Über das Thema Reformation haben sich die Touristiker der Region besser vernetzt. Die Initiative Rodachtal sieht ihr Gebiet als interreligiösen Kulturraum.
Wandern auf dem Lutherweg, den Spuren des Reformators mit den "Lutherfindern" folgen, Tafeln wie zu Luthers Zeiten, "Schnupperpilgern" oder Übernachtung in einem "Churchhostel": Das sind nur einige Ergebnisse des Projekts "Luther und die Reformation erleben" der Initiative Rodachtal. Vor kurzem zog Anna Hertwig vom IR-Regionalmanagement im Bad Colberger "Seysinghof" Bilanz des länderübergreifenden Kooperationsprojekts, das von der RAG
Hildburghausen-Sonneberg und der LAG Coburger Land über zwei Jahre unterstützt wurde.
"Nebenbei - aber absolut gewollt - konnte das Netzwerk der touristischen Leistungsträger im Coburger Land und in Thüringen seine Zusammenarbeit vertiefen", stellte Hertwig vor Vertretern von Kirchen, Gemeinden, Partnern und Fördermittelgebern zufrieden fest. Dadurch sollen mehr Gäste ins Rodachtal gelockt und begleitet werden. Eine "touristische Wertschöpfung und Inwertsetzung", von der letztendlich die gesamte Region profitiere. "Den einzelnen Besucher interessieren nicht allein die einzelnen Orte, er will die Gegend kennenlernen", sagte Vorsitzender Martin Finzel (Ahorn). Auf die Nachhaltigkeit des Luther-Themas lege die Initiative besonderen Wert. Die Lutherfinder sollen dazu mit den Reformationsbotschaftern in Coburg verzahnt werden.
Zu Fuß oder mit dem Rad
Der Lutherweg führt von Eisfeld über Rottenbach (Lautertal), Bad Rodach, Heldburg, Meeder, Coburg, Rödental und Neustadt bis nach Sonneberg und passiert dabei mehrmals die ehemalige innerdeutsche Grenze. Dank entsprechender Wege lässt er sich gut zu Fuß oder mit dem Rad erkunden. Auch die Drehorte des Lutherfilms aus dem Jahr 2003, auf die in Ahorn, Heldburg, Seßlach und Ummerstadt mit Infotafeln hingewiesen werden soll, können in zwei Schleifen besichtigt werden. In Seßlach zum Beispiel weiß Stadt- und Lutherführer Wolfgang Schott genau, wo Joseph Fiennes und Peter Ustinov in Szene gesetzt wurden: "Ich durfte damals als Komparse dabei sein", berichtet Schott. Andere Kollegen führen Gäste zu Orten der Reformation, wie Sabine Martinez durch Bad Rodach oder Dr. Klaus Schwenk durchs Heldburger Land. Der Person und Zeit Martin Luthers können sich die Besucher aber auch bei einem Mahl nähern, indem sie wie damals tafeln.
Nicht nur wandern, sondern pilgern
Das Tour-Angebot der sechs frischgebackenen Lutherfinder wurde in einem Prospekt zusammengefasst. Vermarktet werden soll der Lutherweg auch als Pilgerweg: Dabei bieten sich als Übernachtungsmöglichkeit die "Churchhostels" an, die Pfarrer Heinrich Arnold (Untersiemau) vorstellte: Gemeindehäuser mit Matratzen, Felddecken und Waschgelegenheit für ein bis über zehn Reisende. Wer das Pilgern nur einmal ausprobieren möchte, kann das zweitägige Angebot des "Schnupperpilgerns" nutzen.
Das spannende Thema des "interreligiösen Kulturraums" (Arbeitstitel) im Gebiet der Initiative soll künftig weiterverfolgt werden. Im besonderen Fokus dabei: der Süden Thüringens. "Durch inter- und multireligiöse Bildungsarbeit möchten wir Verständnis für unterschiedliche Weltanschauungen schaffen", sagte Hertwig. Neben den evangelischen und katholischen Konfessionen gilt ein besonderes Augenmerk dem Landjudentum. Man wolle "ohne Scheuklappen" an das Thema herangehen und sich den Trend des religiösen und spirituellen Tourismus zunutze machen, auch wenn es sich nur um eine Nische handele, kündigte Finzel an. Außerdem soll laut dem Vorsitzenden das Deutsche Burgenmuseum auf der Veste Heldburg besser vermarktet werden.
Hendrik Dressel, Finzels Vorgänger als IR-Vorsitzender und jetzt "Botschafter des Rodachtals", regte an, die Kirchen in Thüringen tagsüber zu öffnen. Dies wäre "ein positives Signal in einem atheistischen Umfeld" pflichtete ihm Superintendent Johannes Haag bei. Diese Einsicht setzte sich allerdings erst langsam durch. Auch die weitere Anregung Dressels, den Lutherweg mit anderen Wegen wie dem Bibel- oder Pilgerweg zu vernetzen, will die IR umsetzen.