Einst brachten deutsche Missionare zum Wort Gottes Bildung und Fürsorge nach Tansania. Heute versuchen Partnerschaften dort Not zu lindern.
"Karibu sana!": Überall, wo die siebenköpfige Reisegruppe aus den Kirchengemeinden Burgkunstadt, Heilgersdorf, Tambach und Zapfendorf im Partnerdekanat des Eastern Districts hinkam, wurde sie mit offenen Armen empfangen. Am Flughafen erwartete sie eine große Delegation mit Blumenketten, im Gästehaus in Kingori dann als Zeichen der Verbundenheit eine Riesentorte in Form einer Bibel, verziert mit den Fahnen Tansanias und Deutschlands. "Ich gehe davon aus, dass der Besuch unsere Partnerschaft auf verschiedene Weise stärken wird", begrüßte der frischgebackene Distriktpastor Anathe Pallangyo die Besucher Ende Januar.
"Berg und Tal kommen nicht zusammen, aber Menschen", heißt es in einem afrikanischen Sprichwort. Es sind die vielen Begegnungen, gemeinsame Projekte und der geteilte Glaube, die in den kommenden 14 Tagen die Partner bewegen. Das Spektrum der besuchten Orte und Personen reicht vom Bischof Elias Kitoi Nassari in Usa River bis zum 97-jährigen Gemeindemitglied Elisabeth in Kingori, vom imposanten Kirchenneubau zur kleinen Predigtstation im Hochland, von gut ausgestatteten Privat- zu ärmlichen Staatsschulen, vom Vorzeige-Krankenhaus zum einfachsten Dorfspital.
Natural-Kollekte
Das "Habari gani?" ("Wie geht's?") der Einheimischen gilt vor allem Veronika Flierl. Seit 1984 bereits ist die Burgkunstadterin mit dem "Tansania-Virus" infiziert, dieses ist ihr 16. Besuch. "Mama Veronika", wie sie von allen liebevoll genannt wird, liegen die Menschen und ihre Probleme spürbar am Herzen. Doch auch für die Vorsitzende des Partnerschaftskomitees geraten die Gottesdienste zum Härtetest: In Anwesenheit des Bischofs wird am ersten Sonntag in Kilinga ein über vierstündiger Service zelebriert, die Hälfte entfällt auf eine Fundraising-Aktion zugunsten des Chores. Danach versteigert die Gemeinde vor der Kirche noch die Natural-Kollekte: Bananen, Bohnen, Honig, Milch, aber auch Hühner und ein Kalb wechseln die Besitzer. Der Erlös wird den Spendern gutgeschrieben, über jede Kollekte der Gemeindemitglieder wird genau Buch geführt. Zu Ehren des Bischofs und des Hauptspenders servieren die Gastgeber den Besuchern nach dem anschließenden Mittagessen noch zwei "African cakes": gegrillte Ziegen, in kaubare Stücke geschnitten.
Unvollendete Grundschule
Eines der drängendsten Anliegen des Distrikts ist die Liberty Primary School. Im Rohbau steht das neue Schulgebäude zwar, mit finanzieller Hilfe aus Michelau konnte das Dach gedeckt werden (6000 Euro). Doch verlangt die Regierung vor Eröffnung die Fertigstellung und Einrichtung von acht Klassenzimmern, drei Büroräumen, Bibliothek und Toiletten. In den meisten Klassenräumen fehlen noch Fenster, Putz und Estrich. Die Kosten dafür beziffert der Distrikt Pastor auf knapp 20.000 Euro (ohne Einrichtung). Ungewöhnlich für die deutschen Besucher: Gebaut wird eine Schule nicht nach Ermittlung des Bedarfs, sondern nach den finanziellen Möglichkeiten der Gemeinde(mitglieder). Angesichts derer müssten die Schüler noch jahrelang auf die Eröffnung der Schule warten, weshalb die Besucher überlegen, wie sie zur Fertigstellung bis zum nächsten Schuljahr Anfang 2020 beitragen können. An Schülern werde es nicht mangeln, heißt es von den tansanischen Partnern. Denn in den privaten Grundschulen werden - anders als in den staatlichen - alle Fächer auf Englisch statt auf Kisuaheli unterrichtet. "So fällt den Schülern, die ab Klasse 8 die weiterführenden Schulen besuchen werden, der Übergang leichter", erläutert die pensionierte Lehrerin Cecilia Nassari. Auch wegen des schlechten Rufs der kostenlosen staatlichen Bildung schicken die Eltern ihre Kinder lieber in private Schulen. Trotz aller Entbehrungen, die das aufzubringende Schulgeld für sie bedeutet.
