Schweine on Tour im Coburger Land

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Lebende Schweine kommen selten in eine Schule. In Dörfles-Esbach machten sie jetzt mit ihrem "Schweinemobil" Station. Foto: Rainer Lutz
Lebende Schweine kommen selten in eine Schule. In Dörfles-Esbach machten sie jetzt mit ihrem "Schweinemobil" Station. Foto: Rainer Lutz
Jan Schrijer weiß viel über Schweine.
Jan Schrijer weiß viel über Schweine.
 
Heidi Bauersachs zeigt Schweinefutter.
Heidi Bauersachs zeigt Schweinefutter.
 

Damit Verbraucher sehen, wie es sich so lebt, als Schwein in einem fränkischen Stall, sind Fachleute zurzeit mit dem "Schweinemobil" unterwegs.

Ein Schwein kommt normalerweise nicht viel herum, in Franken. Bei den fünf Tourschweinen, die zurzeit mit dem "Schweinemobil" in ganz Oberfranken unterwegs sind, ist das anders. Kronach, Hof, Forchheim und andere Orte stehen auf ihrem Reiseplan. Jetzt machten sie in Dörfles-Esbach Station und die Kinder der Emil-Fischer-Grundschule waren begeistert.
"Wir sind zwar hier im ländlichen Raum, aber in einen Schweinestall kommt man ja nur sehr selten rein", sagt BBV-Kreisbäuerin Heidi Bauersachs, die neben anderen Fachleuten für die Fragen der Kinder ein offenes Ohr hatte. Moderne Schweineställe unterliegen sehr strengen Hygienevorschriften. Ganze Schulklassen würde wohl kein Landwirt dort als Besucher hinein lassen.
Anders beim Schweinemobil. "Es geht darum, den Erzeuger-Verbraucher-Dialog zu fördern", erklärt Rüdiger Wintersperger vom Amt für Landwirtschaft in Coburg. Die Bevölkerung soll erfahren, wie Schweine in der modernen Landwirtschaft heute gehalten werden.


Genau wie in einem Stall

Im Mobil gibt es genau das zu sehen. "Es ist wirklich eins zu eins wie in einem Stall", versichert Schweinezüchter Jan Schrijer. Fütterung, Belüftung, Wärmelampe, im echten Stall alles computergesteuert, sind original eingebaut. Sogar Spielzeug, das genauen EU-Vorschriften entsprechen muss, haben die jungen Mastschweine dabei.
Einziger Unterschied zu einem realen Stall ist der Boden. Er besteht hier zu einer Hälfte aus Betonspalten zur anderen aus Kunststoff. "Wir wollen die beiden Varianten zeigen", erklärt Rüdiger Wintersperger. Jüngere Tiere werden auf dem Kunststoffboden gehalten, weil er weicher und wärmer ist. Ältere dagegen auf dem Betonspaltenboden, weil der Beton zu einer Abnutzung der Klauen führt, der Kunststoff aber nicht. Daher würden sich die Klauen der Tiere verwachsen und müssten extra gepflegt werden.
Die Tourschweine in ihrem großen "Wohnanhänger" lassen sich unterdessen offenbar nicht ungern von den Kindern bestaunen, die ständig mit großem Interesse am Geländer rund um die Bucht stehen.


Tiere auf dem Lehrplan

Lehrerin Tanja Schmidt ist mit ihrer Klasse 2c gekommen. "Wir haben ja Haus- und Nutztiere auf dem Lehrplan", sagt sie. Daher ist dieser Anschauungsunterricht für sie und ihre Schüler so passend wie willkommen. Die Kinder können bei ihrem Besuch einiges lernen. Martin Flohrschütz, Kreisobmann beim Bauernverband in Coburg, ist Schweinemäster und hat Futter mitgebracht, das sich die Zweitklässler anschauen können. Und sie dürfen auch fühlen. Dafür gibt es eine Box mit Fächern, in denen sie etwas ertasten sollen, das sie nicht sehen können. "Körner" ist die häufigste Antwort. Ein bisschen unterschiedlich sind sie allerdings schon. Mais, Raps und Erbsen gibt es da, Weizen und Gerste - für Schüler der zweiten Klasse sicher keine ganz leichte Aufgabe.
Wenn das Schweinemobil auf öffentlichen Plätzen Halt macht, stellt sich aber nicht selten heraus, dass manche Erwachsene auch nicht sonderlich viele Kenntnisse davon haben, wie bei uns Schweine leben. Diskussionen über die neuesten Tierwohldebatten gibt es aber dennoch. Praktiker wie Jan Schrijer sehen dabei Probleme, die Politiker wohl eher nicht so im Blick haben. Will ein Betrieb etwa den Tieren ein Drittel mehr Platz geben, um ein Tierwohlsiegel zu erhalten, dann bleiben ihm nur zwei Wege. Er kann nur ein Drittel weniger Tiere halten und verliert entsprechend an Gewinn, der kaum über einen hohen Preis wieder hereinzuholen wäre. Oder er muss investieren, um die Stallfläche zu vergrößern - das können sich viele Betriebe nicht mehr leisten.


Der Preis entscheidet

Dass Zweifel an der Bereitschaft der Verbraucher für einen höheren Preis berechtigt sind, zeigen Untersuchungen zum Kaufverhalten. Geben bei Umfragen noch viele Kunden an, sie wären bereit, mehr zu zahlen, wenn sie wüssten, dass Fleisch aus der Region kommt, viel Wert auf das Tierwohl gelegt wird oder der Betrieb ökologisch wirtschaftet, sieht ihre Entscheidung im Laden anders aus. Absatzkurven für Schweinefleisch zeigen deutliche Gipfel, wenn Discounter gerade eine Aktion mit Sonderangeboten starten. "Die Statistik zeigt immer wieder, dass Käufer vor allem preissensibel reagieren", zitiert Rüdiger Wintersperger das Ergebnis einer Untersuchung der Agrarmarkt Informationsgesellschaft (AMI).
Die Schweine, die mit dem Mobil auf Tour gehen, werden übrigens nach Ende ihrer Oberfranken-Rundreise an einen Mäster mit einem kleineren Betrieb bei Ebersbach verkauft, der sie dann weiter aufzieht, bis sie ihr Schlachtgewicht erreicht haben.