Die Lage wird immer brenzliger

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Weil er derzeit in einer Erziehungsanstalt in Bayreuth untergebracht ist, muss einer der sechs Angeklagten Fußfesseln tragen; im Hintergrund Oberstaatsanwalt Christopher Rosenbusch (links) und rechts Verteidigerin Jessica Gralher und Verteidiger Jan Hofer. Foto: Christoph Böger
Weil er derzeit in einer Erziehungsanstalt in Bayreuth untergebracht ist, muss einer der sechs Angeklagten Fußfesseln tragen; im Hintergrund Oberstaatsanwalt Christopher Rosenbusch (links) und rechts Verteidigerin Jessica Gralher und Verteidiger Jan Hofer.  Foto: Christoph Böger

Sachverständiger und Kriminalpolizei bringen mehr Licht ins Dunkel der folgenschweren Schlägerei am 1. Mai 2019.

Dank DNA-Spuren, detaillierter Aussagen, gerichtsmedizinischer Gutachten und Wahllichtbildvorlagen kam das Gericht am Mittwoch im Goldbergsee-Prozess bei der Wahrheitsfindung deutlich voran. Großen Anteil daran hatten am dritten Verhandlungstag im Sitzungssaal H vor der Großen Jugendstrafkammer am Landgericht der Sachverständige und drei weitere Polizisten, darunter der leitende Sachbearbeiter der Kriminalpolizei Coburg.

Auffallend war trotz der erdrückenden Beweislage gestern erneut, dass sich die Angeklagten wenig kooperativ präsentierten. Bei Nachfragen des Vorsitzenden Richters Christoph Gillot verweigerten sie entweder die Antwort oder wichen desinteressiert aus. Von Reue keine Spur. Eher das Gegenteil: Während einer Unterbrechung scherzten sie im Gerichtssaal sogar über die Fußfesseln, die einer von ihnen wegen der aktuellen Unterbringung in einer Erziehungsanstalt tragen muss. Die Kette wolle er sich später einmal vergolden lassen ...

Zusätzliche Vorwürfe der Richter

Dabei wird ihre Lage zunehmend brenzliger: Gillot ergänzte gestern nämlich in weiteren, umfangreichen richterlichen Hinweisen zusätzliche Vorwürfe gegen fünf der sechs Angeklagten. So wird nach Auswertung eines Chat-Verlaufes nun unter anderem auch einem zweiten Täter die Anstiftung zum Totschlag vorgeworfen.

Peter Betz, Gerichtsmediziner aus Erlangen, erklärte, dass das Opfer nach intensiven Untersuchungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zweimal an den Kopf getreten und auch ins Gesicht geschlagen wurde. Auf Nachfrage des Gerichts informierte der Professor, dass derartige Tritte wie im vorliegenden Fall auch zum Tod des Opfers hätten führen können.

An der Oberfläche und an den Sohlen von zwei verschiedenen schwarzen Turnschuhen fanden die Erlanger Mediziner DNA-Spuren des niedergeschlagenen Kontrahenten. Diese könnten eindeutig zugeordnet werden. Dass diese Spuren durch ein "zufälliges Streifen des Opfers" an den Schuh kamen, so wie es einer der Angeklagten am ersten Verhandlungstag (Tageblatt vom 15. September) vermutete, sei "eher unwahrscheinlich". Gewisse Zweifel äußerte der Gerichtsmediziner allerdings an den Folgeschäden, an denen der Geschädigte nach eigenen Worten vom Vortag auch heute noch leiden würde (Tageblatt vom 23. September).

Zweifel an den Spätfolgen

Nach rund eineinhalb Jahren seien seine körperlichen Schmerzen untypisch. Zu psychischen Problemen konnte und wollte sich Betz dagegen nicht äußern.

Bei den anschließenden Ausführungen der Polizisten, die nach der Tat die Beschuldigten verhörten, kristallisierte sich deutlich heraus, dass der Anfang des Jahres verstorbene siebte Täter, nämlich ein mit Akzent sprechender Rumäne oder Russe, auch das Opfer getreten haben muss. Auf den von der Kriminalpolizei am 17. Mai 2019, also erst gut zwei Wochen nach der Tat am Goldbergsee, eingezogenen Handys der sechs Angeklagten wurden wichtige Hinweise für die Justiz sichergestellt. Und das, obwohl viele relevante Nachrichten von der beschuldigten Gruppe unmittelbar vor, während und in den Tagen nach der Tat wahrscheinlich vorsorglich gelöscht wurden.

Urteile am nächsten Montag

Der Goldbergsee-Prozess soll am Montag, 28. September, ab 9 Uhr mit den Plädoyers der Verteidiger und mit der Urteilsverkündung abgeschlossen werden.