Das Ringen ums "Grüne Band" im Coburger Land geht weiter

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Leidenschaftliche Diskussionen mit den Landwirten, die am Montag vor dem Landratsamt gegen das "Grüne Band" demonstrierten, lieferte sich Landrat Michael Busch (rechts). Fotos: Berthold Köhler
Leidenschaftliche Diskussionen mit den Landwirten, die am Montag vor dem Landratsamt gegen das "Grüne Band" demonstrierten, lieferte sich Landrat Michael Busch (rechts). Fotos: Berthold Köhler
 
 
 
 
 

Eine Krisensitzung im Landratsamt brachte neue Erkenntnisse und Zeit für weitere Verhandlungen. Vor den praktischen Arbeiten der "Phase II" sollen erst alle Fragen geklärt werden.

In die verfahrene Situation im Ringen um das Naturschutz-Großprojekt "Grünes Band" ist erstmals seit langer Zeit wieder Bewegung gekommen. Bei einer Besprechung mit Gertrud Sahler (Abteilungsleiterin im Bundesumweltministerium) wurde am Montagabend ein neuer Zeitplan für die Umsetzung des bei der Landwirtschaft höchst umstrittenen Projektes vorgestellt.

Ziel ist es nun, die "Phase II" mit praktischen Arbeiten erst dann in Angriff zu nehmen, wenn alle Fragen geklärt sind. "Bevor die Betroffenen nicht wissen, was auf sie zukommt, müssen sie gar nichts entscheiden", stellte Sahler klar. Das heißt: Bei der Kreistagssitzung am kommenden Donnerstag ist kein Beschluss über den Fortgang des "Grünen Bandes" notwendig.

Zweieinhalb Stunden wurde im Landratsamt gestritten, bis die Gegner und Befürworter zwar nicht einig, aber zumindest versöhnlich auseinander gingen.
Fest steht nun, dass die Landwirte in den Landkreisen Coburg, Kronach, Hildburghausen und Sonneberg sich nicht mehr vor dem Verlust großer Flächen fürchten müssen. 3306 Hektar in der Region kommen nach dem aktuellen Stand für konkrete Naturschutzprojekte in Frage, rund die Hälfte davon - so sehen es die Kriterien von Naturschutzgroßprojekten vor - sollte später einmal einen "strengen" Schutzstatus bekommen. Frank Reißenweber vom Landratsamt rechnete allerdings vor, dass schon jetzt entlang des "Grünes Bandes" rund 2700 Hektar unter Schutz stehen, also weit mehr als rein rechnerisch nötig wäre.

Nichtsdestotrotz: Wenn beim "Grünen Band" neue Biotope und Schutzflächen angelegt werden, wird der eigens dafür eingerichtete Zweckverband Grundstücke brauchen. Wenn auch die konkreten Zahlen derzeit noch nicht vorliegen, so steht ein Flächenbedarf zwischen 500 und 600 Hektar im Raum.

Hans Rebelein, der Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbandes in Coburg, wehrte sich entschieden dagegen, dass in Frage kommende Grundstücke mit einer Laufzeit von 30 Jahren dafür gepachtet werden können. Dies sei unverantwortlich den Betroffenen gegenüber, schimpfte Rebelein: "Ich kann doch keine Verpflichtungen eingehen, die noch meine Kinder und Enkelkinder betreffen werden." Dem gegenüber stand allerdings die Aussage von Holger Galas (Bundesumweltministerium): Er versicherte, dass es sowieso Ziel sei, mit möglichst wenig Pachtflächen auszukommen. Der Kauf habe Vorrang. Abteilungsleiter Manfred Löbel (Regierung von Oberfranken) versuchte ebenfalls, die Befürchtung der Landwirte vor ("schleichenden") Enteignungen zu nehmen. Die Regierung, die letztlich für die Ausweisung neuer Schutzgebiete zuständig ist, stehe zu ihrer Zusage, dass es keine Schutzgebiete auf privatem Grund geben wird - "es sei denn, die Zusage des Eigentümers liegt vor". In Coburg, auch das ist ein Entgegenkommen der beteiligten staatlichen Stellen, geht diese Zusicherung sogar noch weiter: Hier werden in einem eigens eingerichteten Flächenankaufs-Gremium auch die Belange der Pächter oder Bewirtschafter berücksichtigt.

Auf Druck der Landwirtschaft gestrichen wurde der Begriff des "Projektgebietes". Dieses umfasste in ersten Plänen um die 30   000 Hektar und entwickelte sich zum Schreckensszenario für die Bauern der Region. Gertrud Sahler wollte die Aufregung um diesen Begriff nicht so recht verstehen: "Projektgebiet ist der Bereich, in den Geld bei der freiwilligen Umsetzung von Maßnahmen fließen kann." Aber wenn es den Gegnern so wichtig sei, diesen Begriff "sterben" zu lassen, dann Bitteschön...

Der Thüringer Landtagsabgeordnete Tilo Kummer (Die Linke, Hildburghausen) wollte mehr über die Folgekosten wissen, wenn die Investitionen von bis zu zehn Millionen Euro in neue Biotope nach rund zehn Jahren aufgebraucht sind. Bis zu einer Million Euro, spekulierte Kummer, könnten da auf die vier beteiligten Landkreise in Zukunft pro Jahr zukommen.

Stephan Beyer, der Geschäftsführer des Zweckverbandes "Grünes Band", gab allerdings auch hier Entwarnung: "Von einer Million Euro kann nicht die Rede sein - es wird deutlich weniger." Zudem gibt es die klare Zusage der Ministerien aus Bayern und Thüringen, dass in Zukunft die Folgemaßnahmen von Naturschutzgroßprojekten verstärkt bezuschusst werden.

Wie geht es weiter? Das Bundesumweltministerium erklärt sich damit einverstanden, dass der für das "Grüne Band" Zweckverband vorgesehen Zweckverband zum 30. Juni nicht aufgelöst wird. Das Gremium soll Zeit bekommen, um in Gesprächen und Verhandlungen mit Betroffenen einen genehmigungsreifen Antrag für die "Phase II" zu bekommen.

Wo wird geschützt? Die Neuausweisung von Schutzgebieten soll vorrangig auf staatlichen Flächen geschehen. "Favorit" sind hier die Staatswälder, auch wenn die Forstverwaltungen nur wenig begeistert scheinen. Stellvertretender Landrat Hendrik Dressel (Freie Wähler) befürwortete dieses Vorgehen ausdrücklich: "Das Projekt ist eine nationale Aufgabe. Also sollten wir in erster Linie auch auf staatliche Flächen zurück greifen."

Was ist mit Ausgleichsflächen? Künftig kann die Ausweisung von Ausgleichflächen für Infrastrukturmaßnahmen in der Region (Staatsstraße 2205, 380-kv-Trasse) über Grundstücke im "Grünen Band" gesteuert werden - diese Zusage liegt vor.

Und was halten Sie, liebe Leser, davon?






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