Das Gericht nimmt einem 40-jährigen Geschäftsmann nicht ab, er sei nur ein Dolmetscher für Drogengeschäfte aus Tschechien gewesen. Nun muss er für fünf Jahre und neun Monate seine Strafe absitzen.
Weil er nicht geringe Mengen von Crystal Speed und Marihuana nach Deutschland eingeführt und damit im Raum Coburg gehandelt hat, musste sich am Montag ein Staatsbürger aus Tschechien vor dem Coburger Landgericht verantworten. Der 40-jährige Geschäftsmann aus Sokolov muss für fünf Jahre und neun Monate hinter Gitter. Die erste große Strafkammer unter dem Vorsitz von Richter Christoph Gillot folgte damit weitgehend dem Plädoyer von Staatsanwalt Michael Koch.
Der einschlägig vorbestrafte Beschuldigte wickelte seine Drogengeschäfte von Anfang Januar 2013 bis zu seiner Verhaftung Ende September 2014 im Landkreis Coburg ab. Aufgrund eines europäischen Haftbefehls wurde der Mann im Sommer 2015 nach Deutschland ausgeliefert, wo er in der JVA Kronach einsitzt. Die Kammer sah es als erwiesen an, dass der Mann von Tschechien aus seine Geschäfte tätigte, er führte demnach größere Mengen an Crystal Speed und Marihuana nach Deutschland ein und verkaufte diese an eine Frau und zwei Männer, die im Raum Coburg leben. Einen davon kannte der 40-Jährige aus dem Gefängnis. Der Angeklagte saß wegen Drogendelikten bereits von November 2008 bis zur seiner Abschiebung im Oktober 2011 in Deutschland hinter Gittern. Dort lernte er den 33-Jährigen aus dem Landkreis Coburg kennen; nach der Verbüßung der Strafe traten die beiden wieder in Kontakt.
Drogengeschäfte aus Geldnot
Der 33-Jährige sagte im Zeugenstand aus, dass er nach seiner Haftentlassung aus Geldnot wieder mit den Drogengeschäften begonnen habe. "Ich kannte Abnehmer und ich wusste, wo ich es bekomme." Die Geschäfte liefen folgendermaßen über die Bühne: Die Coburger bestellten telefonisch in Tschechien die heiße Ware und vereinbarten die Modalitäten. Da der Angeklagte aufgrund seiner Vorstrafe nicht nach Deutschland einreisen durfte, wurde ein Kurier beauftragt. "Der Russe" holte Schrottautos in Lautertal ab, brachte die Drogen im gleichen Zuge mit und erhielt dafür Geld; bis zu 7000 Euro wurden pro Deal bezahlt. "Das Crystal Speed", so Staatsanwalt Michael Koch, "hatte jeweils einen Mindestgehalt von 56,9 Prozent Methamphetaminbase und damit war der Grenzwert zur geringen Menge überschritten."
Auf der Anklagebank sitzend machte der Angeklagte mithilfe einer Dolmetscherin erstmals Angaben zur Sache. Er bestritt den Deal zwar nicht, schob aber die Schuld auf den "Russen", von dem er allerdings weder den Nachnamen noch den Wohnsitz kennen wollte. Seiner Version nach habe dieser besagte "Russe" die Geschäfte eingefädelt. Da der Kurier überhaupt kein Wort Deutsch spreche, habe der 40-Jährige lediglich als Übersetzer fungiert, er habe keinen Profit daraus gezogen und erst zu spät gemerkt, dass er missbraucht werde.
Richter Gillot zeigte sich verwundert. "Einem Menschen, dessen Namen sie nicht kennen, haben Sie so sehr geholfen?"
Der Angeklagte, so der Richter weiter, habe doch bereits am eigenen Leibe erlebt, was passiert, wenn man sich mit Drogen einlasse. Gillot: "Warum haben Sie sich wieder darauf eingelassen?"
Letztendlich widerlegten die Aussagen der Coburger, insbesondere die des "Knastbruders", die Version des Angeklagten. Auch ausführliche Chat-Gespräche ließen den Schluss zu, dass es sich bei dem Beschuldigten um den Mann handelt, der die Geschäfte mit der heißen Ware abgewickelt hat.
Staatsanwalt Koch forderte für 15 Fälle eine Gesamtstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten. Der Rechtsanwalt Inigo Schmitt-Reinholtz sah den Angeklagten nur als Gehilfen und plädierte für eine Freiheitsstrafe von nicht mehr als vier Jahren. Richter Gillot folgte in seiner Urteilsbegründung den Ausführungen des Staatsanwaltes und schenkte dem Angeklagten keinen Glauben. Richter Gillot: "Nach gesundem Menschenverstand ist es schlicht nicht nachvollziehbar." Bei Crystal Speed handele es sich um eine sehr gefährliche Droge, die zu Hirnschäden und einer schnellen Abhängigkeit führe, begründete der Richter sein Urteil weiter.
Der Angeklagte und sein Anwalt ließen offen, ob sie gegen das Urteil Revision einlegen.