Die "HSC-Stimme" sagt Servus

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Stolzer Papa mit Tochter Marie (5). Foto: privat
Stolzer Papa mit Tochter Marie (5). Foto: privat
Thomas Apfel im Interview mit dem langjährigen HSC-Kapitän Ronny Göhl. Mit ihm bildete er zu seiner aktiven Zeit eine gefürchtete "Flügelzange" in der Bayernliga. Foto: CT-Archiv
Thomas Apfel im Interview mit dem langjährigen HSC-Kapitän Ronny Göhl. Mit ihm bildete er zu seiner aktiven Zeit eine gefürchtete "Flügelzange" in der Bayernliga.  Foto: CT-Archiv
 

Nach mehr als 14 Jahren am Mikro hört Thomas Apfel als Hallensprecher auf. Die Familie spielt eine Rolle, auch Wehmut macht sich breit - und er übt Kritik.

Wenn sich der HSC 2000 Coburg morgen in einer Woche mit dem Heimspiel gegen Minden von der großen deutschen Handball-Bühne vorerst verabschieden muss, geht auch ein Handball-Experte von Bord, der seit mehr als 14 Jahren den Klub hautnah begleitete. Er war nicht nur dabei, sondern stets mitten drin. Die Rede ist von Thomas Apfel - Hallensprecher in der HUK-Arena und zuletzt auch Pressesprecher des Erstligisten.
"Marie ist fünf Jahre alt und gar nicht so untalentiert mit dem Ball". Der stolze Papa will sich künftig mehr Zeit für sein Töchterchen nehmen. Das sei auch der Hauptgrund, weshalb der Insider das HSC-Mikro an den Nagel hängt. Im Gespräch mit dem Tageblatt macht der Fan von Borussia Mönchengladbach aber auch kein Hehl daraus, dass ihm einiges nicht gefiel, was zuletzt hinter den Kulissen bei den "Schwarz-Gelben" gelaufen ist.

Hallo Thomas, die Handballszene in Coburg verliert mit Dir einen absoluten Fachmann! Warum hörst Du als Hallensprecher beim HSC auf?

Thomas Apfel:
In erster Linie wegen meine Familie. Meine Frau Judith und meine Tochter Marie haben lange genug auf mich an den Wochenenden verzichten müssen. Bislang hat sich unser Familienleben am Handball orientiert. Erst war ich ja noch aktiver Handballer, dann Hallensprecher und auch Pressesprecher. Und jetzt ist es mal Zeit, dass ich einfach mal für meine Familie da bin. Und ich denke über 14 Jahre als Hallensprecher sind auch eine lange Zeit und es gilt Platz zu machen für junge Leute.
Außerdem gibt es ja den alten Spruch: "Man soll aufhören wenn es am schönsten ist" - und was soll denn noch mehr kommen als 1. Handball-Bundesliga. Aber ich werde auch in Zukunft versuchen, viele Spiele in der Halle zu verfolgen - dann mit meiner Tochter gemeinsam.

In so vielen Jahren hinterm Mikro gab es unvergessliche Momente. Da waren sicher ganz viele bewegende und emotionale dabei.
Ja, da gab es viele. Negativ mit Sicherheit für mich, weil es auch einer der emotionalsten war: Die Gedenkminute für Jürgen "Wallus" Walter. Mit ihm verbinde ich auch viele persönliche Momente. Und er ist auch eine der treibenden Kräfte des HSC 2000 Coburg gewesen - all die Jahre. Also ein sehr schmerzlicher und bitterer Moment.
Ansonsten ist mir trotz allem meine Anfangszeit als Hallensprecher besonders in Erinnerung. Mit Carsten Beßler und auch Stefan Steichele haben wir ein paar wilde Sachen in der Angerhalle veranstaltet (Einspieler, Aufforderungen etc.). Da würde es heute, glaube ich, Ärger mit der Spielaufsicht geben. Der Spielraum der Kreativität eines Hallensprechers wird mit den vielen Reglementierungen sowieso sehr eingeschränkt.

