Wenn es nach der Zweiten Kammer der Bayreuther Verwaltungsgerichtes geht, darf der Landwirt Thomas Ritz seinen Stall für 39 145 Masthühner im Ahorner Gemeindeteil bauen.
Das sagt das Urteil, das am Montagabend den am Streit um die Hühnermastanlage beteiligten Parteien zur Verfügung gestellt worden ist.
Das Ergebnis - die Abweisung der Klagen der Gemeinde Ahorn und eines Wohlbacher Bürgers gegen die Erteilung einer immissionsrechtlichen Genehmigung für den Stall - hatte sich bereits bei der mündlichen Verhandlung am Freitag in Bayreuth angedeutet. Welche Gründe das Gericht für die Abweisung der Klage anführt, ist noch nicht bekannt. Nicht zuletzt angesichts der bevorstehenden Urlaubszeit könnte es noch eventuell bis September dauern, ehe die ausführliche Begründung vorliegt. Entscheidend für den Bau dürfte gesprochen haben, dass sich Ritz am Freitag bereit erklärte, auf eine Lagerung von Hühnermist auf seinem Betriebsgelände zu verzichten.
Nichtsdestotrotz heißt diese Entscheidung aber nicht, dass Thomas Ritz nun mit dem Bau seiner Geflügelmastanlage beginnen kann. Die aufschiebende Wirkung der Klagen bleibt bis mindestens fünf Monate nach Eingang des vollständigen Urteils mit Begründung bei der Gemeinde Ahorn erhalten.
Prozessbeobachter gehen davon aus, dass die Gemeinde Ahorn ohnehin Rechtsmittel gegen das Urteil des Bayreuther Verwaltungsgerichts einlegen wird. Der Ahorner Bürgermeister Martin Finzel sagte bereits am Freitag nach der mündlichen Verhandlung: "Es kann gut sein, dass dieses Verfahren durch eine andere Instanz entschieden wird." Die nächste Instanz wäre der Verwaltungsgerichtshof. "Aber dann ist normalerweise Schluss", erklärte Jurist Steffen Nickel vom Landratsamt dem Tageblatt. Das Landratsamt, das im Verfahren das von der Gemeinde verweigerte "Einvernehmen" zum Bau ersetzte, war als Beklagter einer der Beteiligten im Bayreuther Verfahren.
Sehr gutes Urteil - gleichzeitig aber auch ein Armutszeugnis, dass - mal wieder - ein Gericht die Klage einer Stadt kassieren muss.
Alle wollen sie günstiges Fleisch - aber bitte keine Mastanlage in der eigenen Stadt. Fast alle wollen die Energiewende - aber dafür nötige Leitungen bitte möglichst weit weg. Fast alle wollen den Ausbau von Infrastrukturprojekten (ICE, Autobahn) - aber die Trassen dafür bitte eher (sinnbildlich) an Nachbars Haus vorbeiführend als am eigenen.
Ich erinnere mich da an zahlreiche Protest-Banner an Häusern im Coburger Westen, als es um die A73-Trasse ging (Ost- oder Westumfahrung Coburgs). Merkwürdig, dass genau diese Leute die A73 nun fleißig und gerne nutzen. Kein Wunder, sie geht ja nun durch den Osten Coburgs...
Schade, dass man solche NIMBY-Schmarotzer nicht von den Leistungen, die durch bestimmte Projekte dann zur Verfügung gestellt werden (und gegen die sie protestier(t)en), ausschließen kann. Wer die Annehmlichkeiten der heutigen Gesellschaft nutzen will, sollte zumindest anteilsmäßig auch die Konsequenzen mittragen!
Und für alle, die sich unter einem NIMBY nichts vorstellen können. Das ist die Abkürzung für "Not in my backyard", zu deutsch: "Nicht in meinem Hinterhof". Also die moderne Entsprechung für den alten Spruch "Heiliger St. Florian, verschon mein Haus, zündt andere an!"
"Einwohner" redet nur solange so, bis es ihn mal betrifft. Es geht nicht, daß ein Geflügelzüchter den riesigen Reibach macht und dafür die benachbarten Wohnhäuser über Nacht nur noch die Hälfte (wenn überhaupt) wert sind. Genauso ist das mit ICE und Autobahnen. Es ist traurig, daß unsere Gesellschaft für die Betroffenen noch keinen gerechten Ausgleich gefunden hat. Letztlich ist doch der Staat oder der Industrielle der Schmarotzer, der aus Eigeninteresse den Nachbarn einen erheblichen Vermögensschaden zufügt. Und der richtige Weg wäre nicht, Protestierende von den Annehmlichkeiten auszuschließen, sondern alle Nutznießer zugunsten der Betroffenen zur Kasse zu bitten.