Nur selber tun heißt verstehen
Für derzeit sechs Mädchen in den teuren Secondary Schools übernimmt das Dekanat Michelau die Gebühren (zwischen 360 und 560 Euro jährlich), weil ihre Eltern bettelarm oder verstorben sind und sie das Schulgeld ohne Hilfe nicht aufbringen könnten. Fünf von ihnen lernten die Besucher kennen: Holiness und Angel wurden wegen ihrer Grundschul-Leistungen von ihren Lehrern empfohlen und möchten später Ärztinnen werden. Seit 2006 trägt das Partnerschaftskomitee so zur Mädchenbildung bei. Der Anteil der Schülerinnen ist in allen besuchten Schulen hoch. "Die Mädchen sind belastbarer", gibt Schulleiter James Somi von der Ngarenanyuki Secondary School unumwunden zu. Mbise Anandumi (Kikatiti Secondary School) hebt die gesellschaftliche Bedeutung der Schülerinnen hervor, immerhin würden sie die nächste Generation erziehen. Somis Schule geht vorbildliche Wege, mit Nutzung von Solar-, Wasser- und Windkraft, Trinkwasseraufbereitung und dem "Klassenzimmer für verantwortungsvolles Erwachsensein", in dem Landwirtschaft, Vieh- und Fischzucht gelehrt werden. Die Schule seines Kollegen verfügt offensichtlich über weniger Mittel. Acht Mädchen teilen sich ein Zimmer. Wasserholen vom Dorf und Feldarbeit gehören fest zum Alltag der über 600 Schüler.
Bildung wird als Schlüssel für ein besseres Leben erkannt und setzt schon bei den Kleinsten an. In Moshi bildet die Schwesternschaft "Usharika wa Neema" (Gemeinschaft der Gnade), deren Mutterhaus in Augsburg liegt, seit 1992 Erzieher in der Montessori-Pädagogik aus. Rund 750 Euro kosten Schule, Internat und Materialien für zwei Jahre. Die Absolventen dürfen das von ihnen hergestellte Material für ihren späteren Unterricht mitnehmen. Leiterin Schwester Christina führt die Besucher über das weitläufige Gelände mit Obst- und Gemüsegärten, Viehställen, Brunnen, Biogasanlage, Hostienbäckerei und Gästehaus. In der kleinen Kapelle der Diakonissinnen sagt sie einen Satz, der in Erinnerung bleiben wird: "Unsere Kirche ist zwar klein, aber sie ist voller Liebe."
"Baustelle" Dorfspital
Auf Liebe und Zuwendungen ihrer Gemeindemitglieder ist auch der Eastern District angewiesen. Weder bei der Liberty School noch bei seiner größten "Baustelle", dem Leguriki Dispensary, kann er auf Hilfe der Regierung hoffen. Von staatlicher Seite kommen lediglich die Vorgaben. So soll das bisherige Dorfspital in der entlegenen Gegend mit großem Einzugsgebiet (rund 50.000 Menschen) jetzt zum "Health Center" aufgewertet werden. Das Zertifikat liegt schon bereit. Ende März geht die Verantwortung dafür vom Nkoaranga Krankenhaus auf den Eastern Distrikt über. Dies wird der Entwicklung einen Auftrieb geben, zeigt sich Dekan Anathe überzeugt: "Die Menschen werden sich für die eigene Einrichtung mehr einsetzen." Er übernimmt eine große Herausforderung: Der Krankenstation fehlen die Patienten, weil kein Doktor vor Ort Dienst tut, nur vier engagierte Krankenschwestern und eine Laborantin. Aufgrund des Zustands der Gebäude und der unzulänglichen Infrastruktur ist es schwer, Personal für den Außenposten zu gewinnen. Zwar sind ein Verwaltungsgebäude mit Arztzimmer und Apotheke, Labor und Geburtsstation vorhanden. Der gegenüberliegende Trakt für ambulante und stationäre Patienten bedarf aber baulicher Veränderungen, zumal Termiten die Dachkonstruktion bedrohen.