Coburg
eSport
Ein Coburger erspielt sich Geld mit Ronaldo
David Jaschwili ist Cyberathlet - Fußballprofi auf dem Computer. Als Deutscher Meister verdient er damit Geld. Wie alle Profis muss auch der 20-Jährige täglich trainieren.

Trotz hartem Training an seinem PC hat David immer noch Spaß an seiner "Arbeit" als digitaler Fußballprofi.
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Portugal stürmt, Christiano Ronaldo passt auf Nuno Gomes, der schnappt sich den Ball, sprintet los in Richtung brasilianisches Tor. Die Spieler im Mittelfeld rücken nach. Dann dieser blöde Passfehler. Der Konter. Und Portugal liegt mit einem Tor hinten. David schüttelt den Kopf. Normalerweise passiert ihm das nicht. Immerhin ist er deutscher Meister.
In seinem Kellerzimmer im Haus seiner Eltern in Coburg spielt er Fußball auf höchstem Niveau. Allerdings auf dem Bildschirm. Denn David ist eSportler. eSport ist die Kurzform für elektronischen Sport.
Bei David sieht das Computerspiel nach Sport aus. Er ist konzentriert, die Finger bewegen sich schnell und sicher auf dem Controller. Hände und Augen: perfekt aufeinander abgestimmt.
Die Passwege fast wie beim FC Barcelona. Mit Spielübersicht und taktischem Verständnis weiß der 20-jährige Abiturient genau wie die vom Computer gesteuerten Mitspieler sich bewegen und wann er den entscheidenden Pass spielen muss.
Eine Halbzeit: sechs Minuten
Mit zwei Joysticks und verschiedenen Knöpfen kontrolliert er Körpertäuschungen, Schusskraft und Pässe, die er in die Laufwege der Pixel Ronaldos und Costas schlägt. Über das Internet tritt der Coburger gegen die besten Spieler Deutschlands an. Eine Halbzeit dauert sechs Minuten. Es gibt Ligen und Turniere mit festen Spielplänen und ein Regelwerk - wie in jedem Sport. "Denksport", sagt David und versucht sich wieder auf das Spielgeschehen zu konzentrieren. Sein Blick verlässt nur kurz den Bildschirm. Schon ist der Ball wieder in den Reihen des computergesteuerten Gegners.
Online-Training mit Headset
Normalerweise trainiert er mit seinen Mannschaftskollegen über das Internet. Seit Beginn des Jahres hat er beim Werksteam des taiwanesischen Computerkonzerns Acer einen Profivertrag. "Das funktioniert wie im richtigen Fußball. Acer ist wie Bayer bei Bayer Leverkusen." Auch Samsung oder Adidas sponsern die Computer-sportler. Außerdem lässt sich wie beim realen Vorbild Geld mit Werbeverträgen verdienen.
Computerspielen als Beruf? "Meine Eltern waren anfangs skeptisch. Als ich ihnen den ersten Kontoauszug zeigte, waren beide überzeugt." Heute nennt die Mutter den Computer ihres Sohnes "Arbeitsplatz".
Den ersten Profivertrag hat David 2007 unterschrieben. Damals bekam "Acey" (aus dem Poker-Jargon: "Der Beste"), so das Internetpseudonym von David in der digitalen Fußballwelt ein monatliches Festgehalt von 100 Euro und "mal ne Maus oder so".
Wie viel er jetzt bei Acer verdient, darf er nicht sagen, aber ein Schmunzeln in seinem Gesicht verrät, dass es deutlich mehr ist. Dafür muss er aber auch was tun: "Zwei bis drei Stunden muss ich täglich trainieren. Manchmal hängt mir das auch zum Hals raus", sagt David. Beim Training redet er mit seinen Mannschaftskameraden über ein Headset . "Meistens reden wir über private Sachen, wie die Freundin und so."
Vom Amateur zum Profi
David drückt kurz Pause. Noch mehr Fragen und der Sieg wäre nicht mehr zu holen. Er ist ruhig, gelassen. Bedacht erzählt er von seinen Anfängen als Cyberathlet: "Mit 13 oder 14 habe ich beim Fernsehsender Giga professionelle Spiele von Fifa gesehen".