Und Dein bitterster Moment?
Der Abstieg damals aus der 2. Liga. Das war bitter. Und das letzte Mal Hallensprecher am kommenden Samstag, das wird denke ich auch sehr bitter und emotional werden.

Hätte der HSC den Abstieg in dieser Saison abwenden können?
Das wäre einem Lottogewinn gleich gekommen. Ich finde die Mannschaft und auch der Trainer haben das Beste aus der Situation gemacht. Wie sie all die Verletzungen und ständigen Nackenschläge verkraftet hat, ist à la bonne heure. Am Ende fehlt halt im Vergleich zu anderen Mannschaft aber auch ein Stück Qualität. Das muss man einfach nüchtern zur Kenntnis nehmen.
Und auch die finanziellen Handschellen waren nicht so einfach zu lösen. Aber ich denke schon, dass es dem Coburger Handball gelingen kann, auch schnell wieder zurückzukehren.

Trainer Jan Gorr ist längst zu einem guten Freund geworden. Warum ist er für den Coburger Handball so wichtig?
Wir sehen uns ab und zu und reden dann auch ganz gerne über Handball, aber eben nicht nur. Jan ist ein Trainer, der seinen Beruf mit jeder Faser seines Lebens arbeitet. Er ist ein positiv "Handball-Verrrückter". Und genau so jemand hat in Coburg gefehlt. Ich kann nur jedem empfehlen, sich mal mit ihm über den Handball und die verschiedenen Sichtweisen auszutauschen.
Ich hab noch nie jemand kennengelernt mit dem man sich so ins Detail unterhalten kann und der immer wieder auch seine Entscheidungen erklären kann. Und es kann da durchaus auch mal zwei Meinungen geben. Also wer was wissen will - einfach mal ansprechen.

Auch Du hälst mit Deiner Meinung - egal ob am Mikro oder in sozialen Netzwerken - nicht hinterm Berg. Was gefällt Dir an der Entwicklung des HSC nicht?
So ein Verein ist ein Wirtschaftsunternehmen, viele persönliche Sachen bleiben da manchmal auf der Strecke. Das ist ganz normal. Das typische Vereinsleben - so wie ich es von früher kenne aus Zeiten beim TV Neuses - gibt es eigentlich auch nicht. Und es gab, gibt und wird es immer geben, leider Menschen die sich mit dem HSC profilieren wollen. Namen nenn ich da keine.
Das ist leider auch eine Randerscheinung, die aber vom internen Gleichgewicht ausgehalten wird. So lange es solche Leute wie Stefan Apfel, Michael Häfner oder Jens Pussert gibt, werden solche Profiteure keine Chance haben. Und auch ein Florian Dotterweich als Geschäftsführer entwickelt sich. Da war ich am Anfang echt skeptisch, aber der wird seinen Weg gehen. Irgendwann sollte aber der HSC die Rolle eines möglichen sportlichen Leiters auch wieder überdenken.

Was hast Du Dir für Dein letztes Heimspiel überlegt, wie wirst Du Dich von den Fans verabschieden?
Die Fans des HSC sind das größte und wichtigste Gut dieses Vereins. Was da manche auf sich nehmen, ist wirklich unglaublich. Ich werde mir hoffentlich noch was Passendes einfallen lassen, das wird bestimmt nicht einfach nächste Woche. Und in Zukunft bildet sich hoffentlich auch wieder so was wie die Westkurve (aus ihren Anfangsjahren), die haben durch viele tolle Aktionen und Choreos den Handball in Coburg bereichert, auch wenn es immer wieder mal Ausrutscher gab. Das Spiel mit den Fans und der enge Kontakt mit den Coburger Handballfans werden mir schon fehlen.
Das Gespräch
führte Christoph Böger