Krebspest im Landkreis Coburg: stilles Drama unter Wasser

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Da ist der Bösewicht: Der Signalkrebs hat sich in allen größeren Flüssen und Bächen des Coburger Landes ausgebreitet. Im Gegensatz zu den heimischen Krebsarten kann er der Pilzkrankheit der Krebspest standhalten.Foto: Bohl
Da ist der Bösewicht: Der Signalkrebs hat sich in allen größeren Flüssen und Bächen des Coburger Landes ausgebreitet. Im Gegensatz zu den heimischen Krebsarten kann er  der Pilzkrankheit der Krebspest standhalten.Foto: Bohl

Die Krebspest als Krankheit und der Amerikanische Signalkrebs als Konkurrent um den Lebensraum machen den einheimischen Krebsen in der Region Coburg das Leben schwer. Wo es immerhin noch ganz kleine Vorkommen einheimischer Arten gibt.

Den heimischen Krebsarten im Coburger Land geht es schlecht: Der Klimawandel lässt die Temperaturen in den Gewässern steigen, dazu breitet sich derzeit wieder eine Krebspest-Welle in die Flüssen und Bächen aus.

Fischereifachberatung schlägt Alarm

Dr. Thomas Speierl, Leiter der Fischereifachberatung des Bezirks Oberfranken, schlägt Alarm: "Wir müssen davon ausgehen, dass wir im Vergleich zur letzten Kartierung vor zwölf Jahren einen Nachweisrückgang von rund 80 Prozent bei Stein- und Edelkrebsen haben." Nur der vor vielen Jahren eingeschleppte Signalkrebs hält sich wacker in der Itz und anderen großen Gewässern der Region.

Einheimische Krebsarten kaum noch vertreten

Der Ärger mit dem Amerikanischen Signalkrebs und damit auch der Krebspest hat im Coburger Land eine lange Geschichte. "Unsere Flusskrebs-Bestände sind mehr oder weniger schon seit den 60er Jahren kaputt", sagt Frank Reißenweber, der als fachlicher Geschäftsführer des Coburger Landschaftspflegeverbandes an zahlreiche Projekten zur Renaturierung von Gewässern beteiligt war. Egal, ob Itz, Rodach oder Sulz - in sämtlichen größeren Gewässern sei der Signalkrebs inzwischen flächendeckend vorhanden, die einheimischen Arten hingegen kaum mehr.

Wo die Eindringliche noch nicht hingekommen sind

Aber es gibt noch Ecken, wo der Eindringling noch nicht hingekommen ist. "Reliktvorkommen" heißen diese, erklärt Fischereifachmann Speierl. In Oberläufen kleiner Gewässer könne man sogar noch die seltenen Steinkrebse finden, berichtet Frank Reißenweber.

Dort, wo das Wasser kalt und frisch sei und Quellqualität habe. Meist liegen diese Abschnitte an Gewässer-Oberläufen, oft auch im Wald. Zur Arterhaltung des früher weit verbreiteten Flusskrebses habe es vor nicht allzu langer Zeit über die Bayerischen Staatsforsten ein Ansiedlungsprojekt in abgelegenen Teichen des Häslichsgrunds (Stadtgebiet Rödental) gegeben.

Die Erfolgsaussichten sind da gut, schätzt Frank Reißenweber: "Die Krebse fühlen sich in Teichen mit sauberem Wasser wohl. Dort können sie als isoliertes Vorkommen durchaus überleben." Es dürfe sich halt bloß nicht die Krebspest dort irgendwie einschleppen. Der letzte große Ausbruch der Krebspest war in den Jahren 2013 bis 2015. Damals seien die für die Krankheit verantwortlichen Pilz-Sporen über Thüringen nach Oberfranken bekommen, berichtet Thomas Speierl.

In quellnahen Bereichen gibt es noch größere Vorkommen von Edelkrebsen

In einigen Nachbarlandkreisen gibt es noch Ecken, die von der für Krebse meist tödlichen Pilzkrankheit verschont geblieben sind. Aus dem Lichtenfelser und Bamberger Raum weiß Dr. Thomas Speierl, dass es in manchen quellnahen Bereichen von Gewässern droben auf dem fränkischen Jura noch größere Vorkommen von Edelkrebsen gibt. Eine kühle Wassertemperatur vermutet der Fischereifachberater als Ursache, warum sich der Siegeszug des Signalkrebses noch nicht bis da hin fortgesetzt hat.

Selbst der Signalkrebs leidet

Aber selbst der so unverwüstliche Signalkrebs - dem auch höhere Temperaturen, trübes Wasser und geringere Sauerstoffsättigung nichts ausmachen - hat derzeit in der Itz offensichtlich einen schweren Stand. Adrian Vorndran von der Seidmannsdorfer Fischzucht hat seine Reußen rund um Coburg im Fluss stehen und sagt: "Es gibt nicht so viele Krebse wie in den vergangenen Jahren.

Da ist das Wetter schuld." Nach Einschätzung des Fischzüchters, der jedes Wochenende Krebse in seinem Laden in Seidmannsdorf verkauft, haben die vielen Regenfälle das Wasser der Itz so trübe gemacht, dass sich dort die Krebse nicht so recht vermehren wollen. Ein paar Flusskilometer abwärts teilt Gerhard Kanzler vom Großheirather Fischereiverein die Einschätzung des zurückgegangenen Bestandes.

Aber er hat, zumindest für die untere Itz, eine andere Erklärung: "Wir setzen bewusst sehr viele Forellen in die Itz ein. Die fressen gerne kleine Krebse." Auf jeden Fall sei es so, dass bei den Forellen aus der Itz in den vergangenen Jahren ihr rotes Fleisch auffalle. Das komme bestimmt vom hohen Anteil an Krebsen in der Ernährung.

"Mehr schlecht als recht"

Dass man mit Forellen und Reußen die gesamte Signalkrebs-Population und damit die Krebspest aus der Itz bekommen kann, sollte man aber nicht hoffen. Frank Reißenweber weiß zwar, dass auch die eingeschleppte Art nur "mehr schlecht als recht" mit der für den Menschen für Wirbeltiere völlig ungefährlichen Krankheit auskommt - aber sie sei eben hart im Nehmen. "Selbst wenn man denkt, der Bestand wäre weg, sind ein Jahr später die Reußen wieder voll", sagt der Diplom-Biologe. Man müsse sich im Coburger Land wohl damit abfinden, dass es keine Möglichkeit mehr gibt, den Signalkrebs loszuwerden.

Wenigstens kann man sie essen

In der Fischereiberatung bei der Regierung von Oberfranken spielt das Thema der heimischen Krebse eine wichtige Rolle. In der Fisch-Aufzuchtanlage des Bezirks in Aufseß (Landkreis Bayreuth) züchten Thomas Speierl und seine Kollegen Edelkrebse, mit denen die heimischen Gewässer besetzt werden. Und für den Amerikanischen Signalkrebs als Einwanderer haben sie dort auch eine Lösung gefunden: In den Weiterbildungskursen zum Thema "Krebse", die auch für die Öffentlichkeit zugänglich sind, gibt es einen gesonderten Abschnitt nur für Zubereitung der Signalkrebse. "Nützen und schützen" sei das Motto, sagt der Fischereifachberater.

So sehen sie es auch beim Fischereiverein in Großheirath: Dort hat es in den Sommerferien wieder die eine Itz-Exkursion mit Kinder gegeben. Die schließt traditionsgemäß mit einem gemeinsamen Krebs-Essen. Er muss ja wenigsten für was gut sein, dieser unerwünschte Eindringling.