"Manchmal bin ich kein Mensch mehr"

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Christina Hein weiß manchmal nicht mehr, wo ihr der Kopf steht. "Wenn ich am Dienstag um fünf von der Schule nach Hause komme, bin ich gar kein Mensch mehr", sagt sie offen und weiß, dass unter der schlechten Laune dann auch ihre Familie leidet. Foto: Christiane Lehmann
Christina Hein weiß manchmal nicht mehr, wo ihr der Kopf steht. "Wenn ich am Dienstag um fünf von der Schule nach Hause komme, bin ich gar kein Mensch mehr", sagt sie offen und weiß, dass unter der schlechten Laune dann auch ihre Familie leidet. Foto: Christiane Lehmann

Christina Hein (16) ist keine besonders gute Schülerin, steckt aber voller Talente. Soziale Mit-Verantwortung ist ihr wichtig. Doch die Schule lässt ihr immer weniger Zeit für ihre Ehrenämter.

Coburg — Es war gar nicht so einfach einen Termin bei Christina Hein zu bekommen. Die 16-jährige Gymnasiastin "opferte" ihre Mittagspause, um uns einen Blick in ihren Wochenplan zu gewähren. Eigentlich ist die Stunde zwischen 13 und 14 Uhr für ihre Freundinnen reserviert. Da essen die Mädchen was, bummeln ein bisschen durch die Stadt und genießen die wenige freie Zeit, die sie haben.
37 Wochenstunden stehen bei Christina auf dem Stundenplan. Morgens verlässt sie um 6.50 Uhr das Haus, am Dienstag und Mittwoch kommt sie erst gegen 17 Uhr nach Hause. "Da bin ich manchmal gar kein Mensch mehr", sagt das Mädchen, das sonst so viel Mensch ist: Ministrantin, Musikerin, Gruppenleiterin beim Jugendrotkreuz und im Herzen auch immer noch Pfadfinderin. Doch vor zwei Jahren musste sie bei den Weltenbummlern aufhören. "Das war einfach zu viel. Ich war in jeden Ferien unterwegs und leitete zusammen mit einer Freundin eine Kindergruppe mit 32 Fünf- bis 13-Jährigen."
Viele ihrer Mitschüler musste das ein oder andere Freizeitaktivität aufgeben, weiß sie. "Hobby und Schule lässt sich kaum vereinbaren", sagt die 16-Jährige aus Erfahrung. Dabei gehört sie wohl immer noch zu den wenigen, die sich den "Luxus" ehrenamtliches Engagement gönnt. Neben ihrer Leidenschaft fürs Saxofon, gehört die Leitung der Jugendgruppe beim Roten Kreuz in Rödental zu ihren Lieblingsbeschäftigungen: "Die Arbeit mit Kindern macht mir total viel Spaß. Ich finde es schön, ihnen beizubringen, wie sie anderen helfen können, sie zu erziehen, bei so was nicht wegzuschauen!"

Eltern sind Vorbilder

Christina Hein hat Eltern, die ihr, wie sie selbst sagt, immer Vorbild waren: Ihr Vater ist Krankenpfleger und ehrenamtlich beim Roten Kreuz tätig, außerdem im Gesangverein aktiv. Ihre Mutter ist Krankenschwester und engagiert sich in der katholischen Kirche, organisiert Zeltlager und betreut Kommunionkinder. Die Tochter ist stolz auf ihre Eltern und weiß, was diese leisten.
Dass sie selbst immer weniger Zeit für den Ministrantendienst hat, bedauert sie schon. Aber die Schule geht vor. Die Neuntklässlerin sagt selbst, dass sie "nur eine mittelmäßige Schülerin" ist. In Latein muss sie büffeln - auch am Samstag und Sonntag. Unter der Woche bleibt dafür zu wenig Zeit. Wenn nämlich Big-Band-Probe im Albertinum ist, wird's manchmal sogar noch später als 17 Uhr. Und dann geht nichts mehr in den Menschen-Kopf rein.