Spannender Dreikampf um Bürgermeisterstuhl in Seßlach

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Langfristig soll in Seßlach die energieintensive Straßenbeleuchtung verschwinden. Ein Lichtmasterplan soll Energie einsparen und Lichtverschmutzung beseitigen. Wie das fertige Resultat aussehen könnte, zeigt diese Simulation des für Seßlach tätigen Architekten Mario Hägele. Foto: Mario Hägele
Langfristig soll in Seßlach die energieintensive Straßenbeleuchtung verschwinden. Ein Lichtmasterplan soll Energie einsparen und Lichtverschmutzung beseitigen. Wie das fertige Resultat aussehen könnte, zeigt diese Simulation des für Seßlach tätigen Architekten Mario Hägele. Foto: Mario Hägele
Martin Mittag (CSU)
Martin Mittag (CSU)
 
Carsten Höllein (SPD)
Carsten Höllein (SPD)
 
Berthold Borczyk (FW)
Berthold Borczyk (FW)
 

In Seßlach geht eine Ära zu Ende: 30 Jahre leitete Hendrik Dressel (FW) die Geschicke der Stadt. Drei Kandidaten für das Amt des Bürgermeisters buhlen um die Gunst der Wähler.

"Hendrik Dressel hat große Verdienste um die Stadt erworben und tiefe Spuren hinterlassen. In seine Fußstapfen zu treten, ist nahezu unmöglich." Das sagt einer, der ein anderes Parteibuch sein Eigen nennt und es am 16. März wissen will: Carsten Höllein. Der Vorsitzende des SPD-Kreisverbandes und des SPD-Ortsvereins kommt wie Hendrik Dressel aus Gemünda und handelt getreu dem Motto "Gutes bewahren und neue Akzente setzen".
Der 39-jährige Journalist ist an der Spitze der heimischen Vereinslandschaft fest verankert. Als Vorsitzender im Arbeitskreis Tourismus, Mitglied im Vorstand der Flenderschen Spitalstiftung und Erster Vorstand beim TSV Gemünda kennen ihn die Bürger. Von 2002 bis 2008 war er Dritter Bürgermeister und einziges Mitglied seiner Partei im Stadtrat.


In der letzten Legislaturperiode allerdings gab es für die SPD kein Mandat. Das soll sich nun ändern: Dabei soll das Parteibuch bei der Wahl zum Bürgermeister gar keine so große Rolle spielen. Höllein will die Wähler vor allem durch seine Persönlichkeit überzeugen. Er verspricht einen fairen Wahlkampf: Im Mittelpunkt stünden die Sachfragen und nicht die Partei, betont der Kreisrat, der eine starke Mannschaft hinter sich weiß. "Es gibt keine schwarzen, roten oder blauen Kindergärten."

Den Gürtel enger schnallen

Seine Ziele: Mit einem Masterplan will er einen Finanzplan entwickeln und dem demografischen Wandel auf allen Ebenen wie Infrastruktur, Vereinsleben, Versorgung und Siedlungsstruktur begegnen, mit einem Gipfel aus Wirtschaft, Schule und Bildungsträgern sehen, wo der Schuh drückt (Stichwort: Fachkräftemangel) und einen runden Tisch für Vereine und Ehrenamtliche organisieren. "Das soziale Engagement ist das Kapital der Stadt Seßlach", betont der Journalist. Die Stärken der Stadt möchte er besser vermarkten: Seßlach soll "Staatlich anerkannter Erholungsort" werden. Höllein verspricht, die Öffentlichkeit stärker einzubinden: Bürgerversammlungen und Ortsrundgänge, einen Chat mit dem Bürgermeister.

Auch Seßlach muss den Gürtel enger schnallen: Innerhalb eines Monats brach die Gewerbesteuer um 800.000 Euro ein, beim Investitionsvolumen fehlen 1,8 Millionen Euro. "Bei den Gewerbesteuereinnahmen handelt es sich um eine steuertechnische Maßnahme, die sich in 2015 wieder relativieren wird", ist Zweiter Bürgermeister Berthold Borczyk (FW) überzeugt und sieht das Ganze positiv: "Auf diese Art und Weise wird man zum Sparen gezwungen."

Der 61-jährige Bankkaufmann aus Krumbach blickt auf eine langjährige Erfahrung in der Kommunalpolitik zurück, will die erfolgreiche Arbeit von Hendrik Dressel fortführen, dabei aber seine eigenen Wege gehen, wie er sagt. Mit dem Alter kann Berthold Borczyk nicht punkten.

Der Kandidat aus dem Lager der Freien Wählergruppe/Bürgerblock, der nach dem Willen seiner Partei Hendrik Dressel im Amt nachfolgen soll, ist gar ein Jahr älter als dieser. Er kann deshalb überhaupt nur für eine Amtsperiode gewählt werden. Auch wenn Borczyk von einem Vorteil spricht, weil er nicht nach einer erneuten Kandidatur schielen muss und deshalb unbequeme Entscheidungen treffen kann (das Tageblatt berichtete), kann er langfristige Projekte nur anstoßen und deren Umsetzung nicht nachhaltig verfolgen.

