Nymphen rufen in Bad Rodacher Wäldern

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Gerhard Hübner wertet die ersten Ergebnisse aus dem Batcorder mit dem Notebook aus. Foto: Rainer Lutz
Gerhard Hübner wertet die ersten Ergebnisse aus dem Batcorder mit dem Notebook aus. Foto: Rainer Lutz
Foto: Rainer Lutz
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Foto: Rainer Lutz
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Ein Biodiversitätsprojekt der Regierung von Oberfranken im Rahmen des Aktionsprogramms bayerische Artenvielfalt führt den Biologen Gerhard Hübner in die Wälder des Coburger Landes. Er lauscht mit besonderer Technik den Stimmen der Feldermäuse auf der Suche nach einer ganz besonderen Art.

Das Forschungsobjekt von Gerhard Hübner ist ein sehr heimlicher Bewohner unserer Wälder. Bis vor zehn Jahren war die Nymphenfledermaus in Deutschland völlig unbekannt. Im Auftrag der Regierung von Oberfranken soll der Biologe jetzt herausfinden, wo Nymphen die Forste im Bezirk bevölkern. Gerade im Coburger Land gewann er erstaunliche Erkenntnisse.

Den Tieren, die Hübner kurz Nymphen nennt, auf die Spur zu kommen, ist nicht einfach. Mit rund vier Zentimetern Körpergröße und weniger als fünf Gramm auf der Waage ist sie kleiner als die Zwergfledermaus. Nur Fachleuten gelingt es, sie eindeutig zu bestimmen, sollte sie überhaupt jemand zu Gesicht bekommen. Das allerdings ist eher unwahrscheinlich. Tagsüber stecken Nymphenfledermäuse in Ritzen von Baumrinde und anderen winzigen Verstecken, wo sie kaum einer suchen würde.
Nachts sind sie zwar unterwegs, aber mit dem Auge im Flug nicht von anderen kleinen Arten zu unterscheiden.

Tonjagd mit dem Batcorder

Was Gerhard Hübner hilft, seinen Regierungsauftrag im Rahmen des Aktionsprogramms bayerische Artenvielfalt zu erfüllen, ist moderne Technik. Batcorder nennt sich ein Aufnahmegerät, das die hohen Töne aufzeichnet, die Fledermäuse zur Orientierung ausstoßen. Gestern wertete der Biologe die Aufzeichnungen von vier solcher Geräte aus, die auf den eichenbewachsenen Hügeln bei Mährenhausen und Sülzfeld aufgestellt waren. Vom Ergebnis war selbst er überrascht.

Noch vor Ort, auf dem Beifahrersitz seines Wagens, wertete Hübner die Daten grob aus. Gleich der erste Batcorder hatte 83 Fledermausrufe aufgenommen. Ein Auswertungsprogramm schreibt etwa drei viertel davon der Nymphe zu. "Genauen Aufschluss kann erst die Feinauswertung anhand der Sonogramme liefern", erklärt Gerhard Hübner. Sonogramme sind Grafiken, die Töne sichtbar machen. Nur etwa zwei Millisekunden dauert so ein Nymphenruf im Frequenzbereich zwischen 50 und 110 Kilohertz. Der Hörbereich des Menschen endet bereits bei ungefähr 19 Kilohertz. Selbst lauschen, bringt da wenig. Am Nachmittag stand das Ergebnis fest. Auf einem Batcorder waren 40 von 129 Aufnahmen von der Nymphe bei einem anderen waren es 63 von 83. Selbst wo nur wenige Rufe verzeichnet wurden, fanden sich darunter eindeutige Nymphen-Aufzeichnungen. Quasi als Beifang erfährt der Wissenschaftler gleich noch etwas über weitere Arten. So fing er Töne auf die Mopsfledermaus, Großem Mausohr, Bartfledermaus, Zwergfledermaus und Wasserfledermaus zugeordnet werden konnten. Hübner: "Der Mühlberg hat sich als echter Nymphenwald erwiesen, was man so nicht unbedingt erwarten konnte.

Leben in der Wipfelregion

Der Erfolg von Gerhard Hübners Suche kommt nicht von ungefähr. Er weiß, wo die Chance besonders groß ist, dass seine hochempfindlichen Batcorder einen Nymphenruf auffangen. Wälder mit alten Eichen und Buchen sind der Lebensraum, in dem sich Nymphen wohl fühlen. Dort scheint sie vor allem die oberen Wipfelregionen der Bäume zu bewohnen. Ein Bereich im Lebensraum Wald, in dem sie kaum anderen Fledermausarten in die Quere kommt.Am wichtigsten aber ist Wasser. "Es müssen Kleingewässer sein, schmale Bäche oder Tümpel", erklärt Hübner. Werden die Gewässer größer, ziehen sie größere Fledermausarten an. Dann macht sich die Nymphe aus dem Staub. Die kleine Art wird sogar von der nur wenig größeren Zwergfledermaus verdrängt.

Die sehr heimliche Lebensweise und die schwierige Unterscheidung lassen die Wissenschaftler annehmen, dass die Nymphenfledermaus kein Zuwanderer ist. "Sie ist wahrscheinlich eine alteingesessene Art und wurde nur vor gut zehn Jahren erst entdeckt", vermutet auch Gerhard Hübner. Bisher hat er vor allem im Nordwestlichen Landkreis Nymphenrufe auf seinen Batcordern gefunden. Dass es im Jura oder im Frankenwald und Fichtelgebirge bisher keine Nachweise gab, hat nach Hübners Meinung mehrere Gründe. Vor allem bieten große Nadelwälder der Nymphe keinen Lebensraum. Niedrigere Temperaturen scheint sie ebenso zu meiden.

Untersuchung läuft noch

Doch noch ist die Untersuchung in Oberfranken nicht abgeschlossen. Fest steht allerdings schon, dass die kleinen Flatterer neben dem Coburger Land auch alte Baumbestände in den Landkreisen Lichtenfels, Forchheim und Bamberg bewohnen. In Bamberg wurde sie sogar schon im Stadtgebiet bestätigt. Das Verbreitungsgebiet zieht sich auch weit in den unterfränkischen Landkreis Haßberge hinein, wie Gerhard Hübner weiß.

Dass die Nymphenfledermaus erst so spät entdeckt wurde, wundert den Biologen nicht. Sie gehört zur Gattung der Bartfledermäuse, deren Arten schon ohnehin nicht einfach zu bestimmen sind. Zudem tauchte sie wegen ihrer Lebensweise nie in Fledermauskästen auf, wenn bisher Artenuntersuchungen liefen. Erst molekulargenetische Untersuchungen ließen schließlich erkennen, dass es sich hier um eine eigene Art handelt, die so lange unerkannt in unseren Wäldern lebt.