Danach hat er sich in einer Amateurliga der ESL angemeldet und "alles gewonnen". ESL steht für Electronic Sports League und ist das größte eSport Portal Europas mit Jahresumsätzen im zweistelligen Millionen-Bereich. Der Betreiber ist die Kölner Firma Turtle Entertainment mit 135 Mitarbeitern.
Er wendet sich wieder zum Bildschirm. Der Gegner steht in seinem Sechzehner. Mit zwei schnellen Klicks wechselt er zum Abwehrspieler Pepe. Grät sche ... Gegentreffer gerade noch verhindert. Elfmeter? Der elektronische Schiedsrichter entscheidet auf Abstoß. David atmet auf.
Durch Fifa zum Tonstudio
Er lehnt sich in seinen Stuhl zurück. Dahinter stehen Schlagzeug, Gitarren, Keyboard und Mischpult. Wenn er nicht gerade Fußball spielt, macht er in seinem kleinen Kellerstudio Pop-Punk. Er singt und spielt alle Instrumente selbst. "Die ganzen Musiksachen hab ich mir größtenteils durch das Computerspielen finanziert."
Seit 2007 hat er etwa 10 000 bis 15 000 Euro durch den digitalen Fußball verdient. Alleine vom Fußballspielen auf dem Computer könnte er nicht leben. "In Deutschland können das die Zwillingsbrüder Dennis und Daniel Schellhase, die haben national und international alles gewonnen", sagt David anerkennend.
Nächstes Jahr geht's zur WM
Beim Spiel Portugal gegen den SC International aus Brasilien ist Halbzeit. David liegt zurück. Er legt den Controller zur Seite. Nach dem Abi möchte er Medizin oder Zahnmedizin studieren und bis zum Ende seines Studiums noch als eSport-Profi etwas Geld dazu verdienen. "Es ist wie ein Nebenjob. Andere arbeiten bei McDonalds, ich spiele Fifa."
Anerkennung in der eSport-Szene ist für David nicht weniger wichtig als das Geld. 2012 will er zu den "World Cyber Games", der Weltmeisterschaft der Computerspieler, fahren. "Dieses Jahr war ich beim nationalen Vorausscheid nur fünfter, das hat mich ganz schön geärgert."Für dieses Ziel muss er jetzt weiter trainieren. "Aber wichtiger ist erstmal das Abi." Auf den 45 Seiten seiner Seminarfacharbeit dreht sich auch alles um eSport. "Ich hab da ein ganz gutes Gefühl", sagt er.
Vom Bildschirm nach Madrid
"Richtigen" Sport macht David auch, aber das Fitnessstudio muss die nächsten Monate erstmal warten.
Abi-Stress, Freundin und digitaler Fußballprofi, da muss er sich die Freizeit gut einteilen. "Meine Freundin kommt gegen 19 Uhr von der Arbeit, da bleibt der Computer dann meistens aus."
Die beiden sind schon fünf Jahre zusammen. "Am Ende der Sommerferien waren wir für ein Wochenende in Madrid und hatten super Plätze beim Spiel von Real." Die Reise hat er bei der eSport Meisterschaft gewonnen.
David startet die zweite Halbzeit. Nach dem Seitenwechsel lässt er den Ball routiniert durch seine Reihen laufen. Am Strafraum des Gegners steuert er Ronaldo, drückt die Schusstaste und lässt im richtigen Moment los. Der Portugiese zieht aus 20 Metern ab. Der Ball zappelt im Netz. Tor!
