Knappe Kasse in Weidhausen

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Lieber gar nicht nachmessen. Wie hier in der Hallstraße schaut es in Weidhausen auf zahlreichen Straßen aus. Aber bei nur 20 000 Euro, die heuer für den Straßenunterhalt zur Verfügung stehen, bleiben Markus Mönch (Bild) und den Mitarbeitern im Rathaus nur die Flickschusterei. Foto: Berthold Köhler
Lieber gar nicht nachmessen. Wie hier in der Hallstraße schaut es in Weidhausen auf zahlreichen Straßen aus. Aber bei nur 20 000 Euro, die heuer für den Straßenunterhalt zur Verfügung stehen, bleiben Markus Mönch (Bild) und den Mitarbeitern im Rathaus nur die Flickschusterei.  Foto: Berthold Köhler

Keine Gemeinde im Landkreis hat heuer so geringe finanzielle Möglichkeiten wie Weidhausen. Bürgermeister Markus Mönch muss deshalb eher langfristig planen.

Bürgermeister Markus Mönch (parteilos) und seine Mitstreiter im Gemeinderat sind wahrlich nicht zu beneiden. Denn sie haben im Jahr 2014 eigentlich kein Geld zur Verfügung, um irgendwelche Investitionen zu tätigen oder Projekte zu verwirklichen. "Freilich würde ich gerne einmal einen neuen Spielplatz einweihen. Aber die Situation ist nun einmal so, dass das derzeit nicht drin ist", sagt Markus Mönch ganz pragmatisch. Im Gespräch mit dem Tageblatt erzählt Mönch, der 2008 gewählt wurde und im kommenden Jahr wieder zur Wahl antritt, von Aufgaben, Ideen und Projekten, die sich auch ohne dicken Geldbeutel auf den Weg bringen lassen.

Es wird wohl kaum eine Gemeinde im Landkreis Coburg geben, die finanziell so eingeschränkt ist wie Weidhausen.
Wie lebt es sich als Bürgermeister in einem Ort, in dem sich der Gemeinderat eigentlich gar nicht treffen bräuchte, weil eh nichts zu investieren ist?

Markus Mönch: So neu ist die Situation ja nicht, sie war in den vergangenen beiden Jahren nicht anders. Und nur weil eine Gemeinde keine freie Finanzspanne hat, heißt das ja nicht, dass man im Gemeinderat nichts zu bereden hat. Ich würde eher sagen: Wir haben ein Saures-Gurken-Jahr. Da kann sich der Gemeinderat langfristige Gedanken über die Zukunft von Weidhausen machen.

Aber jeder Bürgermeister muss doch Visionen, Ziele oder Projekte im Kopf haben. Wie gehen Sie damit um, dass nichts geht?
Die Realität ist nun einmal so: Mehr als Mangelverwaltung ist momentan nicht drin. Das war gerade am Anfang meiner Amtszeit sehr, sehr ernüchternd. Manchmal wird man auch müde, die Situation den Bürgern immer wieder erklären zu müssen. Aber ich will, dass die Leute draußen verstehen, warum wir so handeln müssen. Wenn wir uns freigeschwommen haben, dann können wir über Projekte reden. Und so lange wird das auch nicht mehr dauern.

Einer der entscheidenden Faktoren bei der schwierigen finanziellen Situation der Gemeinde ist der Gewerbepark. Da sitzt die Gemeinde noch auf einem gewaltigen Schuldenberg. Ist man da als Bürgermeister nicht sauer, auf die, die einst den Gewerbepark auf den Weg gebracht haben?
Ich erhebe da keine Vorwürfe. Jeder Gemeinderat entscheidet zu seiner Zeit nach bestem Wissen und Gewissen. Wer sagt denn, dass wir in den Jahren 2008 bis 2013 keine Entscheidungen getroffen haben, die sich langfristig als nicht richtig erweisen werden? 20 Jahre später irgendjemand irgendwelche Entscheidungen übel zu nehmen, bringt doch nichts.

