Das Blau ist weg, die Sorgen bleiben Grub erhalten

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Monika Feibel, Jürgen Wittmann, Thomas Feulner und Stefan Neumann stehen vor Beginn der Sanierung an einer Stelle, an der die Altlasten der Blaufabrik deutlich zu erkennen sind. Foto: CT-Archiv, Rainer Lutz
Monika Feibel, Jürgen Wittmann, Thomas Feulner und Stefan Neumann stehen vor Beginn der Sanierung an einer Stelle, an der die Altlasten der Blaufabrik deutlich zu erkennen sind. Foto: CT-Archiv, Rainer Lutz

Die Blaufabrik in Grub am Forst hinterließ hoch belasteten Boden. Millionen mussten aufgewendet werden, um zumindest einen Teil zu entsorgen.

"Es is dieses Blau, des lasst si mit gar nix vergleich'n", sang einst Peter Cornelius und meinte die Augen einer alten Liebe. Als unvergleichlich galt auch das Blau, das einst von der Firma Holtzapfel in Grub am Forst hergestellt wurde. Dem österreichischen Kaiser Franz Josef I. war es bei der Weltausstellung 1873 eine Medaille wert. Von alter Liebe kann bei diesem Blau heute keine Rede mehr sein. Seine Herstellung verseuchte den Boden rund um die Fabrik massiv.

Über die Dekontaminierung eines Teils des vergifteten Erdreichs legte die Gesellschaft für Altlastensanierung in Bayern (GAB) jetzt einen umfassenden Bericht vor.

Im August 2016 präsentierte Bürgermeister Jürgen Wittmann (GfG) die Pläne zur Sanierung der Öffentlichkeit. Dass Handeln geboten war, führte er anhand blau gefärbter Erde im Umfeld der früheren Produktionsstätten vor Augen. In Grub wurde von 1763 bis 1972 unter anderem Blaupigment hergestellt. Das "Berliner Blau", das dem österreichischen Kaiser so gefiel, entstand auf Cyanidbasis. Neben dem Blau wurden aber auch auch zeitweise Salmiak, Gelbkali, Gelbnatron sowie Mangan-Präparate erzeugt.

Umweltauflagen, wie wir sie heute erwarten würden, gab es praktisch während der gesamten Produktionszeit nicht. Im Bericht der GAB heißt es: "Abwässer aus dem Betrieb wurden langzeitig ungereinigt in die Vorflut abgeleitet." Erst 1956 wurde überhaupt eine betriebliche Kläranlage errichtet. Der dort anfallende Schlamm wurde allerdings auf benachbarten Schlammtrockenbeeten ausgebracht.


Lange Zeit für Untersuchungen

Nach 1972 gab es keine Produktion mehr. Was im Boden war, wurde nicht weiter untersucht. Erst ab 1993 begann eine systematische Altlastenuntersuchung mit wenig erfreulichen Ergebnissen. Auf breiter Fläche wurden massive Boden- und Grundwasserbelastungen vor allem durch Cyanide festgestellt. Das sind hochgiftige Salze und andere Verbindungen der Blausäure. "Diese Untersuchungen zogen sich über mehr als 20 Jahre hin", stellte Thomas Feulner vom Landratsamt Coburg bei der Erkundung der Flächen im Sommer 2016 fest. Am Ende war klar, es muss etwas getan werden. Doch wie weit sollte eine Sanierung gehen? Eine Frage, die die Grüber bewegte.


Abriss unverhältnismäßig

"Die Radikallösung ist es nicht geworden", kommentierte Jürgen Wittmann die Entscheidung, alle unversiegelten beziehungsweise nicht bebauten Flächen durch Bodenaustausch zu entgiften. Der Abriss aller Gebäude, um auch die Flächen darunter zu dekontaminieren, wurde als nicht verhältnismäßig angesehen.

Aus dem Bericht der GAB geht hervor, dass dann neun Teilbereiche mit einer Gesamtfläche von 4700 Quadratmetern für den Aushub vorgesehen wurden. Im September 2016 ging es los. Bewachsene Flächen wurden gerodet, der Bach neben der Sanierungsfläche auf 100 Metern verrohrt, um ihn vor Eintrag zu schützen. Wasser, dass sich in den Gruben sammelte, wurde wurde über eine eigens eingerichtete Anlage gereinigt und in den Füllbach abgeleitet. Die Sauberkeit dieses Wassers wurde regelmäßig überwacht, so der Bericht der GAB. Auch die Überwachung der Luft während der Arbeiten ergab keine Belastung mit Cyanidverbindungen.


Unbekannter Bottich

Bei den Arbeiten östlich der Fabrik wurde unter einer bis dahin versiegelten Fläche ein bislang unbekannter Bottich mit hoch belastetem blauen Schlamm gefunden. Im Bericht der GAB heißt es dazu: "Die leicht freisetzbaren Cyanide zeigten hier mit 660 Milligramm je Kilogramm den höchsten Wert."

Im Zuge der Sanierungsmaßnahmen wurden insgesamt knapp 20 000 Tonnen (rund 11 000 Kubikmeter) Erdaushub abgetragen und weggefahren. Je nach Belastung wurden die Fuhren zu unterschiedlichen Deponien gebracht. Nur 500 Tonnen konnten als Deponieklasse 0, also praktisch unbelastetes Erdreich entsorgt werden. Der Großteil konnte als sehr leicht oder leicht belastet gelagert werden. Aber einige Tausend Tonnen mussten eben auch auf Deponien für gefährliche Abfälle gebracht werden. Besonders in den Becken der ehemaligen Betriebskläranlage wurde stark belastetes breiiges Material vorgefunden.


Teurer als erwartet

Im Vorfeld waren die Kosten auf 1,62 Millionen Euro geschätzt worden. Weil die Belastungsverteilung aber ungünstiger ausfiel als erwartet, wurden Mehrkosten fällig. Der Anteil des Landkreises an den schließlich über zwei Millionen Euro teuren Sanierungsarbeiten wurde bei der Sitzung des Kreisausschusses im Dezember 2016 mit 173 000 Euro angegeben. Das entspricht zwei Euro je Landkreisbürger. Mit diesem Pauschalbetrag werden die Landkreise bei Sanierung von Altlasten belastet. Den Rest übernehmen die Gesellschaft für Altlastensanierung und der Freistaat Bayern. Eine Sanierung des Bodens unter der Bebauung, also ein Abriss der gesamten einstigen Blaufabrik, ist derzeit kein Thema. Eine Belastung des Bodens unter diesen Flächen kann allerdings auch nicht ausgeschlossen werden. Das unvergleichliche Blau wird also wohl noch Generationen von Grübern beschäftigen - eine Medaille vom Kaiser gibt es aber sicher nicht mehr dafür.