Mit "Zusammen leben" startet im Dezember das erste Vorhaben im Kampf gegen die Auswirkungen des demografischen Wandels im Raum Coburg. Dabei sollen Senioren Wohnraum und mehr bei ganz normalen Familien bekommen.
"Zusammen leben" lautet der Titel des ersten größeren Vorhabens, das als Folge des "Moro"-Projekt zur Sicherung der regionalen Daseinsfürsorge umgesetzt wird. Bei "Zusammen leben" sollen ältere Menschen im Coburger Land die Möglichkeit bekommen, bei Familien einzuziehen und dort nicht nur Wohnraum, sondern auch Familienanschluss und - je nach Bedarf - hauswirtschaftliche oder pflegerische Dienstleistungen zu bekommen.
"Zusammen leben" - das ist eine Idee, die so neu gar nicht ist. Schon vor zweieinhalb Jahren präsentierte Wolfgang Hasselkus, der Seniorenbeauftragte des Landkreises Coburg, gemeinsam mit einer Familie aus Grub am Forst die Idee der "Pflegefamilie für Senioren". Doch dieses Projekt scheiterte aus verschiedensten Gründen - "die Zeit war wohl noch nicht reif dafür", sagt Hasselkus heute dazu.
Jetzt kommt also "Zusammen leben". Der Kreistag hat vergangene Woche ohne Gegenstimme beschlossen, dieses zumindest in Oberfranken einmalige Projekt in Angriff zu nehmen. Die Entscheidung fiel den Kreisräten leicht, weil sich die finanzielle Belastung dadurch in Grenzen hält. 180.000 Euro stehen für die Jahre 2013 bis 2015 für "Zusammen leben" im Raum, wobei die Bundesrepublik Deutschland (50 Prozent) und der Freistaat Bayern (40 Prozent) den größten Teil der Kosten übernehmen. Auf lange Frist sieht das von Mareen Papiernik im Coburger Landratsamt betreute Konzept vor, dass sich "Zusammen leben" finanziell selbst trägt, weil die Personalkosten für die Beratung von den Familien und Senioren getragen werden.
In der Anfangsphase (2013 bis 2015) wird "Zusammen leben" im Coburger Landratsamt gesteuert. Das ist auch gut so, sagt Wolfgang Hasselkus: "Es werden noch viele Fragen auftauchen. Da ist es wichtig, dass wir gutes Personal haben." Der Seniorenbeauftragte denkt dabei in erster Linie an verwaltungsrechtliche Fragen, die zum Beispiel dann auftreten, wenn Familien Senioren aufnehmen und dabei ihr Wohnhaus seniorengerecht umbauen wollen. Die soziale Betreuung der Familien und Senioren übernimmt die Coburger Fachstelle für pflegende Angehörige. Dort wird dafür neues Personal eingestellt. "Wenn wir fünf Personen vermitteln, dann können wir damit eine halbe Stelle finanzieren", rechnete Mareen Papiernik vor dem Kreistag vor.
Als ein Mann, der sich die Seniorenarbeit zur Lebensaufgabe gemacht hat, denkt Wolfgang Hasselkus bei "Zusammen leben" weiter. Er will zum Beispiel über den Bayerischen Bauernverband Kontakt zu den Coburger Landfrauen aufnehmen, weil er gerade im dörflichen Umfeld beste Chancen für solche "Pflegefamilien" sieht. Einerseits gibt es dort immer mehr alleinstehende Senioren, andererseits bieten gerade die Bauernhöfe genug Raum, um einen älteren Menschen aufnehmen zu können. Hasselkus hat sich in Baden-Württemberg bereits über ähnlich ausgerichtete Projekt informiert und dabei erfahren: "Senioren, die wieder an die Luft und die Natur kommen, blühen regelrecht auf."
Es geht alles recht schnell Der einzige Punkt, der bei "Zusammen leben" im Kreistag auf Kritik stieß, war der Starttermin: Bereits zum 1. Dezember soll das Projekt in Angriff genommen werden. Gerold Strobel, der Sprecher der Freien Wähler, hätte sich da gewünscht, ein bisschen früher informiert zu werden. Rainer Mattern (CSU/Landvolk) hingegen rief dazu auf, bei diesem Projekt aus dem "Moro"-Vorhaben nicht allzu zögerlich zu sein: "Wir haben uns auf Moro eingelassen - nur wenn wir etwas ausprobieren, kommen wir auch weiter."