Im Streit um den Abschnitt der Staatsstraße zwischen Coburg und Wiesenfeld wird das Verwaltungsgericht Bayreuth heute seine Auffassung bekannt geben. Ob damit der Rechtsstreit zu Ende geht, scheint fraglich.
Im Verfahren um mehrere Klagen gegen die neue Trasse für die Staatsstraße 2205 zwischen der Coburger Stadtgrenze und Wiesenfeld ist gestern keine Entscheidung gefallen. Nach insgesamt sechs Stunden mündlicher Verhandlung hat die Erste Kammer des Bayreuther Verwaltungsgerichts ihre Beschlüsse für den heutigen Mittwoch angekündigt.Dabei ist es allerdings alles andere als ausgeschlossen, dass die juristischen Meinungsverschiedenheiten noch lange nicht bereinigt sind.
Schon zu Beginn der Sitzung war für die Vorsitzende Richterin, Angelika Schöner, klar: "Das wird eine längere Angelegenheit." Diese Einschätzung bestätigte sich dann - alleine schon deshalb, weil Rechtsanwalt Hansjörg Hartmann als Vertreter einer der Klägerparteien auf die Verlesung des schriftlich vorliegenden Sachverhalts drängte.
Ein eher unübliches Verfahren mit der Folge: Eine fast anderthalbstündige Verlesung, bei der sich die beiden Richter, Gerhard Holzinger und Michael Lorenz, zur Schonung ihrer Stimme abwechseln mussten.
Der Platz im großen Sitzungssaal des Bayreuther Verwaltungsgerichtes reichte für die große Zahl der Beteiligten kaum aus. 14 Betroffene, Anwälte und Gutachter diskutierten mit dem Gericht über die Probleme durch Verlegung der Staatsstraße und die von den Klägern eingebrachten Alternativtrassen. Bei beiden gestern verhandelten Klagen drehte sich im Endeffekt alles um die Zukunft der landwirtschaftlichen Betriebe.
Reitstall sieht sich gefährdet
Einer davon ist ein Reitstall im Meederer Gemeindeteil Sulzdorf. Diesem droht, sollte die Straße auf der neu geplanten Trasse gebaut werden, die Enteignung von 1,6 Hektar landwirtschaftlicher Fläche.
Der Kläger verwies allerdings darauf, dass ihm bereits 1994 durch die Coburger Entwicklungsmaßnahme "Bertelsdorfer Höhe" und den Bau des Nordrings (Bundesstraße 4) über 15 Hektar Flächen verloren gingen - zwar nicht durch Enteignungen, aber durch "gütliche Einigungen", die erhebliche Einschränkungen mit sich gebracht hätten.
Zweiter Streitpunkt beim Reiterhof waren die Einschnitte in die Ausreit-Flächen, die den Pferdebesitzern zur Verfügung stehen. Richtung Süden kann von Sulzdorf aus sowieso nicht mehr geritten werden: Dort ist - und bleibt, wie der Kläger von der Unteren Naturschutzbehörde im Coburger Landratsamt erfahren haben will - das Reiten verboten. Richtung Norden müssten Reiter künftig auf einer 20 Meter langen Brücke die neue Staatsstraße überqueren.
Die Hofeigentümer befürchten, dadurch mit ihrem Reitstall massiv an Attraktivität zu verlieren, was vom Gericht allerdings nicht ganz so wahrgenommen wurde. Die Brücke scheine "nicht das Problem für die Pferde, sondern für die Menschen" zu sein, mutmaßte die Richterin.
Emotionaler ging es zu, als es um die Zukunft eines landwirtschaftlichen Betriebes im Coburger Stadtteil Glend ging. Lange wurde über Eigentums-, Pacht- und Ersatzflächen diskutiert. Eine Tendenz, ob das Gericht - wie die Klägerfamilie - die Existenz des Bauernhofes wirklich als gefährdet ansieht und damit vielleicht den Planfeststellungsbeschluss kippt, ließ sich dabei aber nicht erkennen. Eine leise Kritik an den Planungen für die Lauterüberleitung durch das Hofer Wasserwirtschaftsamt ließ sich Angelika Schöner dabei aber nicht nehmen.
Nach Einsicht der Pläne und einer Vor-Ort-Besichtigung durch das Gericht Mitte Oktober habe sie schon den Eindruck gewonnen, dass eine leichte Verschiebung der Lauterüberleitung Richtung Norden die Existenz des Glender Betriebes hätte langfristig sichern können, sagte die Vorsitzende Richterin.
Kritik am Bauernverband
Hart ging der Kläger die Führungsspitze des Kreisverbandes Coburg im Bayerischen Bauernverband in Person von Gerhard Ehrlich (Kreisobmann) und Hans Rebelein (Geschäftsführer) an. Beide seien ihm bei Gesprächen über eine alternative Trassenführung bei der Regierung von Oberfranken "in den Rücken gefallen", klagte der Landwirt. Sollte die Staatsstraße 2205 so wie jetzt planfestgestellt gebaut werden, sei sein Betrieb definitiv nicht mehr überlebensfähig, sagte der Kläger.
Die Vertreter der Regierung von Oberfranken sahen dies, unterstützt durch einen Gutachter, anders. Angesichts dieser Meinungsverschiedenheit beantragte der Rechtsanwalt der Glender Familie, Thomas Schönfeld, durch das Gericht ein externes Gutachten über die Zukunftschancen des Hofes erstellen zu lassen.
Was vor dem Verwaltungsgericht gestern auch deutlich wurde: Es gibt gewaltigen Ärger, weil im 2013 veröffentlichen Planfeststellungsbeschluss jede Menge Betriebsgeheimnisse und betriebswirtschaftliche Zahlen des Landwirts aus Glend veröffentlicht wurden. "Was da gelaufen ist, ist unter aller Kanone", schimpfte der Kläger, der deshalb vor Gericht gezogen ist. Wie Marianne Witton (Regierung von Oberfranken) bestätigte, sind die personifizierten Daten inzwischen im Internet geschwärzt. Sie seien allerdings zur Nachvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses dringend notwendig gewesen. Dies habe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof so bestätigt.