In der Fechheimer Kirche blättert die Tragschicht der Deckengemälde vom Unterputz ab wie eine Eierschale. Weil alle herkömmlichen Mittel nicht für den nötigen Halt sorgen, soll ein Speziallabor nun ein ganz neues Bindemittel entwickeln, um die Kunstwerke zu erhalten.
Kirchenmaler Schuster kam aus Südtirol. Das ist das Problem. Anfang des 18. Jahrhunderts gehörte er zu den Besten seiner Kunst. Darum wurde er geholt, um die Michaelskirche in Fechheim zu verzieren. Als eine der beiden Urkirchen im Coburger Land (neben Meeder) hat sie eine hohe Bedeutung. Deshalb wurde besonderer Wert auf die Kirchenmalerei gelegt. "Schuster arbeitete mit den Materialien unserer Gegend so, wie er es mit den Materialien aus seiner Heimat kannte", erklärt Rainer Mattern. Das war offenbar ein Fehler, wie der Geschäftsführer des Kirchengemeindeamts feststellen muss.
Die Fresken sollten einen besonders feinen Untergrund haben. Besonders feinen Sand gab es bei Wellmersdorf. Damit arbeitete Schuster - und mit einem besonders feinen Lehm aus der Gegend. Das ergab einen Untergrund, der, ohne gebrannt zu werden, eine Oberfläche bildete, die fast wie Keramik wirkt. Allerdings hält sie schlecht auf dem Unterputz der Kirchendecke.
Das hat auch Schuster bereits gemerkt, als er 1706 an der Kirche arbeitete, deren Schiff in den vier Jahren davor neu errichtet worden war.
Gummiharze eingearbeitet Der Südtiroler wusste sich zu helfen. Damit der Grund für seine Fresken an der Decke blieb, mengte er Gummiharze in die Masse. "Das ist sehr ungewöhnlich für diese Zeit", sagt Ursula Drewello. Sie hat an Proben aus der Michaelskirche bereits chemische Untersuchungen durchgeführt. Das Labor Drewello & Weißmann wurde hinzugezogen, weil Kirchenrestaurateur Rainer Fick erklärte: "Ich bin am Ende meiner Möglichkeiten angekommen". Alle bekannten Mittel versagen, wenn es darum geht, die Feinschicht der Fresken mit dem Unterputz zu verbinden. "Die bekannten Kleber binden entweder oder sie fließen.
Wir brauchen hier aber etwas, das fließt und bindet", fasst er das Problem zusammen.
Der Plan ist, die Schicht der Fresken mit diesem Mittel zu unterspritzen, so dass die Kunstwerke dort bleiben, wo sie hingehören - an der Decke. Dass im vergangenen Jahr ausgerechnet das Bildnis des Heiligen Michael als Namenspatron der Kirche abstürzte, führte zur Schließung des Gotteshauses. Seither wird am Erhalt der wertvollen Decken gemälde gearbeitet. Jetzt bremst die vor Jahrhunderten aus Unwissenheit begangene Bausünde den Fortgang und beschleunigt den Anstieg der zu erwartenden Kosten.
Kosten noch unklar "Wir müssen jetzt erst genau herausfinden, was getan werden muss. Dann erst können wir den Kostenrahmen abschätzen", betont Rainer Mattern.
Weil das Problem inzwischen den Rahmen einer gewöhnlichen Restaurierung deutlich übersteigt, kamen gestern Fachleute des Landesamtes, der Kirchenverwaltung mit Restaurateur und Vertreterin des Chemielabors ganz oben auf dem Gerüst unter der Decke der Kirche zusammen. Alle sind sich einig, dass die Deckengemälde erhalten werden müssen.
Landesamt, Landeskirche und Stadt Neustadt werden sich an den Kosten beteiligen. Doch Rainer Mattern rechnet damit, dass auch Spenden nötig sein werden, damit die Michaelskirche wieder mit ihren wunderbaren Gemälden glänzen kann.
Nun sind die Chemiker gefragt. "Wir brauchen etwas, das eine Wasser liebende Schicht mit einer Wasser abweisenden Schicht verbindet", sagt Ursula Drewello. Das klingt einfacher, als es gemacht werden kann. Doch nur wenn so ein Mittel gefunden wird, können die Bruchstücke der Fresken wie ein Puzzle wieder an der Decke befestigt werden.