Der Ethikbeirat hilft, Entscheidungen zu finden - treffen muss sie der Betroffene.
Selbst den Vorbereiteten trifft es am Ende überraschend, wenn er tatsächlich vor der Entscheidung steht, sein Leben oder das eines lieben Menschen mit allen medizinischen Mitteln zu verlängern oder den Kampf aufzugeben. Hier mit fachlich fundiertem Rat zur Seite zu stehen, hat sich der Ethikbeirat in Neustadt zur Aufgabe gemacht - und er ist nicht nur für Neustadter da.
"Der Ethikbeirat steht zur Verfügung, dann, wenn Menschen auf dem kalten Fuß erwischt werden, von einem Moment auf den anderen Entscheidungen treffen müssen zu Leben und Tod oder zu Operation, Amputation, Magensonde, Bestrahlung und so weiter", erklärt Margit Welscher, die Leiterin des Awo-Seniorenzentrums in Neustadt.
Wer sich an den Beirat wendet, bekommt keine Entscheidung abgenommen. Die muss er selbst treffen. Aber bekommt Fragen beantwortet und Hilfe dabei zu einer Entscheidung zu finden. "Wir haben hier eine einmalige Bündelung von Fachkompetenz, die wir bündeln können, um eine Empfehlung zu geben", stellt Roland Dietrich fest. Er ist Richter am Amtsgericht. Zum Beirat gehören Palliativmediziner und -pflegekräfte, Sozialpädagogen, Pfarrer, eine Hospizfachfrau und Notfallmediziner. Alle arbeiten ehrenamtlich mit und alle unterliegen der Schweigepflicht. "Es geht darum, ethische, medizinische, pflegerische, psychosoziale, spirituelle und rechtliche Gesichtspunkte zu besprechen, um eine tragbare Entscheidung zu ermöglichen", fast Margit Welscher zusammen.
Ein Betroffener, seine Angehörigen, eine enge Kontaktperson oder behandelnde Ärzte können sich an den Beirat wenden. In einem ruhigen geschützten Rahmen, etwa im Familienzentrum oder dem Awo-Heim findet die Beratung statt, bei der den Beteiligten ein möglicher Weg aufgezeigt wird. Rechtliche Fragen können geklärt werden. Es wird ein Protokoll mit Absprache der Beteiligten erstellt. Die Entscheidung, ob etwa eine lebenserhaltende Maßnahme beendet werden, eine Operation durchgeführt, oder auf einen Eingriff verzichtet werden soll, kann der Beirat den Betroffenen, oder ihren Vertretern (mit Vollmacht oder Patientenverfügung) am Ende nicht abnehmen.
"Es ist aber oft eine große Erleichterung für den Ratsuchenden, wenn er mit uns sprechen kann", sagt Pfarrer Kurt Loris.
Nicht nur für Senioren Den Ethikbeirat können nicht nur hochbetagte Menschen oder ihre Angehörigen um eine Beratung bitten. Die Mitglieder stehen auch zur Verfügung, wenn junge Menschen, etwa nach einem Unfall, betroffen sind. Gerade jüngere Patienten haben oft noch keine Patientenverfügung erlassen oder eine Vorsorgevollmacht erteilt. Wie weit dann Angehörige Entscheidungen treffen können, wäre beispielsweise eine Frage, die mit dem Ethikbeirat erörtert werden kann.
Bei aller gebündelten Kompetenz, die im Ethikbeirat zur Verfügung steht, ist dieses Angebot für Ratsuchende noch viel zu wenig bekannt in der Region, finden die Mitglieder. Sie wollen daher verstärkt auf den Beirat aufmerksam machen.