Die Wurzeln des eSport
Entstanden ist eSport in Südkorea. Es gibt Turniere in vollbesetzten Fußballstadien, Public Viewing mit Zehntausenden Zuschauern, Trainingsgruppen, Werksmannschaften und Fernsehsender, die täglich Live-Spiele übertragen. Die Top-Spieler aus Asien kommen auf bis zu 250 000 Dollar jährlich. Neben "Fifa" sind das immer wieder in der Kritik stehende Kriegsspiel "Counterstrike", oder das Strategiespiel "Starcraft" die Zugpferde des riesigen eSport-Marktes. "Autogrammjäger, Fankult, Groupies. In Asien hat eSport einen ganz anderen Stellenwert", sagt David. Das Leuchten in seinen Augen verrät, dass er auch mal in diese andere Welt eintauchen will.
In seinem Kellerzimmer im Haus seiner Eltern in Coburg spielt er Fußball auf höchstem Niveau. Allerdings auf dem Bildschirm. Denn David ist eSportler. eSport ist die Kurzform für elektronischen Sport.
Bei David sieht das Computerspiel nach Sport aus. Er ist konzentriert, die Finger bewegen sich schnell und sicher auf dem Controller. Hände und Augen: perfekt aufeinander abgestimmt.
Die Passwege fast wie beim FC Barcelona. Mit Spielübersicht und taktischem Verständnis weiß der 20-jährige Abiturient genau wie die vom Computer gesteuerten Mitspieler sich bewegen und wann er den entscheidenden Pass spielen muss.
Eine Halbzeit: sechs Minuten
Mit zwei Joysticks und verschiedenen Knöpfen kontrolliert er Körpertäuschungen, Schusskraft und Pässe, die er in die Laufwege der Pixel Ronaldos und Costas schlägt. Über das Internet tritt der Coburger gegen die besten Spieler Deutschlands an. Eine Halbzeit dauert sechs Minuten. Es gibt Ligen und Turniere mit festen Spielplänen und ein Regelwerk - wie in jedem Sport. "Denksport", sagt David und versucht sich wieder auf das Spielgeschehen zu konzentrieren. Sein Blick verlässt nur kurz den Bildschirm. Schon ist der Ball wieder in den Reihen des computergesteuerten Gegners.
Online-Training mit Headset
Normalerweise trainiert er mit seinen Mannschaftskollegen über das Internet. Seit Beginn des Jahres hat er beim Werksteam des taiwanesischen Computerkonzerns Acer einen Profivertrag. "Das funktioniert wie im richtigen Fußball. Acer ist wie Bayer bei Bayer Leverkusen." Auch Samsung oder Adidas sponsern die Computer-sportler. Außerdem lässt sich wie beim realen Vorbild Geld mit Werbeverträgen verdienen.
Computerspielen als Beruf? "Meine Eltern waren anfangs skeptisch. Als ich ihnen den ersten Kontoauszug zeigte, waren beide überzeugt." Heute nennt die Mutter den Computer ihres Sohnes "Arbeitsplatz".
Den ersten Profivertrag hat David 2007 unterschrieben. Damals bekam "Acey" (aus dem Poker-Jargon: "Der Beste"), so das Internetpseudonym von David in der digitalen Fußballwelt ein monatliches Festgehalt von 100 Euro und "mal ne Maus oder so".
Wie viel er jetzt bei Acer verdient, darf er nicht sagen, aber ein Schmunzeln in seinem Gesicht verrät, dass es deutlich mehr ist. Dafür muss er aber auch was tun: "Zwei bis drei Stunden muss ich täglich trainieren. Manchmal hängt mir das auch zum Hals raus", sagt David. Beim Training redet er mit seinen Mannschaftskameraden über ein Headset . "Meistens reden wir über private Sachen, wie die Freundin und so."
Vom Amateur zum Profi
David drückt kurz Pause. Noch mehr Fragen und der Sieg wäre nicht mehr zu holen. Er ist ruhig, gelassen. Bedacht erzählt er von seinen Anfängen als Cyberathlet: "Mit 13 oder 14 habe ich beim Fernsehsender Giga professionelle Spiele von Fifa gesehen".
Danach hat er sich in einer Amateurliga der ESL angemeldet und "alles gewonnen". ESL steht für Electronic Sports League und ist das größte eSport Portal Europas mit Jahresumsätzen im zweistelligen Millionen-Bereich. Der Betreiber ist die Kölner Firma Turtle Entertainment mit 135 Mitarbeitern.
