Literatur aus der Badewanne

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Schauspieler Nils Liebscher, der in "Antigone" König Kreon verkörpert, beim Vorlesen in der Buchhandlung Thalia... Foto: Daniela Pondelicek
Schauspieler Nils Liebscher, der in "Antigone" König Kreon verkörpert, beim Vorlesen in der Buchhandlung Thalia... Foto: Daniela Pondelicek
...und in seiner Rolle auf der Bühne mit den Wannen. Foto: Jochen Berger
...und in seiner Rolle auf der Bühne mit den Wannen. Foto: Jochen Berger
 
Matthias Straub, Schauspieldirektor am Landestheater Coburg. Foto: Jochen Berger
Matthias Straub, Schauspieldirektor am Landestheater Coburg. Foto: Jochen Berger
 

Das Landestheater hat am Samstag in Coburger Geschäften auf besondere Weise für sein aktuelles Stück "Antigone" geworben.

In sieben Läden in der Coburger Innenstadt finden die Kunden am Samstagvormittag dort, wo eigentlich Bücher, Geschenkartikel oder Kleidung stehen sollten, Badewannen vor. Der weiße Lack ist zerkratzt und wenn man genau hinsieht, zeichnen sich auf den Wannen sogar Blutspuren ab. Auf den ersten Blick gruselig, auf den zweiten harmlos: Das Landestheater wirbt hier für sein Stück "Antigone", in dem solche Badewannen wichtige Requisiten sind. Die beteiligten Schauspieler sprechen in ihrer jeweiligen Rolle die Menschen in den Geschäften an, verteilen Flyer oder legen sich in die Badewanne, um Texte über das Stück vorzulesen.
"Das wichtigste war für uns, den passenden Platz für die Wanne zu finden", erklärt David Möckel, Filialleiter der Buchhandlung Thalia. Einerseits sollten möglichst viele Leute auf die Aktion aufmerksam gemacht werden. "Gleichzeitig mussten wir auch sichergehen, dass Laufwege nicht beeinträchtigt werden." Die Rücksprache mit dem Landestheater sei hervorragend gelaufen. "Wir haben die Plakate zeitnah aufhängen können und haben schnell die Erlaubnis bekommen, auch auf unserer Internetseite etwas darüber zu veröffentlichen", sagt Möckel. Für ihn sei es selbstverständlich gewesen, dem Landestheater in seinem Laden eine Bühne zu bieten. "Als Buchhandlung sind wir selbst auch ein Haus der Kultur, da unterstützen wir das Theater natürlich gerne."


Innehalten im Einkaufsstress

Gitta Hofrichter wollte eigentlich nur ein Buch abholen, als sie auf die Aktion des Landestheaters aufmerksam wird. "Als ich die Badewanne hier im Laden gesehen habe, dachte ich mir schon, dass es etwas mit ,Antigone‘ zu tun haben könnte", erzählt sie. Sie selbst gehe sehr gerne ins Theater. "Antigone habe ich mir erst vor kurzem angesehen und war begeistert." Das Stück sei sehr schön inszeniert.
Schauspieler Nils Liebscher, der auf der Bühne König Kreon von Theben verkörpert, habe den Text am Samstag in der Buchhandlung sehr gut vorgetragen. "Mich wundert nur, dass nicht noch mehr Leute stehen geblieben sind, um zuzuhören", sagt Gitta Hofrichter. Wahrscheinlich liege das aber daran, dass das Treiben am Samstagvormittag in der Innenstadt immer so hektisch ist. "Viele sind dann einfach zu gestresst, um innezuhalten."
"Wir haben heute eine überschaubare Menge an Menschen erreicht, aber man kann trotzdem sagen, dass sich die Aktion gelohnt hat", sagt Schauspieldirektor Matthias Straub. Bei den Passanten habe er die verschiedensten Reaktionen beobachtet. "Manche haben uns insgeheim wohl für verrückt erklärt, andere haben uns belächelt, aber viele sind auch neugierig geworden." Es habe aber auch viel positives Feedback für "Antigone" gegeben. "Ein paar Leute, die sich das Stück schon angesehen hatten, sind auf die Schauspieler zugegangen und haben sie für ihre Arbeit gelobt."


Spontane Idee

Die Idee, in den Geschäften für das Stück zu werben, sei recht spontan gekommen. "Wir wollten zeigen, dass wir in der Stadt präsent sind", erklärt Matthias Straub. Es war von vornherein klar, dass die Aktion auch irritieren würde. "Für manche ist es verwirrend, wenn Theater plötzlich direkt vor ihren Augen stattfindet, aber vielleicht braucht es genau das, um das Theater wieder in das Bewusstsein der Menschen zu rücken", erklärt er.
Für die Schauspieler ist die Aktion eine große Herausforderung: Stehen sie sonst immer vor großem Publikum, das gespannt das Geschehen auf der Bühne verfolgt, müssen sie nun um die Aufmerksamkeit der Passanten kämpfen. "Es ist ganz schön frustrierend, wenn die Leute einfach vorbeigehen, ohne mich zu erkennen", sagt "König Kreon" - Nils Liebscher. Schwierig sei auch die Wahl gewesen, was genau er in den Geschäften machen wolle. "Zuerst habe ich mir überlegt, meinen Monolog vorzutragen, aber ich habe mich dagegen entschieden." Das wäre wohl nicht im Sinne von Sophokles, dem Verfasser von "Antigone", gewesen. "In der Antike galt das Theater als etwas Heiliges, da fühlt es sich falsch an, einen Teil des antiken Stückes außerhalb des Theaters aufzuführen", sagt Liebscher.
Stattdessen habe er die Vorgeschichte des Krieges um Theben vorgelesen. "Ich habe viele Bücher gelesen, um mich auf meine Rolle vorzubereiten", sagt er. Das Stück könne er jedem nur ans Herz legen. "Wir zeigen eine tolle Geschichte, die konsequent auserzählt wird." Eigentlich sei geplant gewesen, dass er die ganze Zeit auf der Bühne stehe, das habe man in den Proben aber verworfen. "Nun kann ich mich neben die Bühne stellen und zuschauen, wenn ich nicht dran bin. Es ist jedes Mal ein schönes Erlebnis."