Integrative Klasse: Beim Spielen sind alle gleich

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Mit Schnelligkeit und Geschick geht es für die Kinder beim Wald-Erlebnistag los. Fotos: Rainer Lutz
Mit Schnelligkeit und Geschick geht es für die Kinder beim Wald-Erlebnistag los. Fotos: Rainer Lutz
 

Junge Heilerziehungspfleger verschafften einer integrativen Klasse der Mittelschule Rödental einen erlebnisreichen Vormittag.

"Das ist Chuba und Chuba ist ein Chamäleon", sagt Lehrerin Christine Wollborn. Die Kinder ihrer Klasse sollten sich vorstellen, ein Tier mit dem Anfangsbuchstaben ihres eigenen Namens nennen und es nachahmen. Für Chuba spricht die Lehrerin, weil Chuba nicht Deutsch kann. Das Mädchen kam erst vor einer Woche in die Klasse und spricht weder Deutsch noch Englisch. Sie kommt aus Serbien. In die fünfte Klasse von Christine Wollborn kam sie, weil es eine integrative Klasse ist und daher verbesserte Fördermöglichkeiten gegeben sind. Gestern ging es für die Kinder in den Wald.

Erlebnisse in der Natur standen auf dem Stundenplan. Vorbereitet haben alles Schüler von Petra Schreiner. Sie unterrichtet an der Fachschule für Heilerziehungspflege in Coburg. "Organisation und Durchführung eines inklusiven Waldtages" lautete die Praxisaufgabe für die Schüler.
"Sie sind alle schon mit ihren Prüfungen zum Abschluss der zweijährigen Ausbildung fertig", erklärt Petra Schreiner. Die Klasse hat also an diesem Tag eine ganze Gruppe frisch ausgebildeter Heilerziehungspfleger für sich allein.

Verstärkung im Unterricht

Im Schulalltag hat die integrative Klasse auch eine verbesserte Betreuung gegenüber einer reinen Regelklasse. "Wir gestalten den Unterricht gemeinsam", erklärt Carolin Neumann. Sie ist die Klassenleiterin für die acht Förderkinder in der Klasse, Christine Wollborn ist die Klassenleiterin für die elf Regelkinder. Bei Bedarf könnte noch eine Pflegekraft dazukommen. Etwa wenn Kinder in der Klasse sind, die besonders intensiv betreut werden müssen.

"Inklusive Bildung bedeutet, dass allen Menschen, unabhängig von Geschlecht, Religion, ethnischer Zugehörigkeit, besonderen Lernbedürfnissen, sozialen oder ökonomischen Voraussetzungen, die gleichen Möglichkeiten offenstehen", erklärt Petra Schreiner. Die Personalausstattung mit zwei Lehrkräften der integrativen fünften Klasse der Mittelschule Rödental ist eine Ideallösung. Selbstverständlich ist sie nicht, aber notwendig. "Ein Lehrer allein kann das nicht schaffen, ohne eine der beiden Gruppen in der Klasse zu benachteiligen", ist Carolin Neumann überzeugt.

Beim Waldtag haben die Herausforderungen des alltäglichen Unterrichts einmal große Pause. Die frisch ausgebildeten Heilerziehungspfleger haben sich eine Menge Spiele ausgedacht.

Nach dem Kennenlernen geht es um Geschicklichkeit. Ein Fichtenzapfen muss mit zwei Stöckchen getragen werden, wie beim Eierlauf. In zwei Gruppen treten die Kinder gegeneinander an und haben jede Menge Spaß. Chuba schaut, was die anderen machen, versteht und macht mit. Kinder haben meistens die geringsten Integrationsprobleme.

Vor lauter Freude am Spiel in der Natur bemerkt keiner die pädagogischen Ziele, die in dem Waldtag stecken. "Finde deinen Baum" ist ein Spiel, in dem es um Vertrauen geht. Mit verbundenen Augen wird ein Kind von einem anderen zu einem Baum im Wald geführt. Es darf ihn betasten. Später soll es "seinen" Baum mit offenen Augen wiederfinden. Andere Spiele fordern die Zusammenarbeit in der Gruppe oder das Verständnis für die Nahrungskette im Lebensraum Wald.

Inklusives Lernen bedeutet für Petra Schreiner, dass nicht nur fachliche Kompetenzen erworben werden, sondern ebenso die sozialen und persönlichen Kompetenzen ausgebaut und gestärkt werden. "Hier setzt unser Projekt an, bei dem vor allem Begriffe wie Gleichwertigkeit, Solidarität, Kooperation, Toleranz, aber auch Selbstbestimmung und Individualität in den Mittelpunkt gerückt werden", sagt sie. Dass bei diesem Waldtag durch methodisch angepasste Wahrnehmungsübungen für alle Sinne, durch kooperative Abenteuerspiele und Koordinationsaufgaben die Inklusion im Vordergrund steht, merken die Kinder nicht.

Sie haben einen gewaltigen Spaß, wenn es darum geht, einen "Säurefluss" mit Hilfe von "Schildkröten" zu überqueren, die immer neu positioniert werden müssen, damit alle heil über den Fluss kommen. Der Einberger Wald wurde jedenfalls so für ein paar Stunden zu einem aufregenden "grünen Klassenzimmer", in dem das Lernen ganz spielerisch und nebenbei funktionierte.

Für die jungen Heilerziehungspfleger ist die Erfahrung eine Anregung, die sie für ihre künftige Arbeit in der Behindertenhilfe mitnehmen.