Ideengeber mit Mut zum Neuanfang in Neustadt

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Thomas Büchner tritt für die ÖDP zur Oberbürgermeister-Wahl in Neustadt an.Foto: Archiv
Thomas Büchner tritt für die ÖDP zur Oberbürgermeister-Wahl in Neustadt an.Foto: Archiv
In Horb hängen die Fahnen auf Halbmast. Am 10. Januar ist der Vater von Thomas Büchner verstorben. "Er hätte nicht gewollt, dass ich meine Kandidatur jetzt zurückziehe und den anderen das Feld kampflos überlasse", ist sich Sohn Thomas sicher. Fotos: Christiane Lehmann
In Horb hängen die Fahnen auf Halbmast. Am 10. Januar ist der Vater von Thomas Büchner verstorben. "Er hätte nicht gewollt, dass ich meine Kandidatur jetzt zurückziehe und den anderen das Feld kampflos überlasse", ist sich Sohn Thomas sicher. Fotos: Christiane Lehmann
 
Wenn der Vater mit der Tochter... Thomas Büchner rockt immer noch auf seiner ersten Gitarre aus dem Jahr 1978 und Tochter Frieda, die ab und an dazu singt.
Wenn der Vater mit der Tochter... Thomas Büchner rockt immer noch auf seiner ersten Gitarre aus dem Jahr 1978 und Tochter Frieda, die ab und an dazu singt.
 

Wenn er nicht auf den Wechsel hoffen würde, wäre er nicht angetreten: Thomas Büchner (ÖDP) will endlich Schluss machen mit der Stillen-Kämmerlein-Politik hinter verschlossenen Türen.

Die Dorfgemeinschaft trauert und hat am Ortseingang von Horb die Fahnen auf Halbmast gesetzt. Auf der Wiese davor stehen die Wahlplakate der OB-Kandidaten und halten Wacht. Einer von ihnen: Thomas Büchner, der Sohn des Verstorbenen.

"Mein Vater hatte seinen Spaß daran und lag ganz auf meiner Linie. Er hätte nicht gewollt, dass ich den anderen das Feld kampflos überlasse", sagt der 51-Jährige Kandidat der ÖDP, ganz in schwarz gekleidet. Er ist sich sicher, dass er im Interesse seines Vaters handelt, wenn er am Sonntag zur Wahl antritt.

Wie wichtig ihm seine Familie ist, wird im Gespräch schnell spürbar. Der gebürtige Horber - "wohl einer der letzten" - fühlt sich stark verwurzelt in seinem Dorf, wo seine Mutter lebt.
An der roten Wand im Esszimmer hängt ein Bild mit seinen beiden Brüdern, aber vor allem Frau Angela und die Kinder David, Lucas und Frieda lachen uns zu.

Sein Ältester, David, hat eben seinen Master gemacht und ein EU-Stipendium bekommen, erzählt Thomas Büchner voller Stolz. Lucas ist bereits verheiratet und ein leidenschaftlicher Zimmerer, freut sich der Vater. Da kommt sein "Sonnenschein" gerade zur Tür herein: Tochter Frieda, die ihren Vater bei den Podiumsdiskussionen begleitet hat und im Wahlkampf seelisch und moralisch beisteht. "Ich bin richtig stolz auf ihn", sagt sie und ärgert sich immer noch, wenn Bemerkungen über ihren Vater unter der Gürtellinie landen. Sie bewundert ihn für seine Ruhe und Gelassenheit.

Konfrontation gehört dazu

Für Thomas Büchner, der seit 2008 im Neustadter Stadtrat sitzt, gehört Gegenwind und politische Konfrontation zur Kommunalpolitik dazu. Er sagt von sich selbst, dass Toleranz und Offenheit sowie ein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn zu seinen wichtigsten Eigenschaften zählen. "Auf keinen Fall bin ich stur. Ich bin kompromissbereit, wenn man es ehrlich mit mir meint." Wie würde er seine Rolle als einziger ÖDP-Stadtrat definieren? "Ich bin ein Ideengeber, weil ich oft eine andere Einstellung und eine andere Meinung zu den Dingen habe. Die Auseinandersetzung damit kann manchmal sogar weh tun", gibt er zu und nennt das Beispiel Mindestlohn.

Nach einer Berechnung von Klaus Klumpers, ÖDP-Stadtrat in Coburg, müsste der Mindestlohn eines Arbeitnehmers bei 10,90 Euro liegen, damit er nach 45 Arbeitsjahren in Vollzeit eine Rente von 850 Euro beziehen kann. Büchner will demnächst einen Antrag im Stadtrat stellen, dass die Stadt Neustadt als Arbeitgeber und Vorbild voran geht. Ihm gehen dabei die Löhne der Putzfrauen, des Sicherheitsdienstes und der Mitarbeiter des Bauhofs durch den Kopf.

Unterführung ganz vermeiden

Dass seine Ideen fruchten können, beweist sein aktueller Vorstoß in Sachen geplanter Bahnunterführung. Büchner hat einen Antrag auf Überprüfung der Schließzeiten im Stadtrat gestellt. Und jetzt liege ein Angebot einer Firma vor, die mit der Bahn zusammen arbeitet und in dem es heißt, dass die Schließzeiten der Schranken "ohne größeren technischen Aufwand" verkürzt werden könnten. Damit sei das Problem des zu langen Rettungsweges zu lösen, gibt Büchner zu Bedenken.

Ein anderes Steckenpferd von Büchner ist die Windenergie, für die er sich stark macht. Als Gegner von Solarparks plädiert er für die Ausweisung von Flächen für Windenergie und weiß von einem Investor aus Neustadt, der mit seinem Vorstoß ein Windkraftwerk zu errichten, immer nur gegen Mauern rennt.


Gegen Wände gerannt


So etwas regt den Gerechtigkeitsfreund Büchner auf. Auch er hat schon die Erfahrung gemacht, gegen Wände zu rennen - beispielsweise mit seinem Antrag auf eine Informationsfreiheitssatzung, die im Neustadter Stadtrat abgelehnt wurde. Demnach hätte die Stadt Neustadt ihren Bürgern gegenüber nicht mehr nur das Recht auf Auskunft, sondern eben auch die Pflicht auf Auskunft gehabt.
Büchner kritisiert die Neustadter Politik hinter verschlossenen Türen. Gleich zu Beginn seiner ersten Legislaturperiode habe Oberbürgermeister Frank Rebhan (SPD) die Summe angehoben, über die die einzelnen Senate eigenständig beschließen dürfen. Damit sei dem Stadtrat ein Stück Kompetenz abgesprochen worden. "Es werden Entscheidungen weniger öffentlich getroffen", beklagt der ÖDP-Mann, der ebenso wie die Freien Wähler in keinem der Senate stimmberechtigt ist.


Den amtierenden OB aus dem Sattel kippen?


Glaubt er denn an eine reale Chance, den amtierenden OB aus dem Sattel zu kippen? "Das ist immer schwierig. Aber wenn ich keine Chance sehen würde, wäre ich nicht angetreten", sagt er ganz selbstbewusst.
Im Falle einer Stichwahl, "die dann Thomas gegen Frank (welchen auch immer) lauten würde", ist er sich seiner härtesten Kritikerin als Beistand ganz sicher: Dann nämlich wird es richtig ernst - aber gerade deswegen Frau Angela wird fest an seiner Seite stehen und dann kann nichts schief gehen.