Er wendet sich wieder zum Bildschirm. Der Gegner steht in seinem Sechzehner. Mit zwei schnellen Klicks wechselt er zum Abwehrspieler Pepe. Grät sche ... Gegentreffer gerade noch verhindert. Elfmeter? Der elektronische Schiedsrichter entscheidet auf Abstoß. David atmet auf.
Durch Fifa zum Tonstudio
Er lehnt sich in seinen Stuhl zurück. Dahinter stehen Schlagzeug, Gitarren, Keyboard und Mischpult. Wenn er nicht gerade Fußball spielt, macht er in seinem kleinen Kellerstudio Pop-Punk. Er singt und spielt alle Instrumente selbst. "Die ganzen Musiksachen hab ich mir größtenteils durch das Computerspielen finanziert."
Seit 2007 hat er etwa 10 000 bis 15 000 Euro durch den digitalen Fußball verdient. Alleine vom Fußballspielen auf dem Computer könnte er nicht leben. "In Deutschland können das die Zwillingsbrüder Dennis und Daniel Schellhase, die haben national und international alles gewonnen", sagt David anerkennend.
Nächstes Jahr geht's zur WM
Beim Spiel Portugal gegen den SC International aus Brasilien ist Halbzeit. David liegt zurück. Er legt den Controller zur Seite. Nach dem Abi möchte er Medizin oder Zahnmedizin studieren und bis zum Ende seines Studiums noch als eSport-Profi etwas Geld dazu verdienen. "Es ist wie ein Nebenjob. Andere arbeiten bei McDonalds, ich spiele Fifa."
Anerkennung in der eSport-Szene ist für David nicht weniger wichtig als das Geld. 2012 will er zu den "World Cyber Games", der Weltmeisterschaft der Computerspieler, fahren. "Dieses Jahr war ich beim nationalen Vorausscheid nur fünfter, das hat mich ganz schön geärgert."Für dieses Ziel muss er jetzt weiter trainieren. "Aber wichtiger ist erstmal das Abi." Auf den 45 Seiten seiner Seminarfacharbeit dreht sich auch alles um eSport. "Ich hab da ein ganz gutes Gefühl", sagt er.
Vom Bildschirm nach Madrid
"Richtigen" Sport macht David auch, aber das Fitnessstudio muss die nächsten Monate erstmal warten.
Abi-Stress, Freundin und digitaler Fußballprofi, da muss er sich die Freizeit gut einteilen. "Meine Freundin kommt gegen 19 Uhr von der Arbeit, da bleibt der Computer dann meistens aus."
Die beiden sind schon fünf Jahre zusammen. "Am Ende der Sommerferien waren wir für ein Wochenende in Madrid und hatten super Plätze beim Spiel von Real." Die Reise hat er bei der eSport Meisterschaft gewonnen.
David startet die zweite Halbzeit. Nach dem Seitenwechsel lässt er den Ball routiniert durch seine Reihen laufen. Am Strafraum des Gegners steuert er Ronaldo, drückt die Schusstaste und lässt im richtigen Moment los. Der Portugiese zieht aus 20 Metern ab. Der Ball zappelt im Netz. Tor!
Die Wurzeln des eSport
Entstanden ist eSport in Südkorea. Es gibt Turniere in vollbesetzten Fußballstadien, Public Viewing mit Zehntausenden Zuschauern, Trainingsgruppen, Werksmannschaften und Fernsehsender, die täglich Live-Spiele übertragen. Die Top-Spieler aus Asien kommen auf bis zu 250 000 Dollar jährlich. Neben "Fifa" sind das immer wieder in der Kritik stehende Kriegsspiel "Counterstrike", oder das Strategiespiel "Starcraft" die Zugpferde des riesigen eSport-Marktes. "Autogrammjäger, Fankult, Groupies. In Asien hat eSport einen ganz anderen Stellenwert", sagt David. Das Leuchten in seinen Augen verrät, dass er auch mal in diese andere Welt eintauchen will.