Mit dem Beschluss der Regierung von Oberfranken zur Planfeststellung darf Tennet an der Stromtrasse bauen. Der Widerstand in der Region Coburg ist aber nicht ganz erloschen.
Beinahe hätten die Gegner der 380-kV-Leitung aufgeatmet. Schließlich wurde verkündet, dass Bayern sich im Bund durchgesetzt und eine Stromtrasse durch Oberfranken abgewendet hat. Auf einen schnellen zweiten Blick wurde aber deutlich, dass es nicht "unsere" Trasse durch das Coburger Land ist, die nicht gebaut werden soll. Im Gegenteil, für ihren Abschnitt in Franken wurde jetzt der Planfeststellungsbeschluss erlassen. Sie kann gebaut werden.
"Wir lassen es drauf ankommen" "Wir haben den Beschluss noch nicht bekommen", sagt Ingo Schulz von der Bürgerinitiative gegen die 380-kV-Leitung. Seine Familie ist als Grundeigentümer betroffen. Er weiß, dass andere Grundeigentümer bereits die Kaufangebote der Trassenbauer von Tennet angenommen haben - spätestens nachdem der Bauernverband die Angebote als akzeptabel bezeichnet hatte.
Für Schulz steht fest: "Wir lassen es drauf ankommen."
Er wird wohl in Kürze von Tennet kontaktiert werden. Bis Ende des Jahres soll die Leitung unter Strom stehen. Für jeden Maststandort muss nun ein Baufeld angelegt, eine Zufahrt geregelt werden. "Darüber hat auch noch keiner mit uns gesprochen", erklärt Ingo Schulz.
Allerdings war ja bisher auch noch kein Planfeststellungsbeschluss auf dem Tisch. Es stand also noch gar nicht sicher fest, ob die Masten dort stehen werden, wo sie im Plan eingezeichnet waren.
Immerhin ein kleiner Erfolg So blieb lange in der Schwebe, ob die Leitung nach dem Übergabepunkt an der Grenze zu Thüringen auf der Seeseite oder nahe dem Dorf Weißenbrunn entlang der ICE-Neubaustrecke über das Itztal führen sollte.
Problem: Am Froschgrundsee wird eine Reiherkolonie beeinträchtigt, auf der Dorfseite die gebotene Distanz zur Wohnbebauung unterschritten. "Das sehen wir zumindest als kleinen Erfolg unserer Initiative", kommentiert Ingo Schulz die Entscheidung der Regierung von Oberfranken, die Trasse über den See zu führen. Immer wieder waren die Bürger auf die Straße gegangen, um zu zeigen, dass sie die Stromtrasse gar nicht wollen. Und wenn, dann wenigstens so weit als möglich von der Wohnbebauung entfernt.
Kaum noch Hoffnung Noch haben die Betroffenen die Möglichkeit, gegen den Beschluss der Regierung vor das Bundesverwaltungsgericht zu ziehen. Ausschließen will Schulz diesen Schritt nicht.
Große Chancen, die Trasse jetzt noch zu verhindern, verspricht er sich aber nicht mehr.
Nach dem Froschgrundsee führt die Reihe der großen Gittermasten in südlicher Richtung bei Gereuth über die Hohe Schwenge westlich an Ober- und Unterwohlsbach vorbei. Weiter geht es zwischen Dörfles-Esbach und Rödental parallel zur A 73 und ICE-Trasse bis nahe Rohrbach. Dort schwenkt die Leitung in östliche Richtung ab und verläuft zwischen Oberfüllbach und Friesendorf und dann nördlich und östlich an Großgarnstadt vorbei.
Anschließend quert sie den Sonnefelder Forst, die B 303 zwischen Frohnlach und Sonnefeld sowie die Kreisstraße CO 11 zwischen Sonnefeld und Neuensorg. Östlich von Weidhausen schwenkt die Leitung wieder nach Süden ab und verläuft zwischen Marktzeuln und Marktgraitz bis zum Umspannwerk Redwitz an der Rodach. Beliebt ist sie nirgends.
Ob es noch Widerstand geben wird, muss sich zeigen.
Es wird schon gearbeitet Bauen kann Tennet mit diesem Beschluss sofort. Und das tut das Unternehmen auch. "Im Prinzip geht es heute los", sagt Tennet-Sprecher Markus Lieberknecht.
Zunächst geht es um kleinere Gehölzarbeiten. Doch in der kommenden Woche werden wohl schon die ersten Baufelder eingerichtet und die Erdarbeiten können beginnen. "Wir haben bei mehr als der Hälfte der Maststandorte den nötigen Grunderwerb oder Dienstbarkeiten, um anfangen zu können", bestätigt Lieberknecht.
Hier entsteht der Eindruck, daß der Netzbetreiber die für die Trasse notwendigen Flächen aufkauft und die Eigentümer hier ihren Reibach machen. Dem ist wohl nicht so. Vielmehr werden die Grundstücke mit einer Grunddienstbarkeit zu Gunsten der Netzbetreiber belastet. Das heißt, der Eigentümer bleibt weiterhin in Besitz des Grundstückes, kann dieses im Trassenbereich aber nicht mehr nutzen. So bleibt zum Beispiel der Waldbesitzer weiterhin Waldbesitzer aber ohne Wald, denn dieser wird für die Trasse abgeholzt.
Freilich wird eine Entschädigung für die Nutzung der Fläche bezahlt. Dies einmalig und im Verhältnis zu dem entfallenden Ertrag in lächerlicher Höhe.
Für das Beispiel des Waldbesitzers bedeutet dies, er und die nachfolgenden Generationen – bei einer möglichen/kalkulierten Nutzungsdauer von 80 Jahren - verfügen über einen Wald ohne Bäume. Er erhält dafür einmalig einen Betrag der etwa der Hälfte entspricht der für einen Neuerwerb notwendig wäre.
Blödes Geschäft – aber wer macht denn sowas mit? Wer tritt sein Eigentum fast unentgeltlich an jemanden ab, der damit jährlich Milliarden abschöpft?
Stimmt der Besitzer bei dem „Erwerb“ nicht zu, folgt die Besitzeinweisung und somit die Enteignung - die Lobbyarbeit funktioniert auf allen Ebenen, wie auch am Verhalten des Bauernverbandes zu erkennen ist.
Vor diesem Hintergrund ist der Großteil der „Einigungen“ zu verstehen, die Tennet mit den Grundstückseigentümern erzielte.
Enteignungen für ein Milliardengeschäft – mein Wunschthema für das Tageblatt
oder auch "Eigentum verpflichtet". Der einzelne wird belastet, damit die Gemeinschaft einen Nutzen hat - nämlich Strom.
Und überschätzen Sie mal nicht den Gewinn, den man in unserer Gegend mit einem Wald machen kann. Andererseits ist dort kein echter Wald mehr möglich, solange dort die Hochspannungsleitungen entlang laufen, denn es sind Mindestabstände zwischen Bäumen und Stromleitungen frei zu halten und vermutlich muss auch ein Zugang/Zufahrt zur Trasse möglich sein.