Vielerorts bestimmen die dauernde Belastung, Stresssituationen und die fehlende Möglichkeit abzuschalten, die Leistungsfähigkeit. Um diese Leistungsminderungen, mentale Ausfälle oder gar ein Burnout zu verhindern, werden zunehmend Sportpsychologen oder auch Mentaltrainer eingesetzt.
Oft fehlen den Klubs jedoch die finanziellen Mittel oder es wird an den falschen Stellen gespart. Auch das sportartspezifische Verständnis ist nicht immer vorhanden, so dass der Einsatz von Experten erst gar nicht zu Stande kommt oder zeitlich sehr begrenzt ist.
Diese Erkenntnisse führten auch den Deutschen Keglerbund Classic "DKBC" dazu, den mentalen Bereich neu auszurichten. Neben den Trainern für die einzelnen Mannschaften und dem Diagnostiktrainer wurde jetzt ein Mentaltrainer installiert. Und der kommt aus Grub am Forst.
Der 54-jährige Harald Rüger steht für diese Aufgabe in den Startlöchern. Der B-Schein-Inhaber verfügt über eine lange Erfahrung als Kegeltrainer und hat sich im mentalen Bereich ausbilden lassen.
In den letzten Jahren war das Training der kognitiven Prozesse, kurz den Abläufen im Kopf, ein Erfolgsfaktor des Kegeltrainers.
Rüger glaubt die Gründe für die Erfolglosigkeit zu kennen. Die Ursachen für vorübergehende Fehler oder Niederlagen gerade bei sogenannten Stressspielen im Spitzensport hat er unter die Lupe genommen: "Oftmals wird bei Problemen der Trainingsumfang drastisch erhöht, Bewegungsabläufe und Techniken komplett umgebaut oder wenn nichts mehr hilft, der Trainer als Sündenbock entlassen", kritisiert er.
Seiner festen Überzeugung nach liegt das Problem in den Köpfen der Sportler: "Ein fundiertes Mentaltraining und eine Integration im laufenden Trainingsbetrieb lösen mentalen Blockaden und machen den Sportler wieder erfolgreich".
Aus eigener Erfahrung weiß Rüger, dass die mentale Stärke neben der körperlichen Leistungsfähigkeit ein entscheidender Faktor ist.
Als Stützpunkttrainer für den Jugend- und Juniorenbereich, als Trainer der Landesliga Nachwuchstruppe des SKC Victoria Bamberg, als Co-Trainer der männlichen U18 Jugendmannschaft im KV Bamberg oder in zahlreichen Unterstützungsaktionen der Nationaltrainer, kümmerte er sich in erster Linie um die Abläufe in den Köpfen der Sportler.
Er ist besonders stolz darauf, dass er an vielen Erfolgen, wie bayerische und deutsche Meisterschaften, Bezirks- und Bayern pokalsiegen, Nominierungen zu Landes- und Nationalkader bis hin zur Teilnahme an Länderspielen und Weltmeisterschaften, beteiligt war. Sowohl als Sportmental- als auch als fachlicher Trainer unterstützte er die Kegler.
"Mentaltraining hat nichts mit Handauflegen, mystischen Techniken oder gar Zauberei zu tun.
Das hat sich unlängst bei der Einzel-Weltmeisterschaft in Polen gezeigt, denn die kognitiven Abläufe in den Köpfen der Sportler bestimmen etwa 60 bis 90 Prozent der sportlichen Leistung", ist sich der Gruber sicher.
Die Aufgabe des neuen Mentaltrainers im DKBC wird es sein, den Trainings- und Lehrgangsbetrieb aus mentaler Sicht zu optimieren. Erste Erfahrungswerte mit den Sportlern der Nationalmannschaft hat sich Rüger bei der Vorbereitung zur Einzel-WM bereits geholt.
"Entscheidender Faktor für die Arbeit im mentalen Bereich ist eine Vertrauensbasis zwischen dem Sportler und seinem Trainer", so seine Überzeugung. Bestärkt wird Rüger durch den Sportdirektor des DKBC Harald Seitz, der die anderen Nationen nur deshalb derzeit im Vorteil sieht, weil diese professioneller arbeiten und trainieren. Dabei stellt Seitz insbesondere die mentale Stärke und das Selbstvertrauen in den Vordergrund.
Cooler, cleverer und souveräner sollen die Spieler im Training und Wettkampf werden - das ist auch das Ziel von Cheftrainer Günther Doleschel. Deshalb setzt auch er jetzt auf die Zusammenarbeit mit Rüger.
Die gute Arbeit Rügers zeigte sich nach Meinung von Nationaltrainer Timo Hoffmann bereits in den Trainingseinheiten vor der WM: "Allerdings konnte diese wegen der Kürze der Zeit noch nicht optimal greifen", sagt Hoffmann.
"Akuten Handlungsbedarf" sieht der Co-Trainer der Frauen, Werner Buchs. Deshalb hat er kurzfristig zu einem Psychologen für seine Nationalspielerinnen gegriffen. Nach seinen Worten war jedoch die Vorbereitung nicht optimal, so dass es auch hier noch viel Arbeit für Rüger gibt, der sich sehr auf die Zusammenarbeit mit der deutschen Kegel-Elite freut.
Zur Person: Harald Rüger ct