken eindeutig im Angriff, oder sehen Sie das anders?

Neben seinen Stärken im Angriff hat Pouya auch sehr gute Abwehrqualitäten, und diesen Job hat er in der Schlussphase bekommen. Im Angriff war Tobias Varvne auf Rückraum Mitte gefordert und mit seiner Einwechslung hat er unser Angriffsspiel sehr gut belebt. Alleine seine Eins-gegen-eins-Aktionen waren absolut wertvoll für uns. Deswegen bin ich auch froh, dass ich zwei so gute Rückraum-Mitte-Spieler habe.

Warum lassen Sie diese beiden Spieler dann nicht zusammen auf die Platte? Während der Vorbereitung hat das gut funktioniert.

In diesem Spiel war es uns vor allem wichtig, das gute Gegenstoßspiel und die Aktionen über den Kreis von Nordhorn zu unterbinden. Deswegen haben wir bewusst auf den Abwehr- und Angriff-Wechsel von zwei Spielern verzichtet und eher die Defensive gestärkt. Es werden aber mit Sicherheit auch Spiele kommen, in denen die angriffsorientierte Aufstellung gefragt ist.

Die Fankritik in den sozialen Netzwerken zielt vor allem auf die wenig ins Angriffsspiel eingebundenen Außen Billek und Sproß ab. Wie wollen Sie das verbessern?

In diesem Spiel war es wirklich so, dass wir zu wenig Abschlüsse auf Außen hatten. Mir haben auch die einfachen Gegenstöße der Außen gefehlt. Wir werden an dieser Sache weiter arbeiten und schauen, dass wir das verbessern.

Gibt es für den jungen Sproß, der permanent auf der Platte steht, keine Alternative? Zumindest in der Abwehr, denn da war seine Leistung am Sonntag alles andere als erstligatauglich.

In der ersten Halbzeit haben wir die rechte Angriffsseite von Nordhorn gut im Griff gehabt. In der zweiten Halbzeit waren wir insgesamt nicht so konsequent in der Abwehr und viele Gegentore auf dieser Seite sind dann auch in unserer Unterzahl entstanden. Die Variante mit Max Preller haben wir auch noch und werden wir sicher auch nutzen.

Sie haben im zweiten Durchgang umgestellt. Aber die offensivere 5:1-Deckung hat Nordhorn eher geholfen als geschadet. War das ein entscheidender Fehler, der letztlich zur Niederlage führte?

Nur an der Seite zuzuschauen macht in so einer Situation auch keinen Sinn. Deswegen haben wir versucht, Nordhorn eine neue Aufgabe zu stellen. Die ersten Angriffe haben wir zu Ballgewinnen genutzt. Es spricht für Nordhorn, dass sie sich recht schnell darauf eingestellt haben.

Herr Gorr, fehlt im Team derzeit noch die für den Mannschaftserfolg unabdingbare Hierarchie? Wer ist der Chef auf der Platte und wer übernimmt in kritischen Phasen die Rolle des Antreibers?

Jan Gorr: Ich habe in diesem Spiel durchaus Leute gesehen, die Verantwortung übernommen haben. Aber in der Schlussphase war die Effektivität im Angriff nicht ausreichend. Was man merkt, ist die Tatsache, dass wir uns noch mehr einspielen müssen, um gerade in stressigen Situationen auf fest verankerte Mechanismen zurückgreifen zu können.

Planen Sie nach der Verletzung des Linkshänders Jakob Knauer, der nach seiner Schulteroperation wohl die komplette Serie ausfällt, eine Nachverpflichtung für diese wichtige Position im rechten Rückraum?

Ich arbeite aktuell mit meinen Mitarbeitern vor allem daran, dass wir unseren Verein durch diese unglaublich anspruchsvolle Gesamtsituation in der Corona-Krise führen können. Parallel schauen wir natürlich, wie sich die Personalsituation in unserer Mannschaft entwickelt und welche Möglichkeiten denkbar sind. Außerdem bin ich auch davon überzeugt, dass wir in unserem derzeitigen Kader genug Spieler haben, die auch als Rechtshänder zumindest phasenweise diese wichtige Position auf Rückraum Rechts begleiten können.

Befürchten Sie, dass die Saison aufgrund der steigenden Infektionsrate möglicherweise unter- oder gar abgebrochen werden muss? Wenn ja, was würde dieses Szenario für den Handball in Coburg bedeuten?

Wenn man mit offenen Augen durchs Leben geht, muss man mit einer solchen Entwicklung zumindest rechnen. Letztlich gilt es, von Woche zu Woche den genauen Verlauf zu betrachten und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Für unseren Handball in Coburg ist das insgesamt eine mehr als ernste Situation, da muss man nicht drum herumreden. Was aber auch Fakt ist, ist die Tatsache, dass wir alle dieser Situation bisher gut begegnet sind. Und genau das ist auch unser Ziel für den weiteren Rundenverlauf. Dafür arbeiten wir jeden Tag.

Die Fragen stellte Christoph Böger.