Nach der 41. Hilfsaktion plant die Tschernobyl Kinderhilfe den nächsten Erholungsaufenthalt für kleine Ukrainer.
Natalija ist die Schulleiterin von Fedorifka, einem Ort rund 100 Kilometer nordwestlich von Kiew in der Ukraine. Sie führt Gäste durch die Klassenräume, die eigentlich schon mehr Freunde als Gäste sind. Dieter Wolf, Vorsitzender des Vereins Tschernobyl-Kinderhilfe, ist mit Vereinskollegen zu Besuch. Natalija zeigt den Deutschen, was mit ihrer Hilfe in der Schule alles getan werden kann.
Es sind Ferien. Doch Lehrer und Erzieher (in der Schule gibt es auch einen Kindergarten) sind da. Wie immer in den Ferien renovieren sie die Schule. Die Helfer aus Deutschland finanzieren bei allen Projekten das Material - die Arbeit muss vor Ort auf die Beine gestellt werden. Und das gelingt. "Die Toiletten sind endlich fertig, im Kindergartenbereich sogar beheizbar. Auch die Küche befindet sich in einer Generalüberholung. Ein Raum, der bisher in keiner Weise hygienisch wirkte", schildert Dieter Wolf seine Eindrücke.
An Not nie gewöhnt
Trotz ihrer vielen Besuche in den vergangenen Jahren gewöhnen sich Dieter Wolf und seine Mitstreiter nicht an die Not und die Zustände, denen die Helfer aus Deutschland in vielen Familien begegnen. "Im Dorf gibt es einige sehr arme Familien, in denen sich die Kinder sehr selten satt essen können. Sie kommen mit leerem Magen in die Schule und würden noch hungriger wieder nach Hause gehen, wenn ihnen nicht einige Lehrer etwas zu Essen abgeben würden", schreibt Bettina Wirtz in ihrem Reisebericht zu dieser Fahrt. Und: "Wir suchen mit der Leiterin der Schule und des Kindergartens nach einer Lösung, diesen Kindern zu helfen, ohne im Dorf Neid und Unfrieden zu stiften."
Viermal im Jahr schicken die Neustadter einen Transport in die Region. Mit der Dorfratssekretärin besprechen sie die Verteilung der Hilfsgüter. Davon hat auch schon die Dorfärztin Tanya profitiert. Sie hat eine Massageliege bekommen. Die kann sie allerdings nur während der warmen Jahreszeit nutzen, weil der Raum nicht beheizbar ist. "Man muss sich auch über die kleinen Fortschritte freuen", sagt sie. Damit meint sie auch ihr neues Dienstfahrrad, das sie per Beschluss des Dorfrates bekommen hat, um schneller Hausbesuche machen zu können.
Schöne Stunden
Zu den schönen Ereignissen jeder Reise gehören für die Helfer die Begegnungen mit Kindern, die schon im Coburger Land zu Gast waren. Diesmal treffen sie sich mit den Familien zu einem Picknick. Die Eltern erzählen von der Rückkehr ihrer Kinder, von neuer Selbstsicherheit, größerer Offenheit gegenüber Erwachsenen und neuen Regeln, die sie mitgebracht haben und zu Hause einführen wollen mit den Worten "bei uns in Deutschland wird das so gemacht".
Doch auch bei diesen Treffen bekommen die Deutschen nicht nur gute Nachrichten. Sie hören von Todesfällen und Krankheiten in den Familien, deren Kinder schon in Deutschland waren oder im kommenden Jahr mit sollten, nun aber nicht dürfen. Sie erfahren immer wieder, dass viele Eltern nur noch im Wodka Trost suchen. Aber auch, wie manche mit mehreren Jobs und zeitweisen Arbeiten in Polen versuchen, sich und ihre Familie über die Runden zu bringen. Und sie begegnen immer wieder dem Krieg in der Ostukraine. So treffen sie diesmal einen jungen Mann, der auf Fronturlaub zu Hause ist und sich als eines der Kinder vorstellt, die vor zehn Jahren zur Erholung in Deutschland waren.
Bewegendes Schicksal
Die Neustadter wissen, dass sie nicht allen Kindern helfen können. Doch das Schicksal eines Geschwisterchens eines ihrer Gastkinder aus diesem Jahr berührt sie tief. Die sechsjährige Christina ist an Krebs erkrankt. Die Familie hat einen Kredit aufgenommen, in der Verwandtschaft gesammelt und auch aus dem Dorf Unterstützung erfahren. So konnte das Kind operiert werden und eine Chemotherapie bekommen. Jetzt wären noch weitere Behandlungen dringend nötig, aber die Familie kann das Geld nicht zusammenbringen. Der Verein versucht nun sein Möglichstes, um zu unterstützen. Vielleicht kann Christina dann in ein paar Jahren auch mit zur Erholung nach Deutschland kommen.