Der Ehrenamt fördern

Die Schwerpunkte seiner Arbeit sind Demografie, Wirtschaft und Tourismus. Dabei will der 61-Jährige die sozialen Netzwerke verdichten und bündeln, die Wirtschaft unterstützen und stärken und den Tourismus als Wirtschaftszweig ausbauen. Zudem setzt Borczyk auf die Förderung von Ehrenamt, die Bewahrung bürgerschaftlichen Engagements und die Sicherung und Steigerung der Lebensqualität in allen Orten.

Für das "Haus der Bäuerin" in Dietersdorf, das Schloß Heilgersdorf und das ehemalige Pfister-Grundstück in Seßlach müssten Nutzungskonzepte gefunden werden, betont er. "Letzteres kann beispielsweise ein Dienstleistungszentrum mit Arzt oder Tourismusbüro oder ein altstadtnaher zukünftiger Parkplatz werden."
Sieben von sechzehn Stadträten stellte bisher die CSU. 2008 erhielt Martin Mittag (CSU), der als einziger Kandidat gegen Hendrik Dressel antrat, beachtliche 46 Prozent der Wählerstimmen. "Hendrik Dressel nachzufolgen, ist eine große Herausforderung", erklärt der 31-jährige Seßlacher, "es ist aber auch eine große Chance, Bestehendes für die Zukunft zu bewahren und zu verbessern und neue Ideen umzusetzen."

Erst die Pflicht erfüllen

Der Dritte Bürgermeister der Stadt Seßlach, Vorsitzender der Jungen Union und Fraktionsvorsitzender im Kreistag sieht seine Prioritäten in der Erfüllung der Pflichtaufgaben wie Straßenbau, Wasserversorgung, dem städtischen Finanzhaushalt und der ärztlichen Versorgung. Die Verbesserung des Wirtschaftsstandortes und die Förderung von Jugend- und Seniorenarbeit, dem Ehrenamt, Vereinen und der Feuerwehr liegen ihm am Herzen. "Großprojekte sollten allerdings gut überdacht werden", sagt der Versicherungskaufmann im Hinblick auf die angespannte Finanzlage.

Exklusiver Club?

Die Position der Stadt innerhalb der Initiative Rodachtal will er nicht verändern. "Die Auswahl der Projekte ist allerdings von den finanziellen Möglichkeiten abhängig", sagt er. Genauso sieht es Berthold Borczyk: Er will die interkommunale Zusammenarbeit ausbauen und auch künftig von der gemeinsamen Plattform profitieren, macht das wie Mittag aber von den vorhandenen Geldmitteln abhängig.

Höllein sieht es kritischer und spricht von einem "exklusiven Club": Ihm fehlte in der Vergangenheit die Verankerung der Initiative in der Bevölkerung. Dass es jetzt anders werden soll, begrüßt er ausdrücklich: "So wichtig es ist, Fördermittel in die Region zu holen, müssen sich die Menschen damit identifizieren. Wir brauchen Ideen von den Menschen, die hier leben. Sie sind die Experten."

Unter Bürgermeister Hendrik Dressel wurden jüngst weitere innovative Projekte angeschoben: Langfristig wird auch die energieintensive Straßenbeleuchtung verschwinden. Ein Lichtmasterplan soll Energie einsparen und Lichtverschmutzung beseitigen. "Es geht um eine neue Betrachtungsweise von Licht", erklärt Borczyk das Beleuchtungskonzept für Seßlachs Baudenkmäler.

Das Projekt "Energieleitplanung" soll konsequent neue Wege gehen. "Wir wollen weg vom fossilen Brennstoff."
Das alles kostet Geld. Und da sind sich die Kandidaten einig: Die Belastungen für das Stadtsäckel müssen in Grenzen gehalten, die Schulden möglichst zurückgeführt werden. Eine Neuverschuldung soll es keinesfalls geben.


Den Wählern in Seßlach stehen drei Listen zur Auswahl

Kandidaten Bei der im März anstehenden Kommunalwahl können die stimmberechtigten Seßlacher unter diesen Kandidaten wählen, die auf insgesamt drei Listen antreten.

CSU/Landvolk 1. Martin Mittag, 2. Marcus Werner, 3. Renate Schubart-Eisenhardt, 4. Klaus Gropp, 5. Georg Ruppert, 6. Manfred Eichler, 7. Michaela Licht, 8. Sven Jahrsdörfer, 9. Ralf Schoof, 10. Wolfgang Pfister, 11. Monika Wolf, 12. Markus Brehm, 13. Robert Cervenka, 14. Karl Salb, 15. Petra Jahrsdörfer, 16. Hartmut Bohl.

SPD 1. Carsten Höllein (Gemünda), 2. Gudrun Rother (Heilgersdorf), 3. Wolfgang Brasch (Dietersdorf), 4. Rolf Deschner (Lechenroth), 5. Benedikt Dellert (Oberelldorf), 6. Pascal Betz (Seßlach), 7. Dominik Franz (Gemünda), 8. Thomas Eiermann (Dietersdorf).

Freie Wählergruppe/Bürgerblock 1. Berthold Borczyk (tritt gleichzeitig auch als Bürgermeisterkandidat in Seßlach an), 2. Gerhard Bock, 3. Markus Brückner, 4. Christian Finzel, 5. Florian Fischer, 6. Volker Hahn, 7. Gudrun Jöchner, 8. Martina Kilian, 9. Bettina Knauth, 10. Maximilian Neeb, 11. Heinrich Paul, 12. Bertram Rippl, 13. Uwe Siegel, 14. Josef Starkl, 15. Kerstin Thein, 16. Ralf Würstlein.