"Deutschlandtag" der AfD in Sonnefeld

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Der Coburger Martin Böhm, der bei der Bundestagswahl als Direktkandidat im Wahlkreis Coburg/Kronach antritt, redete beim "Deutschlandtag" der AfD im Sonnefelder Gemeindeteil Bieberbach. Foto: Rainer Lutz
Der Coburger Martin Böhm, der bei der Bundestagswahl als Direktkandidat im Wahlkreis Coburg/Kronach antritt, redete beim "Deutschlandtag" der AfD im Sonnefelder Gemeindeteil Bieberbach. Foto: Rainer Lutz
Zeitzeuge Peter Conrad Foto: Rainer Lutz
Zeitzeuge Peter Conrad Foto: Rainer Lutz
 
Bayerns AfD-Landesvorsitzender Peter Bystron Foto: Rainer Lutz
Bayerns AfD-Landesvorsitzender Peter Bystron Foto: Rainer Lutz
 
David Bendels moderierte den "Deutschlandtag" Foto: Rainer Lutz
David Bendels moderierte den "Deutschlandtag" Foto: Rainer Lutz
 

Den 17. Juni nahm die nationalkonservative Partei zum Anlass für eine Veranstaltung im Landkreis Coburg. Eine kleine Gegendemonstration verlief friedlich.

Rechts von der Union dürfe es keine demokratisch legitimierte Partei geben, sagte einst CSU-Chef Franz-Josef Strauß. Heute sehen viele konservative Wähler offenbar rechts von der Union eine politische Lücke. In diese Lücke möchte die AfD stoßen, wie die Redner bei einer Gedenkveranstaltung der Partei für den Volksaufstand des 17. Juni 1953 in der DDR am Samstag in Bieberbach deutlich machten.

Beispielhaft für dieses Denken mag der Moderator dieses "Deutschlandtages" stehen. David Bendels sagt über sich selbst: "Ich war überzeugtes CSU-Mitglied." Der Lichtenfelser stand für den rechten Flügel der Unionsparteri und war Sprecher des "Konservativen Aufbruchs" einer Basisbewegung der CSU. Als solcher habe er versucht, "den linkspolitischen Abwärtskurs der CSU zu stoppen." Inzwischen ist er aus der CSU ausgetreten und überzeugt, dass die AfD "die neue Heimat der konservativ bürgerlichen Menschen werden kann." Viele, der rund 150 Besucher im Saal, applaudieren nach diesem Satz. Und noch einmal, als Bendels sich bei den zahlreich in Bieberbach aufgefahrenen Polizisten bedankt, die die Veranstaltung vor der überschaubaren Teilnehmerschar einer Gegendemonstration beschützen.


Nicht vergessen

Warum die AfD den 17. Juni in Erinnerung rufen will, erklärte Martin Böhm. Der Bundestagskandidat für den Wahlkreis Coburg/Kronach nennt den neuen Nationalfeiertag, am 3. Oktober, einen "Tag der Freude über die Wiedervereinigung". Dem gegenüber solle aber der 17. Juni als Tag der Erinnerung im Gedächtnis behalten werden, wofür die Bürger der DDR 1953 auf die Straße gegangen seien. Gleichschaltung der Medien, Kontrolle des Buchhandels, Beschneidung der Bürgerrechte seien weitere Gründe gewesen, neben den oft genannten wie der Erhöhung der Arbeitsnormen. Werte, die auch heute verteidigt werden müssten.

Mit Peter Conrad berichtete ein Zeitzeuge, wie er den Volksaufstand als junger Mann in Halle an der Saale miterlebt hat, die blutige Niederschlagung und die Folgen für viele, denen das Regime eine Beteiligung an diesem "faschistischen Putschversuch" nachsagte.


Bekenntnis zum Grundgesetz

Kein Redner, der nicht betonte, dass die Partei fest auf dem Boden des Grundgesetzes und zu den demokratischen Grundwerten steht. So auch Martin Stichert als fränkischer Spitzenkandidat der AfD für die Bundestagswahl. Der Nürnberger stellt an den Anfang seiner Rede den Satz: "Wir stehen für Einigkeit und Recht und Freiheit" und erntet kräftigen Applaus. Er sieht eine breite Schicht hinter Forderungen der AfD, und nennt Umfragen, die gezeigt hätten, dass eine Mehrheit der Deutschen sich für Grenzkontrollen ausspricht und zwei Drittel der Befragten meinen, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Er verweist auf einen hohen Anteil an von Migranten verübten Straftaten, den die Polizeistatistik für 2016 ausweist, und der von der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung zu verantworten sei.

Die Kosten, die durch den Zustrom an Migranten entstehen, stellt Stichert fehlendem Geld in den Sozialkassen gegenüber und erntet erneut Beifall, diesmal für den Satz: "Es kann doch nicht sein, dass Einheimische schlechter gestellt werden als diejenigen, die neu ins Land kommen."

Der Umgang mit Flüchtlingen und die Frage, wer diesen Status überhaupt für sich in Anspruch nehmen kann, bewegt viele Redner. Der AfD-Landesvorsitzende Petr Bystron, sollte wissen, wovon er spricht. Er kam 1987 mit seinen Eltern aus der Tschechoslowakei nach Deutschland - und zwar als Flüchtling. "Wir haben damals nicht verstanden, warum wir ein Jahr in einem Flüchtlingscamp bleiben müssen und nicht arbeiten dürfen", sagt er. Bystron studierte später Ökonomie und internationale Beziehungen, ist heute als Unternehmensberater tätig und war bis 2013 Mitglied der FDP. Bei der Bundestagswahl 2013 trat er bereits für die AfD an. Seit 2015 ist er bayerischer Landesvorsitzender.


Applaus für Bystron

Als Publizist, der für Medien von "Junge Freiheit" und "Huffington Post" bis "Schweizer Weltwoche" sowie österreichische und tschechische Publikationen tätig ist, versteht Bystron, seine Zuhörer zu fesseln. Kopfnicken, wenn er sagt, dass mit dem Geld, das in Deutschland für Flüchtlinge ausgegeben wird, in ihrer Heimat mehr für sie getan werden könnte oder wenn er betont, dass die AfD für das klassische Familienbild und gegen Gendermainstream steht. In den Anhängern der Pegida-Bewegung sieht Bystron den "deutschen Mittelstand, der sich Sorgen um unser Land macht". Dass Teilnehmer solcher Demonstrationen mit beruflichen Nachteilen rechnen müssen, oder ihren Job verlieren, weil sie Mitglied in der AfD sind, lässt Bystron sagen: "Wir haben vielleicht noch formal eine Demokratie, aber Meinungsfreiheit haben wir schon lange nicht mehr." Er wird mit stehendem Applaus bedacht.

Wie groß die politische Lücke rechts von der Union ist, die die AfD füllen möchte, wird sich bei der Bundestagswahl im September zeigen. Ebenso, ob die Wähler dabei der CSU die "Watschn" verpassen, die der Unions-Rebell David Bendels ihr wünscht, der meint: "Franz-Josef Strauß würde heute aus meiner Sicht AfD wählen!"