Wie der Neu-Ulmer Dekanatskantor Oliver Scheffels den Klangreichtum der großen Coburger Schuke-Orgel in St. Moriz zur Entfaltung bringt.
                           
          
           
   
          Im Land von Bach und Buxtehude wird der Reichtum der Orgellandschaft Frankreichs bisweilen noch immer ein wenig unterschätzt. Klar, im 19. Jahrhundert mit der wuchtigen symphonischen Orgelromantik und im 20. Jahrhundert mit Komponisten wie Jehan Alain, Marcel Dupré und Maurice Duruflé haben französische Musiker gewichtige Beiträge zur Orgelliteratur geschaffen. Aber davor?
       
Zahlreiche Zuhörer
Wie bedeutsam Louis Couperin und Francois Couperin im 17. und frühen 18. Jahrhundert für die Entwicklung der Orgelmusik in Frankreich waren, erlebte das bemerkenswert zahlreiche Publikum beim Gastkonzert des Neu-Ulmer Dekanatskantors Oliver Scheffels an der großen Schuke-Orgel in St. Moriz. Denn Scheffels hatte dazu ein ebenso farbenreiches wie stilistisch abwechslungsreiches Programm von Couperin bis Duruflé zusammengestellt. "Sous le ciel de Paris" hatte Scheffels seine klug konzipierte, ganz bewusst nicht rein chronologisch angelegte Vortragsfolge betitelt, die vom frühen Barock bis zur klassischen Moderne reichte.
Gespür für Steigerungen
Wie vielgestaltig und abwechslungsreich Orgelmusik sein kann, demonstrierte Scheffels mit diesem sorgsam vorbereiteten Programm. Barock der Beginn mit der Chacone g-Moll von Louis Couperin. Scheffels entfaltete das 1685 entstandene Werk über seiner ruhig schreitenden Basslinie mit feinem Gespür für Steigerungen.
Klar konturiert in den melodischen Linien und stilsicher registriert danach ein Ausschnitt aus einer Orgelmesse von Francois Couperin.
Klassische Moderne
Zwei der wichtigsten Vertreter der klassischen Moderne der Orgelmusik in Frankreich sind Maurice Duruflé und Marcel Dupré, die beide in diesem Programm vertreten waren. Majestätisch ließ Scheffels Duprés Fuge über das Glockenspiel der Kathedrale von Soissons klanglich aufblühen. Klar konturiert und spannungsvoll gesteigert interpretierte Scheffels später Marcel Duprés hoch virtuoses Prélude et Fuge g-Moll.
Orgelromantik
Bei einem derartig ehrgeizigen Programm zur französischen Orgelmusik durften natürlich die zwei wichtigsten Vertreter der Orgelromantik in Frankreich nicht fehlen: Charles-Marie Widor und Alexandre Guilmant. Dass hinter dem gerne belächelten klanglichen Bombast sehr wohl interessante musikalische Substanz steckt, machte Scheffels an zwei Beispielen deutlich - der zart registrierten Pastorale aus der Orgelsymphonie D-Dur von Widor und dem effektvoll gesteigerten Scherzo aus der 5. Sonate c-Moll von Alexandre Guilmant. Auch bei diesen beiden Stücken bewies Scheffels sein feines Gespür für Klangfarben ebenso wie seine überlegene technische Souveränität. Klanglich sehr farbenreich aufgefächert erklang die 3. Fantasie für Orgel von Camille Saint-Säens.
Der effektvolle Ausklang war dann Louis Vierne mit zwei Sätzen aus seiner 1. Orgelsymphonie d-Moll vorbehalten. Nach dem gesanglich Andante beendete das ebenso virtuose wie effektvolle Finale dieses eindringlich gestaltete Orgelkonzert.