Der Coburger Oberbürgermeister Dominik Sauerteig (SPD) galt nie als Freund des jährlichen Convents. Doch bei einer Rede im Bierzelt fand er am Montag (20. Mai 2024) viele lobende Worte. Gleichzeitig wetterte er scharf gegen "Demonstrationstouristen".
Der 156. Pfingstkongress des Coburger Convents ist vorbei. Am Dienstag (21. Mai 2024) ging die fünftägige Massenveranstaltung mit dem traditionellen Marktfest am frühen Nachmittag zu Ende. Der Convent, bestehend aus vielen verschiedenen Studentenverbindungen, sorgt auch über die Grenzen der Stadt hinaus jedes Jahr wieder für Aufmerksamkeit - allerdings nicht der guten Art. Denn Kritikern gilt das Riesen-Event als Trinkgelage mit fragwürdigen Ritualen und einer Nähe zu rechtem Gedankengut.
In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu Problemen mit betrunkenen Convent-Teilnehmern. Insbesondere beim Fackelmarsch am Pfingstmontag (21. Mai 2024) gehört gleichzeitig längst auch Gegenprotest zur Tradition in Coburg. Und der bleibt nicht immer friedlich: Heuer meldete die Polizei unter anderem einen Buttersäure-Anschlag, Sticker mit mutmaßlichen Gewaltaufrufen, Beleidigungen und Sachbeschädigungen. Oberbürgermeister Dominik Sauerteig (SPD), eigentlich bekannt als CC-Skeptiker, holte am Montag zu einer Kampfansage gegen "Demonstrationstouristen" aus.
"Würde lieber Bier trinken": Oberbürgermeister wird in Convent-Bierzelt deutlich
Bei seiner Rede im Bierzelt am Anger in Coburg, in dem der Convent seinen Hauptversammlungsort während der Veranstaltung hat, sprach Sauerteig von einem "offenen und ehrlichen Austausch" mit den Verantwortlichen. Er appellierte erneut an den Verband, Veränderungen beim umstrittenen Fackelzug anzugehen. Angesichts "der ersten nationalsozialistischen Stadt Deutschlands" sei "das unkontrollierte Werfen von Fackeln auf den Coburger Marktplatz und die dadurch erzeugten Bilder mit einem Redner aus erhöhter Position nicht zeitgemäß".
Er bedankte sich im Anschluss dafür, dass "die Hebebühne später nicht höher als der Rathausbalkon fahren wird". Weil der Rathauschef dem Convent für seine Festrede den dortigen Balkon nicht mehr zur Verfügung stellt, nutzen die Teilnehmer eine Hebebühne. 2022 ließ der Verein die Bühne sogar höher als den Balkon fahren - ein eindeutiges Signal an die Stadt. Weitere Kritik am Convent übte Sauerteig heuer nicht - stattdessen fokussierte sich ein Großteil seiner Rede auf ein anderes Thema: den Gegenprotest.
Hier waren 2024 laut Polizei die Teilnehmerzahlen merklich angestiegen. Sauerteig würde "lieber zu diesem Kommers kommen, um Kommerslieder zu singen, etwas Bier zu trinken und ein kurzes, vielleicht auch teilweise konstruktiv-kritisches Grußwort für die Stadt Coburg zu halten, als unter Dauerbeobachtung und unsachlicher, zum Teil unverschämter Kritik von allen Seiten zu stehen", so sein Vorwurf. Er richte sich daher bewusst "auch an die Zuhörer außerhalb".
"Schlechtes Licht fällt auf Coburg": OB Sauerteig gibt Demonstranten Schuld an Negativ-Image
"Wenn Coburgerinnen und Coburger Kritik am Pfingsttreiben hier in Coburg äußern, dann ist das selbstverständlich zu begrüßen, schließlich betrifft es ihren eigenen Lebensraum und ihr eigenes Zuhause", sagte Sauerteig. Dies solle "friedlich, mit Anstand und Respekt und möglichst mit positiven Botschaften" geschehen, jedoch "nicht ausschließlich mit Destruktivität und Störungswahn", kritisierte der SPD-Politiker.
"Wer sich aber zurecht über angedachte Fahndungsaktionen gegenüber kritischen Journalisten aufregt, der sollte auch nicht mit ähnlicher Stilistik bei den eigenen Plakaten arbeiten oder in Bezug auf Demonstrationen verbreiten, diese vor allem durchzuführen, um andere Veranstaltungen zu stören", so Sauerteig weiter. Er sprach von "Demonstrationstouristen, die aus ganz Deutschland nach Coburg kommen, um Streit, Randale und Gewalt mitzubringen".
Vor dem Hintergrund, dass laut Presse eine der Demonstrationen gegen den Convent von den Coburger Jusos angemeldet war, irgendwann spannend …
Mein Fernsehtip:
Report Mainz "Braune Burschenschaften - Das rechtsextreme Netzwerk der AfD"
https://www.ardmediathek.de/video/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzIwNDk4OTQ/
Eignet sich auch für die Wiedergabe auf Großbildschirmen in 'Bierzelten'...
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Die negativen Aussagen über Demonstranten dieses SPD-Mitglieds sind eine intellektuelle Schande, angesichts der Geschichte dieser Partei. Vor einigen Tagen wurde in der ARD nochmals die Verstrickung von AFD und Burschenschaften in aller Deutlichkeit aufgezeigt. Wer aber Menschen verunglimpft, die ebenso wie diese kostümierten Spießgesellen, nach Coburg reisen, um ihre grundgesetzlich verbrieften Demonstrationsrechte auszuüben, sollte nicht das Amt eines Oberbürgermeisters ausüben. Die sonstigen kritischen Äußerungen des Herrn OB verlieren natürlich, angesichts der Vorliebe für das ruhige Biertrinken mit - auch jungen - Ewiggestrigen, empfindlich an Wahrheitsgehalt. Die Sehnsucht nach Gemütlichkeit in der oberfränkischen Provinz wird auch nach den kommenden Wahlen auch der SPD abhanden kommen.
Was für ein albernes Gewäsch, Herr Sauerwein. Zunächst einmal sind die überwältigende Mehrheit der Teilnehmer dieser alljährlichen Schande Coburgs bekanntlich selbst ausgewiesene "Touristen". Warum sollten da für die Gegenseite irgendwelche Beschränkungen gelten?
Es tut mir ja auch sehr leid, dass das schöne Coburg alljährlich von diesen nur äußerlich bunten Vögeln heimgesucht wird. Aber sich so einer traurigen Tradition wegen als oberster Volksdiener anzudienen ist ebenso unwürdig wie peinlich.
QUO VADIS SPD?