Die Fachstelle für pflegende Angehörige bringt Senioren und jüngere Leute unter einem Dach zusammen.
Es ist an sich gar nicht so eine neue Idee. Eher eine Rückkehr zu einem einst bewährten Generationenmodell, dieses Projekt "Zusammen leben", das vor kurzem hohe Anerkennung fand. Sozialministerin Emilia Müller (CSU) zeichnete innovative Projekte aus, die ein selbstbestimmtes Leben im Alter ermöglichen. Das Projekt "Zusammen Leben (ZL) - Neue Wohnform im Alter im Landkreis
Coburg" gewann den zweiten Platz in Oberfranken.
Kristin Herbst von der Fachstelle für pflegende Angehörige betreut das Projekt. Senioren und jüngere Leute profitieren dabei davon, dass sie eine Generationen übergreifende Gemeinschaft bilden. "Wir haben zurzeit mehrere Projekte, die auf unterschiedliche Weise gut funktionieren", berichtet Kristin Herbst.
Gut für beide Seiten
Einer der Teilnehmer an dem Model, der namentlich nicht genannt werden möchte, bestätigt: "Beide Seiten haben etwas davon, alles ist vertraglich genau geregelt. Dabei ist es wichtig, dass im Zweifelsfall immer die Fachstelle als Mediator zur Verfügung steht."
Für den 78-Jährigen und seine Frau bedeutet der Einstieg in das Projekt, dass sie auch im hohen Alter noch in ihrer gewohnten komfortablen Wohnsituation leben können. Ihr Anwesen verfügt über zwei Wohngebäude. In eines davon ist eine allein erziehende Mutter mit ihren drei Kindern eingezogen. Sie unterstützt die älteren Leute im Alltag. Dafür bekommt sie eine vergünstigte Miete und kann mit ihren Kindern in einer Umgebung leben, die sich wahrscheinlich sonst nicht hätte leisten können.
"Alle gegenseitigen Leistungen sind genau vertraglich festgelegt, und jeder führt Buch über die erbrachten Leistungen", betont der 78-Jährige, der findet, das Projekt müsste noch viel mehr beworben werden. "Es gibt doch eine Menge älterer Leute, die allein in einem großen Haus leben, weil die Kinder vielleicht beruflich weit weg gezogen sind", sagt er. Es ließe sich daher in vielen Fällen ein Weg finden, wie einerseits junge Leute in solchen Häusern günstige Wohnmöglichkeiten finden und dabei die älteren auf der andern Seite Unterstützung bei den alltäglichen Arbeiten erhalten. "Man lebt gemeinsam, und doch behält jeder auch seine Privatsphäre", lobt der Senior das Projekt. Dass noch jemand im Haus ist, verbessere auch das Sicherheitsgefühl der älteren Menschen. Die Coburger, sagt er, täten sich mit ihrer eher reservierten Mentalität mit dem Programm wohl etwas schwer. Daher könne ihnen gar nicht oft genug erklärt werden, wie gut "Zusammen leben" für alle Beteiligten sein kann.
Früher Normalfall
Früher war diese Lebenssituation der Normalfall. Oft lebten drei Generationen unter einem Dach. Die Senioren halfen im Haushalt, kümmerten sich bei Bedarf um die Kinder und wurden dafür teilweise von ihren Kindern mit versorgt, vor allem aber bei anstrengenden Tätigkeiten entlastet.
Ein gesellschaftliches Modell, das mit dem Projekt "Zusammen leben" auf neue Weise wieder belebt wird. Denn nun sind es nicht jüngere Familienangehörige, die mit den Senioren zusammen unter einem Dach leben, sondern Fremde - zumindest zu Beginn.