Nach blutiger Attacke mit Schere bekundet Angeklagter vor dem Landgericht Coburg Reue

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Vor dem Landgericht Coburg muss sich ein Angeklagter wegen versuchten Totschlags verantworten.Foto: Jochen Berger
Vor dem Landgericht Coburg muss sich ein Angeklagter wegen versuchten Totschlags verantworten.Foto: Jochen Berger

In der Verhandlung wegen versuchten Totschlags berichten Zeugen vom aggressivem Verhalten des Angeklagten.

Ein Angeklagter, der sich als alkoholkrank bezeichnet, ein Sachverständiger, der das Gegenteil feststellt - im Prozess um einen versuchten Totschlag, der derzeit vor dem Coburger Landgericht verhandelt wird, treten Ungereimtheiten in den Aussagen des Angeklagten Abedelgabar A. auf.

Ihm wird unter anderem vorgeworfen, seinem Bekannten Ali H. am 5. Oktober 2020 mit einer Einring-Weberschere Stichverletzungen im Brustbereich zugefügt zu haben. Am zweiten Verhandlungstag standen zunächst die weiteren Taten im Mittelpunkt, die dem Angeklagten Abedelgabar A. zur Last gelegt werden.

Der Faust ins Gesicht geschlagen

Im Jahr 2018 soll er demnach im Coburger Steinweg mehreren Personen mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben, nachdem er einer hiesigen Bar verwiesen wurde, im Jahr 2019 soll er einen laufenden Polizeieinsatz massiv gestört, die Polizeibeamten beleidigt und sich einer Festnahme widersetzt haben. Am 13. September 2020 soll es erneut zu Problemen mit Polizeibeamten gekommen sein: Als eine Streife ihn anhielt, weil er beim Fahrradfahren sein Handy benutzte, habe er die Polizeibeamten beschimpft, sich ihnen widersetzt und das Dienstfahrzeug der Beamten beschädigt, heißt es in der Anklageschrift.

"Hochgradig aggressiv"

Am Freitagvormittag schildern die Geschädigten, Zeugen und Polizeibeamten, wie sie die Vorfälle erlebt haben. Der Angeklagte selbst zeigt sich dabei vor Gericht reumütig: Nach den Schilderungen der Geschädigten entschuldigte er sich bei allen "für alle körperlichen und psychischen Schäden, die er verursacht hat".

Kurz nach den Taten sah das laut Zeugenaussagen noch anders aus: Bei keinem der Geschädigten habe der Angeklagte sich unmittelbar nach den Zwischenfällen entschuldigt, ganz im Gegenteil - ein Geschädigter, der beim ersten Zwischenfall im Jahr 2018 vom Angeklagten mutmaßlich durch einen Fausthieb ins Gesicht verletzt wurde, gab an, wenige Tage nach dem Zwischenfall seine Freundin auf die Arbeit begleitet zu haben, wo der Angeklagte "ihr aufgelauert" hätte - passiert sei nichts, aber das habe seiner Freundin Angst eingejagt, so der Geschädigte.

Ein weiterer Geschädigter schildert ähnliche Vorfälle: Er habe den Angeklagten nach der Tat stellen wollen, sei aber nach einem Faustschlag gegen die Schläfe durch den Angeklagten zu Boden gegangen. Ein paar Tage nach dem Zwischenfall sei er dem Angeklagten wieder begegnet - von Reue sei da keine Spur gewesen.

Mit Pfefferspray gebändigt

Vielmehr habe ihm der Angeklagte gedroht, ihn umbringen zu wollen: "Er sah mich an und fuhr sich mit dem Finger über die Kehle." Nach der Verkehrskontrolle habe sich der Angeklagte "hochgradig aggressiv" verhalten, erinnert sich der diensthabende Polizeibeamte. Er sei nur durch den Einsatz von Pfefferspray zu bändigen gewesen - und als er in Gewahrsam war und die Wirkung scheinbar abebbte, habe der Angeklagte sich wieder "gegen uns aufgebäumt", erzählt er: "Er hat seinen Kopf gegen die Gitterstäbe geschlagen und so Gewaltbereitschaft signalisiert." Zudem habe er in Richtung der Beamten uriniert - dabei soll er den Beamten zugerufen haben: "Gefällt euch das, ihr Drecksbullen?"

Widersprüchliche Aussagen

Nicht nur im Verhalten, auch in den Aussagen des Angeklagten zeigten sich Widersprüche. Im Gespräch mit dem vom Gericht beauftragten Sachverständigen hatte der Angeklagte erzählt, vor seiner Flucht aus Syrien im Widerstand gekämpft zu haben. Dabei habe er angegeben, beim "Kampf gegen den Diktator" auch bewaffnet gewesen zu sein, so der Sachverständige. Vor Gericht hatte er in der vergangenen Sitzung ganz andere Angaben gemacht - er habe vielmehr "friedlich protestiert".

Keine Entzugserscheinungen

Vor Gericht sagte der Angeklagte außerdem, in Syrien festgenommen und gefoltert worden zu sein - im Gespräch mit dem Sachverständigen habe der Angeklagte auf Nachfrage gesagt, in Syrien nicht gefoltert worden zu sein. Mehrfach habe der Angeklagte im Gespräch mit dem Sachverständigen betont, regelmäßig Alkohol zu trinken und "alkoholkrank" zu sein. Er wolle nicht ins Gefängnis, sondern eine Therapie machen, habe er dem Sachverständigen gesagt. Der konnte in weiteren Nachfragen allerdings "kein suchtspezifisches Verhalten" feststellen - der Angeklagte zeige demnach "weder den akuten Drang, Alkohol trinken zu wollen" noch "Entzugserscheinungen oder eine Resistenz gegenüber hohen Mengen Alkohol".

Die Verhandlung wird am 30. März in Coburg fortgesetzt.