Aber Tatsache ist: Viele Schulden, hohe Zinsen, kleine Tilgungsraten - so sieht die Realität beim Gewerbepark aus. Wie sind die aktuellen Zahlen?
Es stehen noch 2,2 Millionen Euro Schulden, von denen wir laut Vertrag momentan nicht mehr als 80 000 Euro pro Jahr abstottern können. Das heißt: Selbst wenn wir jetzt eine Firma finden, die sich dort ansiedeln will, können wir mit dem Erlös eines Grundstücksverkaufes keine Sondertilgung vornehmen. Am 31. Dezember 2016 läuft die Zinsbindung aus. Ideal wäre es, wenn wir bis dahin möglichst viel Geld in einer Rücklage hätten, um einen größeren Betrag auf einmal zu tilgen.

Gibt es Hoffnungen, dass sich eine Firma im Gewerbepark Weidhausen niederlässt?
Es hat in den vergangenen Jahren immer wieder Anfragen gegeben, aber leider sind diese bislang allesamt im Sande verlaufen. Aber ich bleibe dabei: In fünf Minuten auf der Autobahn, direkt an der Bundesstraße 303 - zentraler als in unserem Gewerbepark kann man sich nicht ansiedeln.

Und mit was soll sich jetzt der Gemeinderat in den nächsten zwei, drei Jahren beschäftigen?
Gute Projekte brauchen immer einen gewissen Vorlauf. Aus dem "Moro"-Arbeitskreis für Schule und Bildung haben wir das Projekt "Bildungshaus" in der Schublade. Mit diesem sollen die Grundschule und der Kindergarten inhaltlich näher zusammenrücken. Da sich beide ohnehin schon im gleichen Gebäude befinden, ist die Konstellation ja ideal. Dieses Projekt kann und wird stattfinden, idealerweise schon ab 2015/2016.

Hätte das Bildungshaus Auswirkungen auf die derzeitigen Strukturen der Schulen im östlichen Landkreis?
Hinter dem Projekt steckt eine gewisse einheitliche pädagogische Philosophie. Deshalb wäre es vermutlich die Ideallösung, dass die dritten und vierten Klassen aus Schneckenlohe zurück nach Weidhausen kommen. Darüber muss man offen reden. Solche Entscheidungen brauchen einen gewissen Vorlauf.

Nehmen wir einmal an, die Regierung von Oberfranken ruft bei Ihnen an und sagt: "Herr Mönch, wir haben fünf Millionen Euro Fördermittel zur Verfügung. Nennen Sie uns schnell ein gutes Projekt, das Sie verwirklichen wollen!" Was würden Sie da nennen?
Dann würde ich vorschlagen, dass die Gemeinde Weidhausen das Grundstück gegenüber dem Rathaus kauft und dort ein Bürgerzentrum errichtet. Ein Haus mit Veranstaltungsräumen und als Treffpunkt für alle Generationen. Das wäre eine Aufwertung des Ortszentrums, wie wir sie wirklich gut gebrauchen könnten.

Na, da brauchen Sie ja bloß nach Sonnefeld schauen. Dort scheint es, als ob Ihr Bürgermeisterkollege Rainer Marr zum Ende seiner Amtszeit ein solches Projekt verwirklicht bekommt. Wird man da nicht neidisch?
Nein, von Neid kann hier nicht die Rede sein. Ich sehe so etwas höchstens als Ansporn. Und ich finde es aus Sicht des Gemeinderates auch als verlockendes Ziel, dass wir 2020 sagen können: Wir haben es geschafft, die Gemeinde aus einer Talsohle herauszuholen. Darauf könnte man wirklich stolz sein. Aber wissen Sie, was mir wirklich stinkt?

Sie werden es uns sicher gleich verraten...
Die Situation unserer Straßen. Die stinkt mir. Denn Straßen sind ein Teil der Infrastruktur, den der Bürger täglich nutzt und dabei leidvoll spürt, wenn lange nichts mehr gemacht wurde. Und das ist bei uns der Fall. Langfristig gesehen, ist dieser erzwungene Sparkurs freilich katastrophal. Wenn Du jahrelang nicht zum Zahnarzt gehst, dann sind halt auch gleich acht Zähne kaputt und nicht bloß einer. Ähnlich ist es mit den Straßen. Da siehst und spürst Du jedes Jahr.

Das Gesprächführte Berthold Köhler