Gericht mischt sich in den Ackerbau ein

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René Rempel muss den Grubber einsetzen sobald es das Wetter erlaubt. Foto: Rainer Lutz
René Rempel muss den Grubber einsetzen sobald es das Wetter erlaubt.  Foto: Rainer Lutz

Weil der Europäische Gerichtshof ein bisher gängiges Verfahren nicht mehr zulässt, müssen Landwirte jetzt als Grünland genutzte Äcker gegen die gute fachliche Praxis umbrechen, um den Ackerstatus für ihr Land zu behalten.

Grünland im Frühjahr umzubrechen ist schwierig. Der Zeitpunkt ist falsch. René Rempel muss es trotzdem tun. Schuld daran ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), über das Landwirte zurzeit nur den Kopf schütteln können.
In der Folge dieses Urteil erhielt René Rempel im Dezember einen Brief. Darin wurde ihm behördlicherseits mitgeteilt, dass sich eine Bestimmung geändert hat. Weil er in den vergangenen Jahren auf einigen Flächen immer wieder Kleegras angebaut hat, droht diesen Äckern die Umwidmung in Dauergrünland. Das will Rempel vermeiden, denn was per Definition Ackerland ist, kann er viel flexibler nutzen - eben wie einen Acker, aber auch wie eine Wiese. Die Regel, dass ein Acker, der fünf Jahre wie Grünland genutzt wird, dann auch per Definition zu Grünland wird, galt schon immer. Doch bisher genügte es, diesen Acker einmal ein Jahr brach liegen zu lassen.
Damit galten die fünf Jahre als unterbrochen. Diese Regelung kippte jetzt der EuGH - und zwar rückwirkend bis 2013.
"Wir denken, dass etwa 400 Landwirte mit insgesamt rund 500 Hektar davon betroffen sind", erklärt Hans Rebelein, der Geschäftsführer des Bauernverbands in Coburg. Die bisherige Regelung erlaubte es, zwischen Wald und Maisäckern Grünstreifen zu kultivieren, um die Jagd auf das überhand nehmende Schwarzwild zu erleichtern. Ebensolche Streifen wurden zwischen Feldern und Gewässern angelegt. Sie dienen der Vermeidung von Erosion, haben ökologische Vorteile und galten stets als ausdrücklich gewollt.

Ärger erwartet

Jetzt fürchten die Bauern Ärger, ja sogar Anzeigen, wenn sie alle diese Flächen unter den Pflug oder Grubber nehmen. "Die Leute sehen das ja und denken, da bricht einer Grünland ohne Genehmigung um", fürchtet Rebelein.
BBV-Kreisobmann Gerhard Ehrlich geht es vor allem um die gute fachliche Praxis. "Die Landwirte werden gezwungen, gegen ihre Fachkenntnis zu handeln", stellt er fest.
Am Beispiel von René Rempel wird das deutlich. "Die Böden hier auf den Bergdörfern geben eigentlich keinen Getreideanbau her", sagt er. Mais so dicht an den Wäldern zum Ketschenbacher und Mönchrödener Forst anzubauen, widerstrebt ihm aber auch. "Da hab ich gleich riesige Schäden durch das Schwarzwild", weiß er aus Erfahrung. So wird er eben dieses Jahr Hafer aussäen, auch wenn der Acker nach dem Umbruch im Frühjahr nicht mehr optimal vorbereitet werden kann.

Umbruch im Frühjahr ungünstig

Es fehlt der Frost, der einem im Herbst gepflügten Feld über den Winter eine krümelige Struktur im Boden gibt. Doch die europäischen Richter sind keine Landwirte und nehmen auf solche fachlichen Belange keine Rücksicht. "Dabei werden sie sicher fachlich beraten", vermutet Gerhard Ehrlich.
Nun könnten die betroffenen Landwirte einfach weiter arbeiten wie bisher und zulassen, dass die Felder zu Dauergrünland umgewidmet werden. Das hätte aber eine Reihe von Nachteilen. Erstens ist Ackerland beim Verkauf mehr wert. Zweitens sind viele Flächen gepachtet und wer einen Acker verpachtet, möchte nach Ablauf des Vertrags keine Wiese zurückbekommen. Drittens ist es nicht so einfach, Dauergrünland wieder zum Acker zu machen. Dafür ist eine besondere Genehmigung nötig, die auch verwehrt bleiben kann.
Der Verpächter (und etwa drei Viertel aller bewirtschafteten Flächen sind gepachtet) hat naturgemäß ein Interesse daran, dass sein Land Acker bleibt. Denn dafür bekommt er mehr Pacht als für reines Grünland.
So bleibt denn allen Betroffenen wie René Rempel nichts anderes übrig als die Flächen, um die es geht, im Mehrfachantrag dieses Jahr für den Anbau mit Getreide zu melden. Bei der Frühjahrsbestellung, so bald es die Witterung zulässt, müssen sie mit Pflug oder Grubber ausrücken und die Fläche umbrechen. Denn bis Mai muss das geschafft sein.

Vertrauen verloren

Der Zeitdruck für die Arbeit im Frühjahr, und dass es nicht möglich war, die entsprechenden Flächen bereits im Herbst fachgerecht zu bearbeiten, wurde erzeugt, weil die Regelung rückwirkend bis 2013 gilt. "Damit wird das Vertrauen der Landwirte zerstört. Wenn in Zukunft Programme aufgelegt werden, wird es uns schwer fallen, Betriebe zu finden, die dann noch dabei mitmachen", fürchtet Rebelein.